Entschädigungsrichtlinie LandR 78 soll erneuert werden

Straßen NRW muss bald mehr zahlen

Flächenverluste durch den Straßenbau werden durch die Richtlinie LandR 78 entschädigt. Diese soll nun erneuert werden: In Zukunft müssen Maßnahmenträger wie Straßen NRW mehr an die Landwirte und Pächter zahlen.

Die Landwirte in den neuen und alten Bundesländern verlieren nach wie vor erhebliche Flächen durch Straßenbauten. Der Maßnahmeträger, etwa Straßen NRW, berechnet die Schäden der Grundeigentümer nach einer 40 Jahre alten Richtlinie, der LandR 78. Für den Träger ist die Richtlinie bindend. Darin ist ein Zins von 4 % festgelegt. Er wird bei der Ermittlung der Entschädigungen für Erwerbsverluste und Durchschneidungsschäden zugrunde gelegt.

Neue Richtlinie liegt vor

Seit Jahren kritisieren Fachleute den hohen Zinssatz. Denn seit der Finanzkrise 2008 notieren zum Beispiel die Umlaufrenditen der Bundeswertpapiere teils weit unter 1 %. Der Zins von 4 % benachteiligt die von Landverlusten betroffenen Eigentümer und Pächter, weil sich daraus zu niedrige Entschädigungen errechnen.

Jetzt will das Bundesfinanzministerium den Zins in der neuen Entschädigungsrichtlinie Landwirtschaft, LandR 2018, auf 2 % herabsetzen. Die Richtlinie liegt im Entwurf vor, sie soll bis Ende April im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Der Entwurf wurde mit allen zuständigen Bundesministerien und den Verbänden, etwa dem Bauernverband, abgestimmt.

Darauf wies Dieter Wilbat von der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BImA) auf der Jahrestagung der Sachverständigen am Dienstag der vergangenen Woche in Werl hin. Die BImA verwaltet über 300  000 Wohnungen und etwa 500  000 ha, die dem Bund gehören. In der Regel kaufen die jeweiligen Träger die Flächen selbst. Die BImA verwaltet die Immobilien des Bundes und ist bei öffentlichen Bauprojekten beratend tätig.

Bis zu 50 % mehr Geld

Ein vom Straßenbau betroffener Landwirt hat Anspruch, dass ihm die Erwerbsverluste, An- und Durchschneide- sowie Umwegeschäden entschädigt werden. Mit dem Geld soll ein „wirtschaftlich vernünftig handelnder Betriebsleiter und Unternehmer“ in die Lage versetzt werden, seinen Hof in der bisherigen Art und Weise weiter zu bewirtschaften. Wird der vom Gutachter berechnete Verlust in Zukunft mit 2 % verzinst, fällt die Entschädigung höher aus als mit 4 % Verzinsung.

In der LandR 2018 wird der Erwerbsverlust aller Flächen, auch der Pachtflächen, besser berücksichtigt. Die Dauer der Entschädigung wird von 20 auf 25 Jahre verlängert. Dabei wird der Erwerbsverlust beim Pächter oder dem selbst wirtschaftenden Eigentümer gleich behandelt. Das bedeutet auch: Beim Eigentümer wird der Erwerbsverlust für längstens 25 Jahre entschädigt. Und das stetig abnehmend. Der Pächter erhält die Entschädigung immer nur für die Restlaufzeit des Pachtvertrages.

Beide Faktoren, 2 % Verzinsung und 25 Jahre Laufzeit, führen laut Wilbat im Ergebnis dazu, dass etwa Straßen NRW im Schnitt 50 % höhere Entschädigungen an die Betroffenen zahlen muss.

Ersatzland beschaffen?

In der neuen Richtlinie ist auch der Erwerbsverlust von Pflugtauschflächen berücksichtigt. Erstmals sind die EU-Beihilfen bei Landentzug entschädigungsfähig. Allerdings gilt nach allgemeinem Recht weiter eine Schadenminderungspflicht, wenn der Landwirt Flächen durch den Straßenbau verliert. Zum Beispiel sind eingesparte Arbeits- und Maschinenkosten vom zu entschädigenden Deckungsbeitrag abzuziehen.

Die BImA geht davon aus, dass sich vom Straßenbau betroffene Landwirte regelmäßig Ersatzland beschaffen können. In den alten Ländern beträgt der Pachtflächenanteil der Betriebe fast 60 %, in den neuen Ländern über 70 %. Aufgrund des Strukturwandels sind zuletzt rund 146.000 ha pro Jahr bundesweit auf den Markt gekommen. Stellt der Bauträger Ersatzland zur Verfügung, erhält der Landwirt weniger Entschädigung. Doch das Ersatzland liegt oft weit entfernt vom Hof. Dann ergeben sich höhere Kosten durch längere Anfahrten. Auch diese sind zu ermitteln und zu entschädigen.

Änderungen bzw. Verbesserungen sieht die neue Richtlinie auch bei den Entschädigungen vor, die infolge von An- und Durchschneidungen auf den Flächen zu zahlen sind. Die Laufzeit aller Pachtverträge zum Bewertungsstichtag wird berücksichtigt.

Doch auch die neue LandR 2018 löst nicht alle Probleme der Betroffenen, darauf wurde in der Diskussion hingewiesen. Die neue Richtlinie gilt bundesweit. Im Osten finden Landwirte leichter Ersatzland als in NRW oder im westlichen Niedersachsen, hieß es. Zudem hält das Finanzamt nach Flächenverkäufen regelmäßig die Hand auf. Benachteiligt fühlen sich insbesondere Verpächter ohne Hofnachfolger. Sie haben kaum Möglichkeiten, den steuerlichen Veräußerungsgewinn zu reinvestieren.