Mit durchschnittlich 200 mm Niederschlag in den Monaten März bis Juni war es in NRW deutlich zu trocken. Das können Waldbesucher den Bäumen „ansehen“. Die Gehölze reagieren auf den Trockenstress mit verringertem Zuwachs, verfärbten Blättern und bereits abgeworfenen und zum Teil unterentwickelten Früchten. Jetzt sind die Bäume besonders gestresst, weil ihr Stoffwechsel auf die Produktion von Fruchtmasse eingestellt ist. Was genau das bedeutet, sagt Martin Rogge, Saatgutexperte der Schwerpunktaufgabe für Waldbau und Forstvermehrungsgut am Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald.
Bäume im Notbetrieb
Bäume versuchen bei Trockenheit Wasser zu sparen und schränken alles ein, was in dieser Vegetationszeit nicht unbedingt lebenswichtig ist – die Gehölze schalten sozusagen auf Notbetrieb, sagt Martin Rogge von Wald und Holz. Dazu zählt auch das Ausreifen von Fruchtanlagen: Manche Arten stoßen ihre Früchte bereits ab.
An anderen Bäumen bleiben sie schwach ausgebildet und wenig keimfähig hängen. Typisches Beispiel ist die Rotbuche, die einen ausgeglichenen Wasserhaushalt benötigt. „Für die Buche wird es kritisch, wenn drei Wochen lang keine nennenswerten Niederschläge fallen“, verdeutlicht Rogge.
Laubfall im Sommer
Neben dem Fruchtabwurf reagieren Bäume zusätzlich mit eingerollten bzw. verfärbten Blättern oder sogar Laubfall auf Wassermangel. Bevor die Blätter abfallen, versuchen die Gehölze, Wasserverluste infolge von Verdunstung einzuschränken, indem sie die Spaltöffnungen ihrer Blätter und Nadeln möglichst stark schließen. Das wiederum kostet „Produktionskraft“ sowohl für den Holz- als auch für den Fruchtzuwachs, erklärt der Saatgutexperte. Außerdem kann die Vitalität abnehmen.
Trotz gleicher Wetterbedingungen sind nicht alle Baumarten gleich stark in ihrer Samenproduktion eingeschränkt. Hier macht sich der Unterschied zwischen früh- und spät fruchtbildenden Arten bemerkbar. Die Salweide und die Ulmenarten hatten ihre Samen schon vor der Trockenperiode ausgebildet, weshalb ihre Fruchtanlagen kaum vom ausbleibenden Niederschlag betroffen sind, sagt Rogge. „Spätfruktifizierende“ Arten, zu denen die Buche zählt, sind in ihrer Fruchtbildung deutlich stärker eingeschränkt. Deshalb kommt es zu baumartbedingten Unterschieden.
Saatgut könnte knapp werden
Doch auch für Buche, Stiel- oder Traubeneiche lässt sich noch kein kompletter Saatgutausfall voraussagen. „Wir stehen im Moment am Scheideweg, ob den Bäumen die vollständige Fruchtreife gelingt“, fasst Rogge zusammen. Niederschläge sind dafür dringend nötig.
Nichtsdestotrotz droht das Saatgut einiger Baumarten knapp zu werden. Denn schon im vergangenen Jahr haben Rogge und seine Kollegen wegen geringer Blüte kaum Bäume beerntet. Ein weiteres Jahr ohne Samenernte wäre besonders für die Versorgung mit Eichensaatgut kritisch. Eicheln sind nur kurze Zeit lagerfähig, weshalb es kaum Vorräte gibt.
Nur wenige Lagerbestände gibt es auch von Douglasiensamen, Herkunft nordwestdeutsches Tiefland – eine stark nachgefragte Herkunft. Weniger kritisch, trotz bereits starkem Ausfall, bewertet Rogge die Versorgung mit Bucheckern. Der Grund: Buchensaatgut ist derzeit kaum nachgefragt.
Bäume reagieren unterschiedlich
Die Samenabreife der Wirtschaftsbaumarten Eiche, Buche, Fichte und Kiefer ist unterschiedlich stark von der Witterung betroffen:
Die Buche trägt in diesem Jahr eine gute Halbmast. Allerdings reagiert die Baumart stark auf Trockenstress, weshalb die Samenabreife deutlich beeinträchtigt ist. Das lässt sich anhand abgeworfener Früchte, offener Fruchtkapseln und hohler Bucheckern beobachten.
Stiel- und Traubeneiche haben ebenfalls einen guten Fruchtansatz. Diese beiden Arten wurzeln aber meist tiefer und erreichen dadurch länger Wasser. Trotzdem stoßen vereinzelt Eichen in großem Umfang ihre Fruchtansätze ab. Hält die Trockenheit an, wäre die herbstliche Eichelernte stark beeinträchtigt.
Die Fichte hat nach kräftiger Blüte meist gut bis sehr gut Zapfen angesetzt. Möglicherweise reifen sie noch aus. Die Qualität der Samenkörner fällt bei Wassermangel aber schlechter aus. Das spiegelt sich in einem hohen Hohlkornanteil, geringer Keimfähigkeit und niedrigem Tausendkorngewicht wider (dem Gewicht von tausend Samenkörnern).
Die Douglasie verträgt Trockenheit besser als die Fichte. Zudem besitzt sie eine kürzere Reifezeit, weshalb sie das derzeitige Wetter weniger stark beeinflusst.
Die Kiefer – besonders Wald- und Schwarzkiefer – ist ganz anders zu beurteilen, weil ihre Samen über zwei Jahre hinweg reifen: Das bedeutet, der Fruchtansatz erfolgt ein Jahr vor der Ernte, die Blütenanlage ein weiteres Jahr zuvor. Zudem sind Kiefern generell toleranter gegenüber Trockenheit. Der Fruchtansatz und die diesjährige Samenernte sind kaum beeinträchtigt.