Pressespiegel: Argumentiert und diskutiert

Reaktionen auf Bauern-Demo in Berlin

Wenn 15.000 Landwirte in Berlin demonstrieren, bleibt das in den Medien nicht unkommentiert. Aus der Vielzahl der Pressekommentare haben wir einige Stimmen ausgewählt.

Vorweg sei gesagt: Die allermeisten Kommentatoren der regionalen und überregionalen Zeitungen bringen viel Verständnis für den Unmut der Landwirte auf. Für Unterschiede in der Bewertung sorgt vor allem die Frage nach Lösungsvorschlägen.

Verbreitete Doppelmoral

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt zu den Demonstrationen in NRW und Berlin: „Die Bauern leiden an der weit verbreiteten Doppelmoral. Die Vorstellung vieler Städter von der Lebensmittelproduktion auf dem Land entspricht dem Idyll aus Bauernhof-Kinderbüchern, nicht aber der Wirklichkeit. Mit dieser konfrontiert, fordern viele ein Ende von industrieller Fleischproduktion und großflächigem Einsatz von Pflanzenvernichtungsmitteln. Aber nur wenige sind bereit, selbst einen Beitrag zu leisten – etwa indem sie weniger Fleisch essen oder mehr Geld für Lebensmittel ausgeben.“

Was Bauern eigentlich tun

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erläutert: „Landwirte bilden in manchen Orten schon Selbsthilfegruppen, um zu erklären, was sie eigentlich tun – und dass sie keine Verbrecher sind. Ganz offensichtlich ist der Alltag vieler Höfe nicht mehr das, was Parteien, Verbände und insgesamt die Gesellschaft dafür halten. Konventionell wirtschaftende Bauern sehen sich zu Tätern gestempelt, die ,Agrargift‘ ausbringen und Tierquälerei betreiben. Das Wort ,Chemie‘ reicht, um Fachleute zu denunzieren. Dagegen wird eine Welt verherrlicht, in der alles regional, genügsam, neutral und ursprünglich ist. Ausgeblendet werden dabei Preisdruck, Globalisierung und die Chancen von Innovation.“

Auf dem Land habe sich „ein explosiver Stimmungsmix“ zusammengebraut, meint „Die Welt“ und fährt fort: „Existenzangst, immer neue Regeln und Einschränkungen, Bürokratie und Respektlosigkeit sind seine Bestandteile. Da werden Tierzüchter zu Tierquälern gestempelt, und wer sein Feld konventionell bearbeitet, muss sich Vorwürfen erwehren, er vergifte Natur und Grundwasser. Es ist ein Zerrbild der Landwirte, die durchweg verantwortungsvoll mit Flächen und Tieren umgehen –...