Technik und neue Energie

­Photovoltaik: Strom an Mieter verkaufen

Mithilfe des Mieterstrommodells kann ein Vermieter seinen Mietern ­Photovoltaik-Strom direkt vom Dach des eigenen Hauses verkaufen.

Das Haus bietet Platz für vier Wohneinheiten. Es ist neu und modern, bestens isoliert und verfügt über kontrollierte Wohnraumbelüftungen. Auf dem Flachdach sitzt zudem eine Photovoltaik(PV)-Anlage. Den Strom, den diese produziert, verkauft der Eigentümer von Haus und PV-Anlage im Rahmen des Mieterstrommodells direkt an die Mieter. Wie das funktioniert, zeigte die Sektion Münster der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e. V. (DGS) in Heek im Kreis Borken.

PV-Anlage, Speicher, Netz

Die PV-Anlage hat eine Leistung von 36,48 kWP. Damit sie möglichst über den ganzen Tag verteilt Strom liefern kann, sind die aufgeständerten Module zur einen Hälfte nach Süd-Ost und zur anderen Hälfte nach Nord-West ausgerichtet. Im Zeitraum von August 2018 bis August 2019 produzierte die Anlage so rund 31.000 kWh Strom.

Scheint die Sonne und verbraucht gleichzeitig einer der Mieter Strom, fließt der Strom direkt von der PV-Anlage zum Verbraucher im Haus. Erzeugt die Anlage mehr Strom, als aktuell benötigt wird, wird dieser zunächst in einem Li­thium-Ionen-Polymer-Speicher mit einer Kapazität von 27,69 kWh so lange gespeichert, bis der Strom­bedarf im Haus die Produktion der PV-Anlage übersteigt. Produziert die PV-Anlage mehr Strom, als verbraucht wird, und ist der Speicher bereits voll geladen, wird der überschüssige Strom ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Auf der anderen Seite erhalten die Mieter Strom aus dem öffentlichen Netz, wenn ihr Bedarf das Angebot von PV-Anlage und Speicher übersteigt.

Im vergangenen Jahr haben die vier Mietparteien (je 85 m2 Wohnfläche) im Durchschnitt rund 3000 kWh Strom verbraucht. In dieser Summe ist auch der Energiebedarf für Warmwasser (elektrischer Durchlauferhitzer) und für das Heizen enthalten.

Zu 85 % Sonnenstrom

Alle Wohnungen sind mit Infra­rotheizungen ausgestattet. Rund 85 % des verbrauchten Stroms stammten von der Dachanlage. Im Rahmen des Mieterstrommodells müssen Mieter und Vermieter bzw. Betreiber der PV-Anlage einen Stromliefervertrag abschließen. In Heek bezahlen die Mieter brutto 21,57 Cent/kWh Strom, egal, ob dieser aus der PV-Anlage oder aus dem Netz stammt. Sie profitieren also von niedrigen Strompreisen.

Hoher Aufwand

Für den Vermieter dagegen ist das Mieterstrommodell keine einfache Sache. „Allein die Anmeldung und die bürokratischen Vorbereitungen haben eine Menge Arbeit gemacht und einen ganzen Aktenordner gefüllt“, sagte Hans-Georg Rulle. Allein stemmen konnte er das nur, da er sich auch beruflich mit Photovoltaik und Strom beschäftigt und eine Firma für Energieoptimierung und Gebäudetechnik betreibt. Hinzu kam der Aufwand für die Steuerungstechnik und Stromzähler. „Die Angebote am Markt waren alle sehr teuer, sodass wir selbst eine Lösung entwickelt haben“, erklärte Rulle.

Etwa ein Drittel des erzeugten ­PV-Stroms kann Rulle an seine Mieter verkaufen. Für den eingespeisten Überschussstrom erhält Rulle eine Einspeisevergütung in Höhe von 11,96 Cent/kWh (Inbetriebnahme 8/2018). Für den an die Mieter verkauften Strom muss er die volle EEG-Umlage abführen. Im Gegenzug erhält er rund 3,5 Cent/kWh Mieterstromzuschlag als Förderung.

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