Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung: Der Kastenstand wird abgeschafft

Das Tauziehen um den Kastenstand ist beendet: Innerhalb von drei Jahren müssen Sauenhalter ein Umbaukonzept fürs Deckzentrum vorlegen oder die Betriebsaufgabe anmelden.

Sauenhalter haben endlich Klarheit, wie es in Sachen Kastenstand weitergeht. Das ist das positive Ergebnis des Bundesratsbeschluss, der am heutigen Freitag nach mehreren erfolglosen Anläufen gefasst wurde. Danach wird die Gruppenhaltung Standard im Sauenstall. Die Fixierung wird künftig auf fünf Tage rund um die Abferkelung begrenzt. Auf die Sauenhalter kommen dadurch Investitionen im Milliardenbereich zu. Die Verordnung muss zunächst noch von der EU ratifiziert werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Kompromissvorschlag der Länder

Den Knoten durchschlagen hat ein Kompromissvorschlag der Länder Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, der von der Mehrheit der Bundesratsmitglieder akzeptiert wurde. Für Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, beginnt damit eine neue Ära der Sauenhaltung, ein Meilenstein zur Verbesserung des Tierschutzes: „Es freut mich, dass unser Kompromissvorschlag für ein neues, offenes System der Sauenhaltung heute eine Mehrheit gefunden hat."

Die Verordnung setzt folgende Eckpunkte für die Sauenhaltung:

  • Der Kastenstand im Deckzentrum ist ein Auslaufmodell, das maximal noch acht Jahre genutzt werden darf. Danach ist Gruppenhaltung der Standard. Beim Abferkelstall beträgt die Übergangsfrist bis zu 17 Jahre.
  • Grundvoraussetzung für den weiteren Betrieb des vorhandenen Deckzentrums ist, dass keine baulichen Hindernisse das Ausstrecken der Beine in Seitenlage behindern.
  • Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung müssen Sauenhalter ein Betriebs- und Umbaukonzept vorlegen. Innerhalb von fünf Jahren muss ein Bauantrag eingereicht werden. Innerhalb von acht Jahren muss der Umbau abgeschlossen sein.
  • In der Zeit vom Absetzen bis zum Besamen ist eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 5 m² pro Sau vorgeschrieben. Das trifft auch Bio-Sauen, bei denen nach EU-Bio-Verordnung bislang 4,4 m² ausreichen. Es wird eine Mindestliegefläche von 1,3 m² gefordert. Zudem müssen die Sauen Rückzugsmöglichkeiten bekommen. Diese Forderung wird nicht durch Fressliegebuchten oder sonstige Fressplätze erfüllt.
  • Die Sau darf nur noch zum Zeitpunkt der Besamung fixiert werden. Danach ist sie unmittelbar in die Gruppenhaltung zu überführen.
  • Sauenhalter, die diesen Weg nicht mitgehen wollen, müssen innerhalb von drei Jahren die Aufgabe der Sauenhaltung erklären und diese innerhalb von fünf Jahren endgültig einstellen.
  • In der Abferkelbucht dürfen Sauen künftig maximal fünf Tage fixiert werden. Das erfordert die Umstellung auf Bewegungsbuchten oder Gruppenhaltung. Die Abferkelbuchten müssen mindestens 6,5 m² groß sein.
  • Das gilt spätestens 15 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung, für Härtefälle sind zwei Jahre Fristverlängerung möglich. Innerhalb von zwölf Jahren müssen der Sauenhalter ein Betriebs- und Umbaukonzept vorlegen und nachweisen, dass sie einen entsprechenden Bauantrag gestellt haben.

Hohe Investitionskosten

Hauptknackpunkt für die Sauenhalter sind neben den Investitionskosten die nötigen Bau- bzw. BimSch-Genehmigungen. Zwar ist eine Änderung im Baugesetzbuch vorgesehen. Ohne Änderungen beim Immissions- und Emissionsschutzrecht bleibt die geplante Änderung des Baugesetzbuches wirkungslos.

Das Landwirtschaftsministerium rechnet mit Umbaukosten von über 1 Mrd. € allein für den Abferkelbereich. Aus dem Corona-Konjunkturpaket sollen 300 Mio. € Fördermittel für den anvisierten Stallumbau reserviert werden - allerdings nur für Sauenhalter, die schneller umbauen als die Übergangsfristen fordern oder die mehr Tierwohl umsetzen, als die Verordnung vorschreibt.

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