Die Erste Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Europa ist essenziell für die Bauern, nicht nur in Deutschland. Mindestens 60% der Mittel, besser 70%, sollten auch künftig für Direktzahlungen zur Verfügung stehen. Das forderte DBV-Präsident Joachim Rukwied vergangene Woche bei einem Fachforum des Bauernverbandes in Berlin.
1,07 oder nur 1,00 %?
Hintergrund sind die Arbeiten an der Reform der GAP für die Zeit nach 2020. Wie viel Geld für die Agrarpolitik zur Verfügung stehen wird, hängt maßgeblich vom Gesamthaushalt der EU im sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ab. Dafür hat die finnische Ratspräsidentschaft 2019 einen Betrag von 1,07% des jeweiligen Bruttonationaleinkommens aller Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Das Bundesfinanzministerium plädiert aktuell für nur 1,00%. Rukwied stellte klar: Der Bauernverband ist grundsätzlich offen auch für eine grüner ausgerichtete Agrarpolitik – dann aber muss das Budget für die GAP mindestens stabil bleiben.
Die Direktzahlungen sollen künftig noch stärker an die Einhaltung bestimmter Bedingungen gebunden werden (Stichwort: Konditionalität). Bei den zusätzlich geplanten Eco-Schemes wollen die Bauernvertreter eingebunden werden. Ein Anteil von etwa 20% der Direktzahlungen, die man sich mit Naturschutzleistungen „erkaufen“ kann, wäre nach Rukwied vorstellbar. Mehr aber nicht, denn für die Umverteilung von Prämien zugunsten kleinerer Betriebe und Junglandwirte müsse ja auch noch etwas übrig bleiben. Außerdem dürften die Eco-Schemes keinesfalls die Agrar-Umweltmaßnahmen aus der Zweiten Säule kannibalisieren.
Zum Thema Green Deal merkte Michael Niejahr als Direktor in der Brüsseler Generaldirektion Landwirtschaft an, dass es dabei nicht nur um Klimaschutz geht, sondern sehr viel umfassender um Nachhaltigkeit, einen Umbau der EU-Wirtschaft insgesamt. Deshalb ist auch frisches Geld dafür nötig, außerhalb des regulären MFR.
Die bisherige Agrarpolitik werde der Green Deal nicht auf den Kopf stellen, sondern eher weiterentwickeln. Die Vorschläge der „alten“ Kommission vom Juni 2018 blieben dabei die Verhandlungsgrundlage. Gottlob seien sie flexibel formuliert worden. Die Kommission werde darauf achten, dass die nationalen Pläne zur Umsetzung des Green Deals ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem zum Ziel haben.
Längst nicht alles fertig
Alois Bauer, der als Unterabteilungsleiter im Bundeslandwirtschaftsministerium an entscheidender Stelle mitwirkt, berichtete zwar von Fortschritten bei den GAP-Verhandlungen im vergangenen Halbjahr. Dennoch gibt es erhebliche Auffassungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei wichtigen Themenblöcken. Als Beispiel nannte Bauer die von Deutschland geforderte Abschaffung der gekoppelten Direktzahlungen, die bei einer Reihe von Mitgliedstaaten auf erheblichen Widerstand stoße. Weitere zentrale deutsche Forderung ist die nach EU-weit einheitlichen und ehrgeizigen Umwelt- und Klimaschutzanforderungen sowie einem Mindestbudget dafür, am besten über beide Säulen hinweg.
Die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – rückte einmal mehr der Düsseldorfer Umwelt- und Agrarstaatssekretär Dr. Heinrich Bottermann in den Fokus. Sie müssten gleichberechtigt betrachtet werden. Außerdem betonte Bottermann die Notwendigkeit einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung. Die Verunsicherung der Landwirte hat dazu geführt, dass es einen großen Investitionsstau gibt. Jetzt soll es endlich wieder weitergehen.
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