Umwelt und Landwirtschaft

Startschuss für den „Niedersächsischen Weg“

Landesregierung, Agrar- und Umweltverbände haben eine bundesweit einmalige Allianz geschmiedet. Gleichzeitig beginnt in Hannover heute das Volksbegehren „Artenvielfalt.Jetzt!“, Unterschriften zu sammeln.

Der „Niedersächsische Weg“, eine bundesweit einmalige Allianz für mehr Natur-, Arten- und Gewässerschutz, ist an den Start gegangen. In einem gemeinsamen Vertrag verpflichten sich die Landesregierung, das Landvolk, die Landwirtschaftskammer sowie Natur- und Umweltverbände zu großen Anstrengungen beim Schutz von Natur und Biodiversität sowie beim Umgang mit der Ressource Landschaft. Die Vereinbarung wurde auf dem Blühstreifen eines landwirtschaftlichen Betriebes in der Region Hannover unterzeichnet.

Das Volksbegehren beginnt

Ungeachtet der vollzogenen Einigung kündigten die Initiatoren des niedersächsischen Volksbegehrens „Artenvielfalt.Jetzt!“ an, mit dem Sammeln der Unterschriften zu beginnen. Das Volksbegehren wird von einem Bündnis aus mehr als 70 Organisationen getragen.

Gefordert werden mehr Vielfalt in der Landschaft, der Erhalt von Lebensräumen sowie Vorrang für den Natur- und Klimaschutz in den landeseigenen Wäldern. Neben der Einrichtung von Gewässerrandstreifen mit einer Breite von 5 m wollen die Initiatoren den Ökolandbau und nachhaltige Bewirtschaftungsmodelle voranbringen und den Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten verbieten.

Stimmen zum "Niedersächsischen Weg"

  • Ministerpräsident Stephan Weil sieht in dem Schulterschluss zwischen Landesregierung, Landwirtschaftskammer, Landvolk und Umweltverbänden „einen großen Fortschritt für den Umweltschutz in Niedersachsen“. Auf dieser Grundlage werde es jetzt darum gehen, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Vereinbarung umsetze. Dafür will Weil „erhebliche finanzielle Mittel“ zur Verfügung stellen; flankiert werde dies durch eine Erfolgskontrolle und ein Monitoring.
  • Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast unterstrich, dass die Bauern jetzt ein Teil der Lösung seien. Mit der Vereinbarung gelinge es erstmals, eine berechtigte Forderung der Gesellschaft einzulösen, die Kulturlandschaft zu erhalten.
  • Umweltminister Olaf Lies zeigte sich zuversichtlich, dass das Ergebnis der monatelangen Beratungen nun eine gute Grundlage für die Arbeit an Gesetzen und Rahmenbedingungen sei. „Die letzten Jahre waren häufig geprägt von Forderungen vor allem an die Landwirtschaft, aber es mangelte oft an konsequenten und langfristigen Lösungen, die eine breite Akzeptanz hatten“, so der Ressortchef. Sich gegenseitig als Partner zu betrachten, sei der richtige Weg.
  • Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke bekräftigte, dass sich die Landwirte aktiv einbringen und gestalten wollten. Mit diesem neuen Ansatz habe der Berufsstand zweifelsfrei den besseren Weg gewählt, um mehr Qualität im Natur- und Artenschutz mit der Landwirtschaft zu erreichen.
  • Aus Sicht von Kammerpräsident Gerhard Schwetje hat die Vereinbarung für die Agrarbetriebe „den großen Vorteil, dass sie dadurch genau wissen, was in den nächsten Jahren an Aufgaben, Veränderungen und Ausgleichszahlungen auf sie zukommt“. Das mache die Anpassung an eine noch mehr auf Artenvielfalt ausgerichtete Wirtschaftsweise besser planbar. Wichtig sei der Kammer außerdem, dass die Beteiligten für die Umsetzung der Vereinbarung eine enge Abstimmung sowie regelmäßige sach- und fachgerechte Bewertungen beschlossen hätten.
  • Auch der Niedersächsische LandFrauenverband Hannover begrüßte die gemeinschaftliche Initiative. Sie habe "Vorbildcharakter für den gesellschaftspolitischen Diskurs insgesamt“, zeigte sich die Verbandsvorsitzende Elisabeth Brunkhorst überzeugt.
  • Heiner Baumgarten, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Niedersachsen, nannte die Vereinbarung „einen Meilenstein für den Natur- und Artenschutz in Niedersachsen“. Enthalten seien nicht nur Verbesserungen im Naturschutz-, Wasser- und Waldgesetz des Landes, sondern auch zusätzliche jährliche Finanzmittel ab 2021 im hohen zweistelligen Millionenbereich für Maßnahmen im Naturschutz sowie neue Förderprogramme, die den Bewirtschaftern Anreize böten, freiwillig mehr für die Artenvielfalt zu leisten.
  • Nach den Worten des Landesvorsitzenden vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Niedersachsen, Dr. Holger Buschmann, kommt es nun darauf an, die einzelnen Punkte dieses Weges möglichst rasch in die Umsetzung zu bekommen.

Interesse an konstruktiven Lösungen

Die Initiatoren des Volksbegehrens Artenvielfalt in Niedersachsen – zu denen auch BUND und NABU gehören – werteten die Vereinbarung als „Schritt in die richtige Richtung“; dies reiche aber nicht, denn die Absichtserklärung ersetze kein Gesetz. „Wenn etwa auf Gewässerrandstreifen nicht gespritzt und nicht gedüngt werden soll und wenn Hecken und Feldgehölze erhalten bleiben sollen, braucht es dafür ein Gesetz, an das sich alle halten müssen“, so die Initiatoren. Notwendig seien klare gesetzliche Regelungen für mehr Artenschutz, denn reine Absichtserklärungen bewegten wenig. An die rot-schwarze Regierungskoalition ging der Appell zu klären, was sie eigentlich wolle.

Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Hermann Grupe, hob hervor, dass in der Landwirtschaft ein Interesse an konstruktiven Lösungen bestehe, die eine Nutzung der Natur und deren Schutz zusammenbringen. Jetzt kommt es darauf an, dass alle Beteiligten sich an die Vereinbarung hielten. Besonders der NABU könne nicht einerseits dem Niedersächsischen Weg zustimmen und außerhalb eskalieren, warnte Grupe.

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