Gleichwertige Lebensverhältnisse

Stadt und Land angleichen

Die Regierungskommission will eine Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung: Geplant sind Verbesserungen bei Infrastruktur und Daseinsvorsorge sowie ein verstärkter Ausbau der Internetversorgung.

Mit einem Zwölf-Punkte-Plan will die Bundesregierung in ganz Deutschland für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen. Kernelement des von Innenminister Horst Seehofer, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Familienministerin Dr. Franziska Giffey vorgestellten und im Bundeskabinett beschlossenen Konzepts der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ ist eine grundsätzliche Neuausrichtung der Wirtschaftsför­derung. Sie soll als eine Art „Solidarpakt III“ künftig nicht an Himmelsrichtungen, sondern am Bedarf ausgerichtet werden.

Ohne „weiße Flecken“

Nicht zuletzt über einen demografischen Faktor sollen strukturschwache Regionen in Ost und West gleichermaßen von einer vorrangigen Förderung profitieren.

Geplant sind aber auch deutliche Verbesserungen bei der ländlichen Infrastruktur und der Daseins­vorsorge sowie ein verstärkter Ausbau der Internetversorgung, damit „weiße Flecken“ in bevölkerungsarmen Regionen der Vergangenheit angehören. Klöckner betonte bei der Vorstellung des Konzepts die Bedeutung einer guten digitalen Anbindung des ländlichen Raums. Diese sei Voraussetzung für eine moderne Landwirtschaft und werde auch auf dem Acker benötigt.

Die Ministerin kündigte die Prüfung der Gründung einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft für den mobilen Internetausbau an, die eine Erschließung auch solcher Regionen sicherstellen soll, in denen sich der Ausbau ökonomisch nicht rechnet. Seehofer machte deutlich, dass die angestrebten Schritte über die aktuelle Legislaturperiode hinausreichten und Zeit bräuchten. Die Finanzierung soll nach seinen Worten „Jahr für Jahr für die mittelfris­tige Finanzplanung mit dem Bundesfinanzminister ausgehandelt werden“.

Gute Lebensperspektiven für alle

Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse sollen auch die Verbesserung der ländlichen Mobilität sowie die gezielte Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Gebieten in den Fokus genommen werden.

Der Ausbau von Breitband und Mobilfunk wird als ebenso wichtig erachtet wie eine gute Versorgung mit sozialer Infrastruktur wie Kitas, Schulen, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sowie lebendigen Sport-, Kultur- und Freizeitangeboten. Des Weiteren wird eine „faire Lösung für kommunale Altschulden“ und eine Stärkung des Ehrenamtes angestrebt. Ziel sei es, den Menschen überall in allen Lebensphasen gute Lebensperspektiven und Chancen auf echte Teilhabe zu eröffnen.

Nach der Sommerpause soll mit Ländern und Kommunen über weitere Schritte und über deren Rolle bei der Umsetzung beraten werden. Nach Seehofers Einschätzung dürfte für die Umsetzung der „Querschnittspolitik“, die sämtliche Ressorts betrifft, etwa ein Jahrzehnt notwendig sein. Der CSU-Politiker warb für einen „neuen Schulterschluss“ von Bund, Ländern und Kommunen für eine „aktive Strukturpolitik“.

Geld für die Dorferneuerung

Seehofer sieht auch den Bund in der Pflicht, beispielsweise bei der Ansiedlung neuer Behörden oder Institutionen vorrangig die strukturfernen Gebiete im Blick zu behalten. Klöckner bekräftigte ihren Plan für eine Anpassung der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), die künftig verstärkt auch zur Förderung von Ortskernen und zum Erhalt und dem Ausbau der ländlichen Daseinsvorsorge genutzt werden sollte. Die CDU-Politikerin will sich darüber hinaus für eine Aufstockung der Förderobergrenze für Vorhaben zur Dorferneuerung stark machen. Diese sollen statt mit 70 % in Zukunft mit 90 % bezuschusst werden. Darüber hinaus stellte Klöckner ein Projekt zur Stärkung des Ehrenamtes und einen „Gleichwertigkeitscheck“ für die Auswirkungen neuer Gesetze auf Stadt und Land in Aussicht.