Lebensmitteleinzelhandel

Qualität vor Preis: Handel soll Kommunikation ändern

Billig, billig, billig: Statt aggressiver Preiswerbung soll der Handel mit der Qualität von Lebensmitteln werben, fordert der Bauernverband.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) nimmt den Lebensmitteleinzelhandel in die Pflicht. „Der Handel steht vor der Aufgabe, seine Kommunikation in Richtung Verbraucher von der reinen Preisorientierung hin zu einer stärkeren Qualitätsorientierung zu lenken“, sagt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken in einem Interview, das er zusammen mit dem Kaufland-Einkaufsleiter Stefan Lukes dem Nachrichtendienst Agra-Europe gegeben hat.

Für die Landwirte sei nur schwer erträglich, dass niedrige Preise bislang mit weitem Abstand die zentrale Botschaft vieler Unternehmen des Lebensmittelhandels in der Verbraucherkommunikation seien. „Besonders groß ist der Ärger, wenn Unternehmen, die sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit profilieren, zu runden Firmenjubiläen besonders stark auf die Preistaste hauen“, so Krüsken in Anspielung auf eine jüngste Werbeaktivität von Edeka. Damit würden sämtliche Bekenntnisse zur Wertschätzung von Lebensmitteln und landwirtschaftlicher Arbeit ad absurdum geführt.

Regionalität und Bio im Aufwind

Lukes betont das steigende Inte­resse der Verbraucher an regionaler Erzeugung. Das müsse sich auch in ihrem Einkaufsverhalten niederschlagen können. „Wenn ein Lebensmittelhändler lediglich die Botschaft hat, ich bin billiger als andere, kann das nicht funktionieren“, warnt der Kaufland-Manager. Nach seiner Einschätzung werden „Regionalität und Bio“ in den nächsten Jahren den Lebensmittelmarkt entscheidend prägen. Gleichzeitig erwartet Lukes, dass sich die Produktionsrichtungen künftig weiter annähern, und zwar „auf einem hohen Niveau“.

Wenn ein Lebensmittelhändler lediglich die Botschaft hat, ich bin billiger als andere, kann das nicht funktionieren.“ (Stefan Lukes)

Laut Krüsken ist Regionalität für einen Teil der Betriebe eine Option und eine Chance, mehr Wertschöpfung zu erzielen. In großen Marktbereichen funktioniere jedoch das Prinzip „Aus der Region für die Region“ nicht. Daher müssten Produkte deutlicher als bislang mit Standards und Herkunft ausgelobt werden können.

David gegen Goliath?

Als ein Kernproblem im Lebensmittelmarkt sieht Krüsken das Ungleichgewicht zwischen dem hochkonzentrierten Lebensmitteleinzelhandel auf der einen sowie den Erzeugern und Verarbeitern auf der anderen Seite. Einer notwendigen stärkeren Bündelung des Angebots stehe jedoch oft das Kartellrecht im Wege. Dies sei nicht akzeptabel, „nachdem die Kartellbehörden jahrzehntelang zugeschaut haben, wie sich die Strukturen im Lebensmitteleinzelhandel entwickelt und sich die Gewichte im Markt verschoben haben“. Hier müsse man reagieren können, gegebenenfalls mithilfe des Gesetzgebers, so Krüsken.

Demgegenüber warnt Lukes vor falschen Erwartungen an gesetzliche Regelungen. Entscheidend für einen Umgang auf Augenhöhe seien „gegenseitige Wertschätzung, Anerkennung und Verlässlichkeit“. Es gehe um die Werte, für die der ehrbare Kaufmann stehe und die jedes Unternehmen für sich verinnerlicht habe. Ob das im täglichen Umgang seinen Ausdruck finde, müsse jeder für sich bewerten. „Wer meint, der große Lebensmitteleinzelhandel könne tun und lassen, was er will, der irrt.“

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