Schluss mit der „Gemeinnützigkeit“?

Die FDP-Fraktion hat mir ihrem in den Bundestag eingebrachten Antrag um Tierrechtsorganisationen und deren Status der Gemeinnützigkeit eine emotionale Debatte ausgelöst. Unionsabgeordnete und FDP sehen das Wirken von Tierrechtlern kritisch, Linke und Grüne halten dagegen.

Der von der FDP-Fraktion im Bundestag eingebrachte Antrag zu Straftaten und der Gemeinnützigkeit von Vereinen, in dem diese insbesondere auf die Vorgehensweise der Tierrechtsorganisation PETA abstellt, hat die früheren Koalitionslinien im Parlament wieder sichtbar werden lassen. Während Abgeordnete der Unionsfraktion die Kritik der Liberalen an „selbst ernannten Tierrechtlern“ teilten, warfen Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen der FDP vor, die Tierrechtler nur einschüchtern und das in Ställen aufgenommene Tierleid dagegen ausblenden zu wollen.

Steuervorteile streichen?

In dem Antrag der Liberalen, der in der Nacht auf vergangenen Freitag federführend an den Finanzausschuss übermittelt wurde, wird die Bundesregierung aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass Körperschaften, deren Repräsentanten gegen die geltenden Strafgesetze verstoßen oder zu einem solchen Rechtsbruch aufrufen, grundsätzlich nicht mehr in den Genuss der Steuerbegünstigung der Gemeinnützigkeit kommen dürfen.

Vertreter des Bundes sollten nach dem Willen der FDP in der Runde Referatsleiter Abgabenordnung auf eine einheitliche Rechtsaus­legung hinarbeiten. PETA werfen die Liberalen vor, unter dem Deckmantel des Tierschutzes ein Geschäftsmodell zum Einwerben von Spenden entwickelt zu haben. Der FDP-Abgeordnete Dr. Gero Hocker erklärte in der Aussprache, wenn führende Repräsentanten, also nicht einfache Mitglieder, solcher Organisationen dazu aufriefen, Gesetze zu brechen, oder glaubten, Gesetzesbrüche im Nachhinein rechtfertigen zu können, dann dürften sie nicht gleichzeitig in den Genuss von exklusiven steuerlichen Erleichterungen kommen. Der Zweck heilige eben nicht die Mittel, so Hocker.

Grenzüberschreitungen

Beifall für seine Aussagen erhielt Hocker auch von Abgeordneten der Union. Der CDU-Politiker Uwe Feiler stellte fest, dass für ihn ­PETA-Aktionen wie der „Holo­caust auf Ihrem Teller“ von 2004 oder die Abschussliste mit Politikerfotos, die man erledigt habe, aus diesem Jahr nicht mehr hinnehmbare Grenzüberschreitungen seien. Feiler wies jedoch darauf hin, dass die Finanzverwaltung bereits heute die notwendigen Ins­trumente an der Hand habe, um tätig werden zu können. Der Bundesfinanzhof habe bereits 1978 zu den Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung eines Vereins entschieden, dass die Einhaltung der verfassungsgemäßen Ordnung Grundvoraussetzung für die Gewährung der Gemeinnützigkeit sei.

Der CSU-Abgeordnete Sebastian Brehm erläuterte ergänzend, dass ein Einbruch in einen Stall durch ein Vereinsmitglied per se noch keine Gefährdung der Gemeinnützigkeit des gesamten Vereins darstelle. Sei dies aber durch Vorstandsbeschluss erfolgt oder mit Billigung des Vorstandes oder werde es im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel auf den Internetseiten oder in Pressemeldungen, seitens der Vereinsführung begrüßt, so liege ein eindeutiger Verstoß gegen die Gemeinnützigkeitsregeln vor, diese sei dann abzuerkennen. „Dazu brauchen wir aber kein neues Gesetz“, so Brehm.

Hinweis auf Missstände

Der SPD-Abgeordnete Michael Schrodi sprach von einem Schaufensterantrag. Die im Antrag enthaltene Aufforderung an die Bundesregierung sei völlig unnötig. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft habe sich nach § 52 der Abgabenordnung an deren Tätigkeit auszurichten; sollte sie gegen Strafgesetze verstoßen, zu Rechtsbruch aufrufen oder ihn rechtfertigen, sei die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit bereits nach geltendem Recht ausgeschlossen, stellte Schrodi klar. Er wertete den FDP-Antrag als Einschüchterungsversuch gegenüber PETA; es gehe darum, der Organisation „die Flügel zu stutzen“. Schrodis Parteikollegin Ingrid Arndt-Brauer betonte, dass in einer freien Gesellschaft manchmal auch auf solche Missstände hingewiesen werden müsse.

Die Linken-Politikerin Amira Mohamed Ali warf den Liberalen ebenfalls vor, sie wollten den Tierschutzorganisationen das Wasser abgraben. Die FDP betreibe „Klientelpolitik für die Intensivtierhalter“ und nehme dafür sogar in Kauf, die gesamte Vereinslandschaft zu gefährden. Die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast bezeichnete den FDP-Antrag als plumpen Versuch, „noch massenhaft Tierquälerei zu verteidigen“. Die Liberalen sollten lieber einen Antrag „Schluss mit den engen Ställen – raus ins Grüne!“ einbringen. Kü­nast fragte die FDP, wo diese denn gewesen sei, als der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) seine Wirrungen und Irrungen gehabt habe? Da habe man auch nicht gesagt, diesem solle die Gemeinnützigkeit aberkannt werden.

Einen Kommentar von Wochenblatt-Chefredakteur Matthias Schulze Steinmann lesen Sie hier:

Der Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus für radikale Tierrechtsorganisationen, wie ihn die FDP derzeit mit einem Antrag im Bundestag fordert, wäre ein wichtiges und überfälliges Signal in einer...