Tierhaltungsanlagen: Privilegierung einschränken

Große gewerbliche Tierhaltungsanlagen sollen künftig von der Privilegierung im Außenbereich ausgenommen werden. Eine entsprechende Anpassung von § 35 Baugesetzbuch sieht der Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden“ vor, den das Bundeskabinett in der vergangenen Woche beschlossen hat. Davon betroffen sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVP-Gesetz durchgeführt werden muss.

Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums wird damit der Bau solcher Anlagen zwar nicht generell ausgeschlossen; allerdings müsse vor der Errichtung ein Bebauungsplan oder ein Vorhaben- und Erschließungsplan erstellt werden. „Wir tragen den vielfach geäußerten Wünschen der Kommunen Rechnung und sorgen dafür, dass die Gemeinden in Zukunft deutlich mehr Einfluss auf die Standortwahl jener Tierhaltungsbetriebe nehmen können, die in der Gesellschaft zu den meisten Konflikten geführt haben“, unterstrich Ressortchefin Ilse Aigner. Sie betonte zugleich, dass die Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsanlagen von der Neuregelung unberührt bleibe.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) übte deutliche Kritik. Würde die vorgesehene Regelung umgesetzt, wäre dies dem Verband zufolge ein erheblicher Eingriff in die Entwicklungsmöglichkeiten zahlreicher tierhaltender Betriebe. Grundsätzlich bemängelte der DBV die vorgesehene Verknüpfung des Baurechts mit dem Umweltrecht. So dürften künftig Ställe gemäß Regierungsentwurf selbst dann nicht mehr im Außenbereich gebaut werden, wenn ihre Umweltverträglichkeit in einer Prüfung bestätigt würde.

Umnutzung soll gelockert werden

Die Regelungen für die Umnutzung von landwirtschaftlichen Gebäuden im Außenbereich sollen gelockert werden. In begründeten Einzelfällen soll künftig im Zuge von Nutzungsänderungen unter bestimmten Voraussetzungen auch die Neuerrichtung von Gebäuden zulässig sein. Darüber hinaus zielt der Gesetzentwurf auf eine Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden ab. Künftig soll bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlicher oder als Wald genutzter Flächen begründet werden.

Bundesregierung will Kumulierungsgebot einschränken

Der Text des Gesetzesvorschlags ist weitgehend identisch mit dem Referentenentwurf des Bundesbauministeriums. Allerdings will die Bundesregierung im Rahmen der Feststellung, ob eine Anlage der UVP-Pflicht unterliegt, das Kumulierungsgebot einschränken. Bislang war davon auszugehen, dass im Rahmen der standortbezogenen Vorprüfung betriebsfremde Anlagen in der näheren Umgebung angerechnet werden können.

Nunmehr soll sichergestellt werden, dass lediglich solche Vorhaben bei der Beurteilung der UVP-Pflicht einer Anlage berücksichtigt werden, die auf demselben Betriebs- und Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind.

Der DBV sieht jedoch auch in der nunmehr gefundenen Formulierung ein Problem. Für die Tierhalter sei nicht kalkulierbar, dass sich die UVP-Grenzen nicht nur auf das konkrete Stallbauvorhaben beziehen, sondern benachbarte Ställe und Tierplätze mit einbezogen werden sollten.

Die UVP-Grenzen

Laut Baurecht ist dann von einer gewerblichen Tierhaltung auszugehen, wenn die Betriebsflächen nicht ausreichen, wenigstens theoretisch mehr als die Hälfte des für den Tierbestand benötigten Futters zu erzeugen. Grundsätzlich UVP-pflichtig sind Tierhaltungsanlagen, wenn sie bestimmte Bestandsgrenzen überschreiten. Die liegen für Mastschweine bei 3.000 Plätzen, für Sauen bei 900, für Ferkel bei 9.000, für Hennen und Puten bei 60.000 sowie für Junghennen und Mastgeflügel bei 85.000.

Allerdings können diese Grenzen auch deutlich unterschritten werden, wenn eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen ist. Dazu nennt das UVP-Gesetz eine Reihe von Kriterien, nach denen ein Gebiet eine besondere „ökologische Empfindlichkeit“ aufweisen kann. Die Tierplatzzahlen, bei denen es an solchen Standorten zu einer UVP-Pflicht kommen kann, liegen deutlich unter den allgemeinen Obergrenzen. So greift die UVP-Pflicht auf solchen Standorten bereits bei 1.500 Mastschweinen, 560 Sauen und 4.500 Ferkeln, ferner bei 600 Rindern, 500 Kälbern, 15.000 Hennen und Puten sowie 30.000 Junghennen/Masthähnchen. AgE/ri


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