Im Mittelpunkt der künftigen Entwicklung wird die sensorgestützte, selektive Applikation von Pflanzenschutzmitteln stehen, so die Einschätzung von Wissenschaftlern und Landwirten, die kürzlich im Rahmen der DLG-Tagung „Landtechnik für Profis“ über die Pflanzenschutztechnik der Zukunft diskutiert haben.
Der Grund sind enorme Einsparpotenziale: Wäre es möglich, nur die behandlungswürdigen Pflanzen zu treffen, könnte das den Aufwand an chemischen Mitteln um 50 bis 90 % mindern.
Sensor erkennt Krankheit
Grundlage für solche Systeme sind extrem exakte Daten über Schaderreger oder Befallsstärken, die zudem mit einer genauen Ortsangabe der Pflanze versehen sind. Hochauflösende Kameras ermöglichen schon heute das Unterscheiden von Unkraut und Nutzpflanze.
Multispektrale Kameras, Spektrometer, Thermalkameras und Fluorometer erfassen zusätzlich den Stress der Kulturpflanzen. Wissenschaftler hoffen, daraus Rückschlüsse auf den Krankheitsbefall von Kulturpflanzen zu ziehen und Behandlungsempfehlungen erstellen zu können.
Ein weiteres Schlüsselelement dieser Technik sind pulsweitenmodulierte Düsen. Die Pulsweitenmodulation (PWM) regelt die Ausbringmenge durch unterschiedlich lange Öffnungszyklen, ohne dass sich der Druck und damit die Tropfengröße ändern. In Verbindung mit einer Einzeldüsensteuerung lassen sich so Aufwandmengen innerhalb des Gestänges variieren.
Grundprinzipien missachtet
Der künftige Pflanzenschutz wird sich aber nicht nur auf Hightech verlassen können. Bis diese Techniken serienreif sind, werden in einigen Kulturen zunächst Hacke und Striegel chemische Maßnahmen ersetzen.
Weil das Hacken alleine zu wetterabhängig und damit unsicher ist, setzen Pflanzenschutzexperten auf die Kombination aus Hacken und Bandspritzen. Bei Reihenabständen von 50 bzw. 75 cm spart diese Kombination im Vergleich zur Flächenspritzung 40 bis 60 % Pflanzenschutzmittel.
Parallel zur Entwicklung intelligenter Pflanzenschutztechnik gibt es die Forderung, Pflanzenbausysteme nicht nach der Technik, sondern nach den Ansprüchen der Nutzpflanzen auszurichten. Nach Einschätzung von Detlev Dölger, Hanse Agro GmbH, befindet sich der Wettlauf zwischen den phytosanitären Problemen und der Entwicklung von Pflanzenschutzlösungen schon jetzt nicht mehr im Gleichgewicht. Darüber hinaus hat es der chemische Pflanzenschutz ermöglicht, pflanzenbauliche Grundprinzipien zu vernachlässigen, meint der Berater. Künftig müssen Fruchtfolgen auf ein möglichst großes Potenzial zur Mitteleinsparung ausgerichtet sein.
Daraus ergeben sich für die Forschung neue Aufgaben. So forscht das Julius Kühn-Institut an den Effekten der Gleichstandssaat. Die Erwartung: Die optimierte Standraumverteilung soll zu kräftigeren und widerstandsfähigeren Pflanzen führen. Zudem erlaubt siedie mechanische Bearbeitung inverschiedenen Richtungen. Erste Ergebnisse zeigen aber: Gleichstandssaat benötigt daran angepasste Sorten, die es derzeit nicht gibt. Deshalb können Ertragseffekte in Versuchen nicht nachgewiesen werden.
Weder sind die Eigenschaften der geeigneten Sorten für die Gleichstandssaat bekannt noch die optimale Aussaatstärke.
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