Rehkitz: Hilfe für das Findelkind

Ende April dieses Jahres kam ein Rehkitz in die Obhut von Christian und Ilona Gutowski in Horn-Bad Meinberg-Belle. Anfangs brachte das braun-weiße Findelkind seine Pflegeeltern um den Schlaf – alle zwei Stunden musste es gefüttert werden. Inzwischen hat es sich prächtig entwickelt.

Das höchstens zwei Tage alte und nur 1100 g schwere weibliche Kitz war von Kindern beim Spielen gefunden worden, angeblich auf einer Straße. Nachdem sie das Jungtier mehrere Stunden durchs Dorf getragen hatten, gelangten sie schließlich zu einem Jäger, der das Kitz zum Jäger und Hegeringsleiter Christian Gutowski und seiner Frau Ilona brachte.

Da ein Zurückbringen des Kitzes nach derart intensivem menschlichen Kontakt nicht mehr Erfolg versprechend erschien, beschloss das Ehepaar, die Aufzucht des Rehkitzes zu übernehmen. Anfangs musste es Tag und Nacht im Zwei-Stunden-Takt gefüttert werden. Nach zwei Wochen konnte das Fütterungsintervall auf drei, nach vier Wochen auf vier Stunden ausgedehnt werden.

Welche Milch verträgt das Kitz?

Fragen warf die Zusammensetzung eines möglichst naturgetreuen Muttermilchersatzes auf. In diesem Fall stellte sich eine Kombination von Lämmermilchersatz und Ziegenmilch als gute Lösung heraus. „Gut wäre auch Biestmilch von Schaf oder Ziege gewesen, die entsprechende Züchter für den Notfall oftmals eingefroren parat haben, doch damals wussten wir das noch nicht“, berichtet Ilona Gutowski.

Was nicht vergessen werden darf: Rehe sind Wiederkäuer. Bereits mit gut einer Woche nehmen die Jungtiere in der Natur Grünfutter auf. Bei der Aufzucht gilt es dies zu bedenken. Dabei gilt: so vielseitig wie möglich. Tritt Durchfall auf, wirken beispielsweise Wehrmut und Tannennadelspitzen zugleich als pflanzliches Gegenmittel.

Aufzucht mit Hindernissen

Die Aufzucht verlief nicht problemlos. Da das Kitz von der eigenen Mutter nur wenig Biestmilch aufgenommen und folglich nur wenige Abwehrstoffe mit auf den Weg bekommen hatte, stellten sich trotz intensiver Betreuung immer wieder Probleme ein: mal waren es Spulwürmer, mal Kokzidien, dann auch mal eine Blasenentzündung. „Die Bedeutung von Hygiene kann bei der Aufzucht von Jungtieren gar nicht hoch genug bewertet werden – ob bei der Einstreu oder bei den Fläschchen“, weist Dr. Dagmar Heer, die das Kitz als Tierärztin betreut hat, auf einen wichtigen Faktor hin.

Schritt für Schritt in die Freiheit

Nach acht Wochen, also Ende Juni, war es so weit: Das Kitz konnte vom Keller ganztägig in ein kleines Außengehege ausquartiert werden. Noch in dieser Woche steht der Umzug in einen größeren, vom Damwild, das Glutowskis halten, abgetrennten Teil des Wildgeheges an. Ausgewildert werden soll das Kitz erst im Frühjahr 2013. Ohne die Führung durch das Muttertier stünde es in einem strengen Winter ansonsten schlecht um seine Überlebenschancen. bp

Hier finden Sie Informationen zur Rehkitzaufzucht.

Den ausführlichen Bericht lesen Sie in Wochenblatt-Folge 30/2012 auf der Seite 33.