Bio- vs. konventionelle Landwirtschaft

"Streitigkeiten eher auf Funktionärsebene"

Biobauern und konventionelle Landwirte teilen viele Probleme und Lösungen. Eine Reihe von Ansätzen wurde auf dem Perspektivforum des DBV auf der "Biofach" in Nürnberg diskutiert.

Nicht nur bei den Forschungs- und Entwicklungskosten und beim Zulassungsstau, sondern auch bei neuen Pflanzensorten, technischen Entwicklungen und Pflanzenschutzmitteln entwickeln der Biolandbau und die konventionelle Landwirtschaft wachsende Schnittmengen. Das hat ein Perspektivforum des Deutschen Bauernverbandes (DBV) gezeigt, das im Rahmen der Biofach in Nürnberg stattfand.

"Die Schützengräben verlassen"

Durch die ihm gesetzten Restriktionen sei der Ökolandbau auch heute schon in der Lage, dem konventionellen Zweig „Low-Risk-­Technologien“ anzubieten, erklärte der DBV-Ökoreferent Dr. Heinrich Graf von Bassewitz. Das Potential dieser Lösungen für beide Zweige werde durch die Digitalisierung und das erhoffte Plus an staatlicher Forschung noch deutlich wachsen. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd (BWV), Eberhard Hartelt, attestierte den Ökoerzeugern, in manchen Fragen „schon progressivere Antworten zu haben als der konventionelle Landbau“. Er riet beiden Seiten dazu, „Schützengräben zu verlassen und aufeinander zuzugehen“. Streitigkeiten spielten sich ohnehin hauptsächlich auf Funktionärsebene ab und seien in der Praxis kaum anzutreffen.

Die im Perspektivforum dargestellten Entwicklungsprojekte befassten sich mit dem Pflanzenbau, der Automatisierung der landwirtschaftlichen Praxis und der Forschung an ökologischen Pflanzenschutzmitteln. Letztere sei für den Mittelstand mittlerweile kaum noch zu finanzieren, berichtete Martin Lohmann von der Neudorff GmbH. Er forderte eine Entlastung diese Forschungszweigs durch ein geringeres Anforderungsprofil. Hoffnung auf finanzielle Unterstützung gehe von den großen Chemieunternehmen aus, die nun auch zunehmend in den biologischen Pflanzenschutz investierten.

Jäten mit dem Roboter

Dr. Monika Messmer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) wies darauf hin, dass bei der Zulassung von Ökosaatgut einer der Knackpunkte in der Optimierung der Prüfung auf genetische Homogenität liege. Die Prüfer müssten nun wieder stärker auf neue Populationssorten geeicht werden, die es außerhalb des Ökolandbaus kaum noch gebe.

Rainer Carstens von der Unternehmensgruppe Westhof Bio berichtete von der Arbeit an einem Jäteroboter, der auf seinem Betrieb getestet werde. Mit Blick auf seine Erfahrungen mit mehreren Automatisierungslösungen riet er anderen Landwirten dazu, den Schritt der Digitalisierung zu wagen. Ein Wegfall an Arbeitskräften sei dabei nicht zu befürchten, es verschöben sich lediglich die Aufgabenfelder.

Sortenzüchtung für Mischkulturen

Zunehmend schwankende Witterungsverhältnisse machen nach Einschätzung von FiBL-Wissenschaftlerin Messmer, die FiBL-Direktor Prof. Urs Niggli vertrat, die Forschung an robusten Sorten für beide Bewirtschaftungsformen attraktiv. Insbesondere bei den Vorzügen des Einsatzes von Mischkulturen sehe sie viele Überlappungen. Messmer stellte im Forum das Projekt „EU Remix“ vor, das noch bis 2021 läuft. Hier arbeite man an der Züchtung verschiedener Sorten auf Mischkultureignung. Beispielsweise lasse sich der Anbau von Gerste mit Erbsen kombinieren, oder aber Leguminosen mit Getreide. Bisher seien aber aufgrund der unterschiedlichen Blüh- und Erntezeitpunkte nur wenige solcher Kulturen verfügbar. Hier wolle das FiBL jetzt mit der Züchtung nachhelfen.

Vor allem in Verbindung mit den neuen Entwicklungen in den Bereichen der Sensor- und Robotertechnik arbeite man im Rahmen der Biozüchtung an gänzlich neuen Anbausystemen, so Messmer. Das führe zu einer „größeren Agrarbiodiversität auf der Landschafts- und Betriebsebene bis hin zu komplexeren Agroforstsystemen“.