Die Deutschen sind wechsellahm. Seit der Liberalisierung des Strommarktes vor rund 20 Jahren haben nur knapp 43 % der deutschen Haushaltskunden ihren Stromversorger gewechselt. Die Lieferanten wiederum machen sich eben jene Trägheit zunutze und erhöhen Jahr um Jahr die Preise. Dagegen hilft nur Preisvergleich und den Stromanbieter wechseln. Dienstleister wie die Betriebshilfsdienste, Maschinenringe und Verbände helfen dabei. Aber auch für Privatkunden gibt es diesen Service jetzt.
Service für Privatkunden
Wie träge deutsche Stromkunden sind, zeigt folgende Zahl: 40 % der Deutschen beziehen seit mehr als fünf Jahren ihren Strom vom gleichen Anbieter, obwohl der Wechsel ohne großes Risiko erfolgen kann. Gelingt ein Übergang nicht nahtlos, greift die Grundversorgung.
Privathaushalte und landwirtschaftliche Betriebe, die dennoch den Aufwand scheuen, selbst den Anbieter auszutauschen, können es sich nun einfach machen. Die Stiftung Warentest („Finanztest“ 4/19) hat neun Wechselagenturen untersucht und vier von ihnen als „sehr empfehlenswert“ eingestuft: Esave, Switchup, Wechselpilot und Wechselstrom.
Die noch jungen Unternehmen arbeiten als automatische Vertragsoptimierer. Sie prüfen regelmäßig vor Ablauf der Kündigungsfrist die Verträge und suchen alternative, kostengünstigere Tarife. Ihre Dienstleistung finanzieren sie über Provisionen, die entweder in Abhängigkeit der erzielten Ersparnis vom Kunden selbst oder vom neuen Stromanbieter zu zahlen sind. Ihr Service beschränkt sich nicht auf Privatkunden. Auch (landwirtschaftliche) Betriebe können die Agenturen beauftragen.
Der Wechsel zwischen den rund 124 Stromanbietern in NRW ermöglicht in nahezu jedem Fall Einsparungen. Dabei ist es unerheblich, ob die Umstellung selbst oder durch eine Agentur initiiert wird.
Gemeinsamer Stromeinkauf
In vielen Fällen beziehen landwirtschaftliche Betriebe ihren Strom über Bündler. Verbände, Maschinenringe und Interessengemeinschaften verhandeln die Tarife mit den Stromanbietern und geben die häufig fairen Konditionen an ihre Kunden weiter. Die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Landwirt und Stromanbieter. Für den Service des Bündelns entstehen oft zusätzliche Kosten, die sich in Genossenschaftsanteilen, Mitgliedsbeiträgen oder zu zahlenden Servicegebühren verstecken. Für die genaue Kalkulation müssen sie auf die eigentlichen Stromkosten aufgeschlagen werden.
Einen ersten Eindruck von den aktuellen Konditionen am Strommarkt bietet der kurze Preisabgleich in den gängigen Online-Portalen, wie Verivox oder Check 24. Sie geben ersten Aufschluss, ob Potenzial zur Kostenoptimierung besteht. Die Vergleichsrechner im Internet unterscheiden zwischen Privat- und Gewerbekunden. Ein jährlicher Stromverbrauch von mehr als 30.000 bzw. 50.000 kWh kann dazu berechtigen, Gewerbestrom zu beziehen. Häufig sind die Tarife identisch. Einziger Unterschied: Die Preise werden brutto bzw. netto ausgewiesen.
Entnimmt ein (landwirtschaftlicher) Betrieb mehr als 100.000 kWh Strom im Jahr, ist er zur registrierenden Leistungsmessung (RLM) verpflichtet. Das heißt, ein Zähler erfasst viertelstündlich die maximal bezogene Leistung (kW), auch Lastspitze genannt. Von ihr hängt der zu zahlende Strompreis ab. Die monatliche Abrechnung hat einen großen Vorteil: Der Kunde weiß detailliert um seine energieintensiven Zeiten und Maschinen. Stromfresser können leichter identifiziert und eliminiert werden.
RLM kann sich lohnen
Private, kleinere Stromabnehmer werden generell anhand des Standardlastprofils (SLP) bemessen. Das heißt, der Energieversorger verzichtet darauf, die maximale Leistung und deren zeitliche Verteilung zu erfassen. Entscheidend ist einzig und allein der Jahresstromverbrauch, gemessen in kWh. Im Einvernehmen mit dem Energieversorger können auch diese Betriebe in die RLM wechseln. Bei relativ konstantem undgut prognostizierbarem Stromverbrauch kann sich der Wechsel lohnen.
Vorsicht gilt jedoch bei der bestellten Strommenge. Sie darf nur in bestimmtem Umfang unter- bzw. überschritten werden. Andernfalls drohen empfindliche Preiserhöhungen.
Wechseln lohnt sich
Egal ob Privathaushalt oder stromintensiver Betrieb: Es lohnt sich, regelmäßig den Stromtarif zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Vorab gilt es zu klären, welche Kündigungsfrist für den bisherigen Vertrag gilt. Ein günstiger Zeitpunkt, den Versorger zu wechseln, ist, wenn eine Preisänderung angekündigt wird. Dann gilt ein Sonderkündigungsrecht, das den Vertrag zum Zeitpunkt des Inkrafttretens beendet. Tarifanpassungen müssen dem Kunden generell sechs Wochen vorher mitgeteilt werden.
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