RUW-Fruchtbarkeitsseminar: Die ersten 30 Tage überstehen

Eine „feste Größe“ ist in jedem Jahr das Fruchtbarkeitsseminar der Rinder-Union West (RUW) im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse.
Am Donnerstag vergangener Woche war es dann wieder soweit: knapp 150 Landwirte hatten den Weg nach Bad Sassendorf-Ostinghausen gefunden, um sich rund ums Thema Fruchtbarkeit weiter zu bilden. Denn wie sagte Dr. Hugo Hausschulte, Tierarzt bei der RUW und Initiator des Seminars, so treffend: „Weiterbildung kostet zwar Zeit und Geld, aber ohne Weiterbildung kann es einen den Kragen kosten.“

15 l Milch je Lebenstag

In vielen Köpfen hat sich die Aussage eingeprägt, dass die Nutzungsdauer deutscher Kühe seit Jahren zurückgeht. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: die durchschnittliche Nutzungsdauer hat sich zwischen 2000 und 2009 sogar von 33 auf 36 Monate erhöht, wie Dr. Anke Römer von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern anhand von Daten belegte. Um Kühe hinsichtlich ihrer Leistungen besser vergleichen zu können, empfahl die Wissenschaftlerin hierfür den Parameter „Leistung je Lebenstag“ zu nutzen. Eine Kuh sollte hiernach rund 15 l Milch je Lebenstag produzieren, um einen Gewinn zu erbringen. Dieser Richtwert gilt für Betriebe, die ihre Tiere selbst aufziehen.

Römer wies darauf hin, dass deutsche Kühe im Durchschnitt fast so lange im Aufzuchtstall stehen (2,4 Jahre), wie sie gemolken werden (3 Jahre). Berücksichtigt man die Aufzuchtkosten einer Färse – in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise 1500 € – erzielt der Landwirt mit dem Tier nach 3,5 Laktationen einen Gewinn – vorausgesetzt, die Kuh hat ein hohes Leistungsniveau von rund 10.000 l Milch. „Obwohl schwarzbunte Holsteinkühe im Schnitt ihre Leistungsspitze erst in der dritten und vierten Laktation haben, ereichen nur 20 % der Tiere diese überhaupt“, so Römer. Aus diesem Grund wertete die Wissenschaftlerin Daten im Hinblick auf Abgänge aus und kam zu dem Ergebnis, dass rund 29 % der Tiere in ihrer ersten Laktation gemerzt werden, obwohl es für den Landwirte die teuerste Merzung ist.

„Die ersten 30 Tage nach der Kalbung stellen insbesondere für Färsen das größte Gesundheitsrisiko dar“, zeigte sich Römer überzeugt. Zudem werden rund 70 % aller Fertilitätsbehandlungen in den ersten 30 Tagen durchgeführt. Um Krankheiten gerade nach der Geburt zu erkennen, hält die Wissenschaftlerin ein ausgefeiltes Gesundheitsmonitoring für notwendig, zudem es gehört, die Tiere besonders in den ersten sieben Tagen nach der Geburt zu beobachten und die Temperatur zu messen. Bewährt habe sich auch, der Kuh direkt nach dem Kalben möglichst viel Wasser (bis 80 l) anzubieten, da dies den Appetit anregen würde. Denn nur Kühe, die viel saufen, sind auch in der Lage hohe Mengen an Trockensubstanz aufzunehmen.

In einem Versuch konnte gezeigt werden, dass diejenigen Tiere, die nach der Kalbung zwischen 35 bis 60 kg an Körpermasse verloren, auch am ehesten krank wurden. Dagegen waren die Kühe mit den höchsten Leistungen durchgehend schlank und nahmen nur 10 bis 25 kg an Körpermasse nach der Geburt ab. „Achten Sie daher auf die Speckfalten Ihrer Kühe und sehen Sie sich die Körperkondition der Tiere regelmäßig an“, empfahl Römer. Als gutes Hilfsmittel hat sich das sogenannte Body Condition Scoring hierbei bewährt. KB


Den ausführlichen Wochenblatt-Bericht lesen Sie in Folge 49/2010.