Pferde in Bewegung halten

„Haltung von Sport- und Freizeitpferden im Offenstall“ – dieses Thema stand im Mittelpunkt eines Seminars, das kürzlich auf dem Reiterhof Pavel in Kassel-Calden stattfand. Auch über möglichen Varianten und Tipps zur Planung wurde informiert.

Beim Aktivstall handelt es sich nur um eine Variante eines Offenstalles. Weitere sind der sogenannte Paddock Trail und der Mini-Offenstall. Über die Vor- bzw. Nachteile des jeweiligen Systems informierte Dr. Tanja Romanazzi anlässlich des Seminars „Offenstallvarianten – Haltung von Sport- und Freizeitpferden“. Dieses fand kürzlich auf dem Reiterhof Pavel in Kassel-Calden statt. Dazu eingeladen hatte die Bundesvereinigung der Berufsreiter.

Je mehr Platz, umso besser

2002 hat Romanazzi selbst damit begonnen, sich mit Gut Heinrichshof nahe Dresden einen Pensionsbetrieb aufzubauen. Dort verteilen sich mittlerweile 80 Pferde auf sechs Offenställe (à 8 bis 14 Pferde) und fünf Mini-Laufställe (à 2 Pferde) als „Einsteiger-Modelle“, so die gebürtige Westfälin. „Je mehr Platz pro Pferd, umso besser, da friedlicher“, hat sie die Erfahrung gemacht. Grundsätzlich sei zudem ein Rundlauf besser als Sackgassen. Auch Raumteiler würden zur Vermeidung von Konflikten unter den Pferden beitragen.

Viele Baufehler werden bei den Unterständen gemacht. „Pferde sind Fluchttiere, keine Höhlenbewohner“, betonte Romanazzi. Unterstände sollten daher möglichst breit sein, eine geringe Tiefe haben und möglichst offen gestaltet sein. Während andere auf Stroh als Einstreu schwören, verwendet Romanazzi Grünkompost für den Liegebereich mit einer „Deckschicht“ von 10 bis 15 cm Hackschnitzeln, Spänen oder Miscanthus.

„Wichtig ist, dass alle Pferde liegen können – auch die rangniedrigeren“, betonte die Referentin. Ihrer Ansicht nach sollte mit mindestens 8,5 m2, besser sogar 10 m2/Pferd geplant werden.

Zeitgesteuerte Raufen

Eine wesentliche Frage bei Offenställen ist die Raufuttergabe. Heu ad libitum angeboten ermöglicht den Pferden entspanntes Fressen, birgt aber die Gefahr der Verfettung. Mittels Netzen (oder Gittern) lässt sich die Futteraufnahme zwar begrenzen. Zu starke mechanische Begrenzung (kleine Maschen) kann bei Pferden jedoch ebenfalls Stress erzeugen. Mittel der Wahl in Aktivställen sind zeitgesteuerte Raufen. „Sie ermöglichen eine gute Kontrolle der Futtermenge und eine arbeitssparende Fütterung“, erklärte Romanazzi. Nachteil seien die hohen Investitionskosten. Um Stress zu vermeiden, müssen auch bei diesem System ausreichend Futterplätze vorhanden sein.

Beim Konzept des Paddock Trail führt ein Pfad („Track“) um die Weidefläche herum. Auf dem Track finden die Pferde dann, möglichst verteilt, alles vor, was sie brauchen wie Heu, Wasser und Unterstand. „Verfügbare Fläche lässt sich so optimal ausnutzen und die Pferde sind durch die verteilte Heufütterung ad libitum sehr entspannt, nannte die Fachfrau einige Vorteile. Allerdings sei das System mit einem höheren Aufwand für Fütterung und Mistsammeln verbunden. Und die Einsteller müssen längere Wege in Kauf nehmen, um an ihren Vierbeiner zu gelangen.

Ein Thema für sich: Die Einsteller

Apropos Einsteller: Der Umgang mit ihnen ist nicht immer einfach hat auch Romanazzi die Erfahrung machen müssen. Als Gründe nannte sie die große emotionale Bindung zum Pferd, ein hohes Anspruchsdenken bei gleichzeitig oft wenig Fachkenntnis. Es bestehe jedoch keine Chance, Einsteller umzuerziehen, beispielsweise beim Thema Eindecken. „Und Sie können es als Stallbesitzer auch nicht allen recht machen“, so Romanazzi. „Wichtig ist, dass Regeln eingehalten werden und Sie als Stallbetreiber der Chef bleiben.“ Doch unterlaufene Fehler sollten auch ehrlich zugegeben und eventuelle Probleme offen kommuniziert werden. „Denn ganz oben auf der Wunschliste der Einsteller an den Stallbesitzer steht Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.“