Nitratbelastung: EU verklagt Deutschland

Wegen Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie hat die Europäische Kommission Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. Deutschland habe es versäumt, strengere Maßnahmen gegen die Gewässerbelastung durch Nitrat zu ergreifen, erklärte die Kommission in Brüssel.

Die Kommission teilte mit, ihr Beschluss folge auf eine von ihr mit Gründen versehene Stellungnahme, die den deutschen Behörden bereits im Juli 2014 übermittelt worden sei. Die von Berlin 2012 übermittelten Zahlen sowie mehrere Berichte deutscher Behörden aus jüngster Zeit zeigten eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich der Ostsee. Trotz dieser Entwicklungen habe Deutschland keine zusätzlichen Maßnahmen getroffen, um die Nitratverunreinigung wirksam zu bekämpfen und seine einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechend den für Nitrat geltenden EU-Vorschriften zu überarbeiten.

Nitratrichtlinie aus dem Jahr 1991

Nach Auffassung der Kommission wird die Verunreinigung der Gewässer durch Nitrat auch im Rahmen der laufenden Überarbeitung des nationalen Aktionsprogramms nicht ausreichend angegangen. Die aus dem Jahr 1991 stammende Nitratrichtlinie habe zum Ziel, die Wasserqualität in Europa zu verbessern, indem die Verunreinigung von Grund- und Oberflächenwasser durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verhindert und der Einsatz beispielhafter landwirtschaftlicher Verfahren gefördert werde.

Die Mitgliedstaaten müssten ihre Gewässer überwachen und geeignete Aktionsprogramme auflegen, um derartige Verunreinigungen zu verhindern und zu verringern, führte die EU-Kommission weiter aus. Die Richtlinie stelle einen wesentlichen Bestandteil der im Jahr 2000 verabschiedeten Wasserrahmenrichtlinie dar und gelte als eines der Schlüsselinstrumente für den Schutz der Gewässer vor Belastungen durch die Landwirtschaft.

Ministerium will "sorgfältig prüfen"

Hinreichend umgesetzt
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat die Bundesregierung aufgefordert, gegenüber dem Europäischen Gerichtshof und der Kommission deutlicher aufzuzeigen, dass mit dem Entwurf der Düngeverordnung die Vorgaben der EU hinreichend umgesetzt worden seien. Die Klage berücksichtige nicht ausreichend die Änderungen der neuen Düngeverordnung, die in Brüssel zur Notifizierung vorliegt. Grundsätzlich zeigte sich der DBV von der Klage überrascht, da „derzeit ein konstruktiver Austausch zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung über den Entwurf für eine neue Düngeverordnung stattfindet“. Jetzt seien die Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt sowie die Länder gefordert, die Novelle der Düngeverordnung und des Düngegesetzes zügig auf den Weg zu bringen. AgE

Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte, die Klagegründe sorgfältig zu prüfen und über weitere Schritte zu entscheiden. Man habe in einer für die Landwirtschaft schwierigen Phase das Düngegesetz auf den Weg gebracht und den Entwurf einer Düngeverordnung abgeschlossen.

Das Ministerium stehe mit den zuständigen Brüsseler Stellen in engem Kontakt. Die noch verbliebenen wenigen Kritikpunkte würden zurzeit geprüft.

Echo aus der Politik

Die SPD sieht sich durch die Brüsseler Entscheidung in ihrer Forderung nach einer weitergehenden Reform des Düngerechts bestätigt. Der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Wilhelm Priesmeier, rief das Bundeslandwirtschaftsministerium und die CDU/CSU dazu auf, „nun endlich bei der Novellierung des Düngerechts einen Gang zuzulegen“. Es dürfe nicht dazu kommen, „dass am Ende die EU-Gerichte vorgeben, was zu tun ist“.

Aus Sicht der SPD führt kein Weg an der Einführung einer flächenbezogenen Hoftorbilanz vorbei. Zudem müssten unsinnige Vorschläge wie die pauschalisierte Anrechenbarkeit von Futterverlusten gestrichen werden, so Priesmeier. Nunmehr müssten alle EU-Vorgaben zu Nitrat, Phosphat und Ammoniak mit einbezogen werde, „damit die Landwirte auch Planungssicherheit erhalten“.

Ohrfeige und "Güllefluten"

Grünen-Fraktionschef Dr. Anton Hofreiter bezeichnete die Klage als „eine Schelle mit Vorankündigung“. Er warf Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vor, seit Monaten auf der Bremse zu stehen und zu verhindern, „dass Güllefluten aus der Massentierhaltung eingedämmt werden können“.

Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff rief Schmidt zum Handeln auf. Noch könne der Minister Strafzahlungen in Millionenhöhe abwenden, indem er die Warnungen der EU-Kommission ernst nehme und ein tragfähiges Düngegesetz und eine neue Düngeverordnung zum Schutz des Grundwassers zur Beschlussfassung auf den Tisch lege. AgE