Startups entstauben alte Branchen

Was haben die Landwirtschaft, die Versicherungsbranche und Schuhmacher gemeinsam? Sie tun sich schwer damit, sich modern und digital aufzustellen. Das jedenfalls wurde auf der diesjährigen StartupCon in Köln diagnostiziert. Start-ups könnten helfen.

"Was soll das eigentlich? Uns geht's doch gut!" Mit solchen Aussagen wurde Start-up Gründer Timo Marks schon oft konfrontiert. Nun ist er zwar weder Landwirt noch außergewöhnlich an der Landwirtschaft interessiert – jedoch könnten Agrar-Startups vielleicht noch etwas von ihm lernen. Sein Jungunternehmen "Die Schuhleister" will nämlich ein ähnlich alteingesessenes Metier entstauben: die Schuhmacher-Branche.

Schuhe kaufen ohne Schuhgröße

In Deutschland gebe es viele "eingeschlafene Industrien", die es sich in ihrer Art zu wirtschaften bequem gemacht haben, sagte Timo Marks während seines Workshops "Als Start-up eine alte Branche ändern" am vergangenen Mittwoch auf dem Gründerkongress StartupCon in Köln. Deshalb tue diesen Industrien der Blick von außen oftmals auch so gut. "Die jeweilige Industrie denkt immer, sie betreibe Raketenwissenschaft", so Timo Marks weiter. Dabei könnten junge Start-ups mit einer neuen Art zu denken alte Konventionen überprüfen.

"Der Fehler der Schuhmacher war zum Beispiel, überhaupt eine Schuhgröße einzuführen, die nur Länge und Breite eines Fußes messen kann," provozierte Marks. Die "Schuhleister", die sich auf bezahlbare maßgeschneiderte Schuhe spezialisiert haben, können hingegen mit neuer Sensorik und einem 3D-Drucker den Fuß als Ganzes vermessen, den Schuh online konfigurieren und die Schablone zu einem Schuhmacher übermitteln. Theoretisch wäre keine Schuhgröße mehr nötig.

Europa hat jede Innovationswelle verschlafen

Auch Unternehmer und Investor Frank Thelen warf auf der Hauptbühne vielen Branchen in Deutschland und Europa vor, Innovationen verschlafen zu haben. So ließ er etwa kein gutes Haar an der deutschen Automobilbranche oder auch am deutschen Schulsystem mit "Frontalunterricht". Er forderte, dass in Zukunft kein Schüler von der Schule abgeht, der nicht die Gründung eines Start-ups theoretisch durchgespielt habe. Bislang lege der Staat den Gründern sogar noch Steine in den Weg, so der Investor.

Food Start-up des Jahres gekürt

Auf der Messe in der Lanxess Arena, auf der rund 5000 Besucher und 500 Start-ups erwartet wurden, fand am frühen Abend die Preisverleihung zum Food Start-up des Jahres 2017 statt. Die Fachzeitschrift für den Lebensmitteleinzelhandel "Lebensmittelpraxis" verlieh den Titel in vier Kategorien, in denen es jeweils fünf Finalisten gab, aus denen eine Jury den Gewinner ermittelte.

Die die Gewinner der Kategorien:

  • Technology: Das Start-up Flowtify hilft lebensmittelverarbeitenden Betrieben nachvollziehbare Qualitäts- und Hygieneaudits durchzuführen. Obligatorische Eigenkontrollen können papierlos dokumentiert werden.
  • Service: NearBees gewinnt die Service-Kategorie. Dabei handelt es sich um eine Online-Plattform, die es lokalen Imkern erleichtert, ihren Honig zu vermarkten. So kann der Endkunde Honig von Bienen aus seiner Region kaufen.
  • Drinks: Bioenergetics bringt Heißgetränke auf den Markt, die Funktionalität und Genuss vereinen. Die Getränke basieren auf Bio-Kokosmilchpulver und sind mit Superfood-Komponenten angereichert.
  • Food: Swarm Protein entwickelt Sportnahrung mit qualitativ hochwertigem sowie nachhaltigem Protein aus Insekten. Das Ziel: Eine neuartige Proteinquelle auf dem westlichen Markt zu etablieren. ep

Den vollständigen Bericht vom Gründerkongress lesen Sie in der Wochenblatt-Ausgabe 42/2017.

Der Film gibt einige Einblicke in den Gründerkongress: