Im Oktober 2018 wurde das erste Wolfsgebiet in NRW mit einer standorttreuen Wölfin ausgewiesen. Inzwischen hat NRW drei Wolfsgebiete und eine separate Pufferzone. Im Dezember ist ein Wolfsverdachtsgebiet im Oberbergischen Land hinzugekommen. Damit ist rund ein Drittel der Landesfläche Wolfsgebiet, Pufferzone oder Wolfsverdachtsgebiet.
Das Wolfsverdachtsgebiet, das noch nicht in die Übersichtskarte auf der nächsten Seite eingezeichnet werden konnte, umfasst Teile des Rhein-Sieg-Kreises, des Oberbergischen Kreises und des Rheinisch-Bergischen Kreises und wird im Westen von der Autobahn A 3 begrenzt. Nach Osten hin schließt es sich nahtlos an die Pufferzone „Stegskopf“ an.
Was ist ein Wolfsgebiet?
Ein Wolfsgebiet wird nur dann ausgewiesen, wenn es dort Nachweise für einen standorttreuen Wolf bzw. ein Wolfsrudel gibt. Wolfs- und Wolfsverdachtsgebiete sind förderrechtliche Kulissen und stellen nicht unbedingt das wirkliche Territorium der Wölfe dar. Im Regelfall ist das echte Wolfsterritorium kleiner.
Die Förderrichtlinie Wolf schafft in NRW die Grundlage für einen Ausgleich der finanziellen Belastungen durch Tierverluste und Präventionsmaßnahmen. Tierhalter in ganz NRW können alle von Wölfen verursachten Tierverluste und die damit verbundenen Kosten über sogenannte Billigkeitsleistungen des Landes entschädigt bekommen.
Dazu gehören der „amtliche Marktwert“ der getöteten Tiere, Tierarztkosten für Behandlungen bzw. Nottötungen, die Tierkörperbeseitigung, Untersuchung der toten Tiere und die Sachschäden an Zäunen usw.
Schaden innerhalb 24 Stunden melden
Um die Entschädigungsleistung zu erhalten, muss der Halter den Schaden innerhalb von 24 Stunden dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz oder einem vom Landesamt bestellten Wolfsberater melden. Die Wolfsberater führen dann vor Ort eine Rissprotokollierung durch. Wenn das Landesamt offiziell feststellt, dass der Wolf eindeutig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit der Verursacher ist, kann der Tierhalter bei der Bezirksregierung einen Antrag auf Entschädigungsleistungen stellen. Für einen Riss innerhalb einer Kernzone der Wolfsgebiete werden Entschädigungen nur dann gewährt, wenn ein ausreichender Schutz besteht.
Die Grundschutzpflicht tritt zwei Jahre nach Bekanntgabe eines Wolfsgebietes in Kraft. Für die primär bedrohten Tiere können die Präventionsmaßnahmen bezuschusst werden. Zuwendungsfähig sind dabei die Anschaffung und Optimierung von Standardschutzzäunen und erweiterte Herdenschutzmaßnahmen. Herdenschutzhunde sind nur innerhalb der Kernzone eines Wolfsgebietes förderfähig. Gefördert werden 100% der Materialkosten; Arbeits- und Aufbaukosten werden nicht gefördert.
Bewilligung abwarten
Die Tierhalter müssen einen Antrag bei der Bezirksregierung stellen. Alle Antragsformulare finden sich auf den Homepages der Bezirksregierungen oder unter www.wolf.nrw.de. Wer mit den Schutzmaßnahmen beginnt, bevor der Zuwendungsbescheid vorliegt, verliert die Förderung.
Sowohl die Entschädigung als auch die Förderung der Präventionsmaßnahmen unterliegen den Regelungen für De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor. Das bedeutet, dass die gewährten Beihilfen innerhalb von drei Steuerjahren insgesamt 20.000 € nicht überschreiten dürfen. Bei jeder Neubewilligung wird die Gesamtsumme des laufenden und der zwei vorhergegangenen Jahre festgestellt.
Aktuell fallen verschiedene Förderprogramme unter die De-minimis-Beihilfen, zum Beispiel die Agrardieselrückerstattung. Dies kann vor allem bei den Berufsschäfern und größeren landwirtschaftlichen Betrieben dazu führen, dass der Höchstbetrag der De-minimis-Beihilfe erreicht wird.
Das wird gefördert
Alle hier vorgestellten Maßnahmen entsprechen in ihrer Mindesthöhe dem geforderten Grundschutz. Eine Erweiterung des Schutzes ist im Rahmen der Förderung ausdrücklich erwünscht. Im Einzelnen geht es um die Förderung von neuen mobilen oder stationären Zäunen,das Aufrüsten von bestehenden Zäunen unddie Förderung von Herdenschutzhunden.
Stromführende mobile oder stationäre Zäune müssen auf der gesamten Zaunlänge eine Mindestspannung von 2500 Volt aufweisen und es müssen mindestens 2 Joule Entladeenergie anliegen. Alle Zäune müssen einen Mindestabstand von 4 m zu potenziellen Einsprunghilfen einhalten oder diese mit einzäunen.
1. Mobile Elektrozäune: Alle mobilen Zäune müssen durchgehend mindestens 90 cm hoch sein. Dies kann nur dann gewährleistet werden, wenn die Zaunecken gespannt und Bodenunebenheiten mit zusätzlichen Kunststoffpfählen ausgeglichen werden. Bei Elektronetzen muss die unterste Litze auf Bodenniveau verlaufen. Mobile Litzenzäune müssen aus mindestens fünf stromführenden Litzen bestehen, wobei die unterste Litze nicht mehr als 20 cm über Bodenniveau liegen darf. Die Ecken müssen mit geeigneten Stahlpfählen ausgeführt werden, die in den Boden eingeschlagen sind.
2. Stationäre Zäune: Für stationäre Zäune gilt eine durchgängige Mindesthöhe von 120 cm. Förderfähig sind stromführende Litzenzäune oder nicht elektrifizierte Knotengeflechtzäune mit Untergrabeschutz. Baustahlmatten, Stabgitter- oder Lattenzäune sowie Zaunpfähle aus Plastik oder teerölimprägniertem Holz sind nicht förderfähig. Beim Litzenzaun darf die unterste Litze nicht mehr als 20 cm über Bodenniveau liegen und er muss mindestens fünf stromführende Litzen haben. Die unterste Litze muss regelmäßig von übermäßigem Bewuchs befreit werden.
Bei einem Knotengeflechtzaun ist ein zusätzlicher Untergrabeschutz anzubringen. Dazu gibt es drei Möglichkeiten:
- Eine stromführende Litze wird mit Langstiel-Isolatoren von außen höchstens 20 cm über Bodenniveau angebracht.
- Von außen (vor dem Zaun) wird ein 50 cm breites Drahtgeflecht bzw. eine Drahtmatte auf dem Boden ausgelegt, mit dem Zaun verbunden und durch Erdanker befestigt. Beim Neubau kann das – dann mindestens 170 cm hohe – Knotengeflecht nach außen umgeklappt und mit verankert werden.
- Das Knotengeflecht kann 50 cm tief eingegraben werden oder Drahtmatten werden 50 cm tief eingegraben und mit dem Zaun verbunden. Das Land NRW empfiehlt die stromführende Litze. Dies ist jedoch die pflegeaufwendigste Variante, weil die Litze von Bewuchs freigehalten werden muss. Die nicht elektrifizierten Varianten sind im Aufbau aufwendiger, dafür ist kaum Pflege nötig.
3. Aufrüstung bestehender Zäune: Bei mobilen Zäunen können Netze und Litzenzäune mit zusätzlicher Breitbandlitze aufgestockt werden. Auch bei den meisten älteren Knotengeflechtzäunen (stationär, nicht elektrifiziert) lässt sich durch das Aufstocken mit Breitbandlitze die Höhe von 120 cm relativ unkompliziert erreichen. Bestehende Knotengeflechtzäune müssen ebenfalls mit einem ausreichenden Untergrabeschutz ausgestattet werden (siehe Punkt 2). Bei bestehenden Litzenzäunen (stationär, elektrifiziert) muss die unterste der mindestens fünf Litzen auf höchstens 20 cm Höhe angebracht werden.
4. Herdenschutzhunde: Die Anschaffung und Ausbildung von Herdenschutzhunden wird nur in der Kernzone eines Wolfsgebietes gefördert. Es erfolgt eine Förderung von zwei Herdenschutzhunden ab einer Herdengröße von 100 Tieren, je 100 weitere Tiere kann ein weiterer Hund gefördert werden. Je (Teil-)Herde müssen mindestens zwei Hunde zusammen gehalten werden. Die Herdenschutzhunde dürfen nur innerhalb einer geeigneten Einzäunung eingesetzt werden und die Weiden sind entsprechend zu beschildern. Der Halter und andere Personen, die mit den Hunden umgehen, müssen eine Schulung absolvieren. Das Verhalten und die Ausbildung von Herdenschutzhunden unterscheiden sich stark von denen gewöhnlicher Arbeitshunde. Ohne geeignete Vorbildung kann es schnell zu Problemen kommen.
Erweiterter Schutz
Insbesondere Tierhalter in den Kernzonen der Wolfsgebiete sollten auf erweiterten Herdenschutz setzen, beispielsweise auf eine Spannung von mindestens 4000 Volt und eine Entladeenergie von mindestens 3,5 Joule. Die stromführenden Zäune können zu Plus/Minus-Systemen umgerüstet werden. Der Wolf bekommt dann bei Kontakt die volle Stromspannung zu spüren. Dieser Stromschlag ist sehr intensiv und wirksam, aber doch schonender. Dieses System eignet sich besonders für Regionen mit flachgründigen bzw. harten und trockenen Böden, auf denen ansonsten keine ausreichende Erdung herzustellen ist.
Bei mobilen Zäunen kann die Höhe auf bis zu 120 cm erweitert werden. Festzäune können durch eine dreidimensionale Komponente ergänzt werden. Dazu wird eine Breitbandlitze mit Langstiel-Isolatoren, etwa 45° nach außen geneigt, über einem bestehenden Zaun angebracht. Absperr- bzw. Flatterband sowie akustische und optische Abwehrmaßnahmen sollen einen guten temporären Schutz bieten, sie eignen sich jedoch nicht als einziger Schutz. Generell erweist sich eine Kombination von mehreren Herdenschutzmaßnahmen, vor allem in Problemgebieten, als eine gute Lösung.
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