Aufgrund zahlreicher Corona-Infektionen mussten Schlachthöfe kurzfristig schließen (wir berichteten). Kann das Molkereien auch passieren?
Nein, wir sollten Schlachthöfe und Molkereien an der Stelle nicht in einen Topf schmeißen. Molkereien haben bereits einen hohen Grundstandard was Hygiene, Personenverkehr usw. angeht. In den Unternehmen wurde direkt zu Beginn der COVID-19 Pandemie dann alles auf den Kopf gestellt, hinterfragt und Pandemiepläne erarbeitet. Bislang hat das sehr gut funktioniert.
Im Fokus stehen die Arbeitsbedingungen und Unterkünfte der meist ausländischen Arbeitskräfte. Wie ist die Situation in den Molkereien?
Eine Situation wie in der Fleischwirtschaft haben wir in den Molkereien nicht. Natürlich haben wir auch Arbeitskräfte, die aus den EU-Nachbarstaaten kommend und als Berufspendler in den Molkereien arbeiten. Hier lag die viel größere Herausforderung für die Molkereien, als z.B. Tschechien und Polen die Grenze dicht gemacht haben, da war Kreativität gefragt. Wir haben als Milchindustrie-Verband hier über die Ministerien auf Lösungen gedrängt und inzwischen hat sich die Situation ja zum Glück wieder normalisiert. Während des Reisestopps haben wir die Kollegen in ordentlichen Pensionen unterbringen können, die freuten sich über Gäste.
Was tun die Molkereien, um die Mitarbeiter vor Infektionen zu schützen?
Die Molkereien tun viel dafür, ihre Mitarbeiter zu schützen. Unterscheiden muss man hier natürlich auch zwischen Verwaltung und Produktion. Käse kann man nicht vom Schreibtisch aus produzieren, dafür braucht man auch seine Mitarbeiter vor Ort in der Produktion. Schichten wurden neu zusammengestellt und kommen absolut getrennt und in festen Konstellationen zur Arbeit, Hygieneregeln wurden nochmals verschärft, Logistikabläufe überarbeitet. Ein Teil der Arbeit kann natürlich auch im Home-Office erledigt werden, die Digitalisierung hat hier einen großen Schub bekommen, wenn auch auf dem Lande die Internetverbindungen besser werden müssen.
Was, wenn es doch zum Corona-Ausbruch kommt?
Zuerst hoffen wir mal, dass alle gesund bleiben, ausschließen kann man das Auftreten dennoch nie. Molkereien gehören zur kritischen Infrastruktur, gemeinsam mit den Behörden gilt es dann angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Aber klar ist, die erstellten Pläne helfen, klare Abgrenzungen treffen zu können, wer hat wen getroffen und gegebenenfalls punktuelle Quarantänemaßnahmen einzuleiten. Ein Dank aber auch an die Mitarbeiter, die hier vorbildlich mitziehen.
Milch kann noch weniger „stehen bleiben“ als Schweine. Wie sehen Notfallpläne aus, wenn eine Molkerei schließen muss?
Wir sind in einer milchreichen Jahreszeit, bislang konnte aber alle Milch abgeholt werden, COVID-19 und allen Unkenrufen zum Trotz. Die Pandemiepläne der Molkereien scheinen aufzugehen. Die Branche hat den Spagat zwischen der Abholung der Milch, der Gesundheit unserer Mitarbeiter und der Versorgung der Bevölkerung mit Milchprodukten in dieser zuvor nie dagewesenen Situation gut hinbekommen. Darauf können wir stolz sein. Einen Wermutstropfen gibt es aber auch: Die Märkte selber gerieten unter Preisdruck, da leiden Molkereien zusammen mit ihren Milcherzeugern gemeinsam.