Stickstoff-Grenzwert neu beurteilt

Bei zukünftigen Stallbauten müssen die Baubehörden in NRW die Stickstoffausträge aus einem Stall im Genehmigungsverfahren weniger streng beurteilen. Der Grund: Ein Urteil zum Steinkohlekraftwerk Lünen.

Mitte Mai hat das Bundesverwaltungsgericht zum Steinkohlekraftwerk Lünen („Trianel“) eine Entscheidung gefällt, die auch für zukünftige Genehmigungen von Stallbauten von großer Bedeutung ist. Die Bundesrichter haben die Grenzwerte festgelegt, aus denen die Gebiete abgeleitet werden müssen, die bei einem Bauvorhaben auf Stickstoffdepositionen (Austräge) untersucht werden müssen. Die strengen Grenzwerte haben bislang oft Stallbauten verhindert, die Landwirte etwa in Nähe eines FFH-Gebietes errichten wollten.

Strenger Grenzwert in NRW

Das „projektbezogene Abschneidekriterium“ liegt bundesweit bei 0,3 kg N/ha und Jahr. Doch 2014 hatte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in NRW einen verschärften Stickstoffdepositionswert von 0,1 kg/ha vorgeschlagen. Dies führte dazu, dass die Bauherrn in NRW erheblich größere Beurteilungsgebiete untersucht lassen mussten als dies im Rest des Bundesgebietes der Fall war. Jetzt hat das Bundesgericht klargestellt: „… dass für eine Modifizierung des naturschutzfachlich allgemein anerkannten projektbezogenen Abschneidekriteriums von 0,3 kg N/ha/a auch bei kumulativen Belastungen kein Anlass besteht“.

Das Düsseldorfer Umweltministerium (MKULNV) will jetzt unverzüglich einen Erlass heraus bringen, um klarzustellen, dass die Baubehörden in NRW zukünftig den weniger strengen Grenzwert anwenden. Dies sollte dazu führen, dass ins Stocken geratene Genehmigungsverfahren von den Kreisen und kreisfreien Städten jetzt weiter bearbeiten und entschieden werden.

WLV-Präsident Röring hatte das NRW-Umweltministerium wiederholt darauf hingewiesen, dass der zu eng gesetzte Schwellenwert geplante Stallbauten erheblich verzögert. „Wir sind froh, dass das Bundesgericht die unsichere Rechtslage beendet hat.“

Die Leipziger Richter haben das Lünener Verfahren ans Oberverwaltungsgericht NRW zurückverwiesen. Offensichtlich, so die Richter, seien hier nicht alle Belastungen von Stickstoffeinträgen in ein nahes FFH-Gebiet berücksichtigt worden. Es gebe einen Kupferrecyclingbetrieb. Er habe erst nach dem Antrag zum Bau des Kraftwerkes eine Genehmigung erhalten.

Das Gericht stellte auch noch Folgendes klar: Im Rahmen der Prüfung, ob ein Natura 2000-Gebiet einer schleichenden Verschlechterung durch Bagatelleinträge unterliegt, müsse man stets bis auf den Zeitpunkt der Unterschutzstellung alle kumulativ wirkenden Belastungen berücksichtigen.

Auch Nachbarschaft prüfen

Hier besteht weiter auch für die Bauherren von Tierhaltungsanlagen folgendes Problem: Die Nachbarschaft muss darauf abgeprüft werden, ob sie ihrerseits mit Stickstoffausträgen ein FFH-Gebiete belasten und wenn ja, in welchem Umfang. Dies kann ein Verfahren weiter aufwendig und teuer machen. Doch Landwirte, die in einem bereits laufenden Genehmigungsverfahren stecken, haben durch die Entscheidung der Leipziger Richter an Rechtssicherheit gewonnen (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2019, Az. 7 C 27.17).