f3-Scheunengespräch

Netzwerke und Visionen

Ideen teilen, Know-how weitergeben, Inspiration sammeln: Das zweite f3-Scheunengespräch brachte Start-ups, Landwirte und Experten ins Gespräch.

Milchpreisabsicherung über die Börse soll für Landwirte praxisnah werden.“ Diese Vision des Start-up Unternehmens „KUHdo“ stellte Frederik Kamath bei dem zweiten ausverkauften f3-Scheunengesprächen zu dem Thema „Finanzen und Versicherungen“ vor. Mittwoch vergangener Woche diskutierten rund 140 Gründer, Landwirte und Agrarstudenten in Belm, bei Osnabrück, über neue Trends in der Agrarwirtschaft.

Transparenz im Milchmarkt

„Bis 2017 war die Milchwelt in Ordnung, aber seitdem schwanken die Märkte und es gibt keine Datensicherheit mehr für Milchviehbetriebe“, erklärte Frederik Karnath. Er ist gemeinsam mit drei weiteren Personen Gründer von „KUHdo“. Sie wollen mit ihrer 2018 gegründeten Web-App jedem Landwirt den Zugang zur börslichen Milchpreissicherung ermöglichen. Was braucht man für den Zugang? Der Milcherzeuger braucht einen Börsenmakler (nicht KUHdo), um einen generellen Zugang zu erhalten. Als nächstes wird die „KUHdo“ Web-App, eine Website, heruntergeladen. Der Landwirt registriert sich und versucht die Milchpreisbörse zu verstehen. „Erstmal soll der Milcherzeuger nur beobachten und begreifen“, sagte Karnath. Wenn er sich dann an der Börse absichern möchte, kommt „KUHdo“ ins Spiel. Die App verknüpft aktuelle Entwicklungen am Warentermin- und Milchmarkt mit den individuellen Betriebsdaten. „Wir unterstützen durch Bündelung wichtiger Daten, die der Milcherzeuger braucht, um den Milchpreis für seinen Betrieb abzuschätzen.“ Der Landwirt gibt dazu einmalig seine Betriebsdaten bei der Registrierung in die Web-App ein. Er kann dann sehen, ob das Niveau an der Börse zu seinen Produktionskosten passt oder ob seine Vollkosten nicht gedeckt sind. „KUHdo“ verknüpft die Betriebsdaten im 15-Minutentakt mit aktuellen Börsenkursen.

Außerdem bieten die Gründer Landwirten zwei Mal pro Woche einen Marktüberblick mit globalen Informationen. Im Hintergrund läuft bei „KUHdo“ eine Meldefunktion. Sie schickt den Landwirten Erinnerungen, wenn die Kurse gerade extrem steigen. „So verschläft kein Praktiker gute Momente“, versicherte der Gründer.

Interessierte Landwirte können die App drei Monate kostenlos testen, danach kostet sie monatlich 12,50 €.

Fitnesstracker für die Kuh

Mit „dropnostics“ stellte Lars Abraham ein zweites Start-up Unternehmen aus dem Bereich Milchviehhaltung vor. Er hat gemeinsam mit Dr. Michael Breitenstein einen Sensor entwickelt, der den Gesundheitszustand der Milchkuh misst und dem Landwirt hilft ,Krankeiten frühzeitig zu erkennen. Der etwa 10 cm lange Sensor kann, laut Gründer, ohne Probleme für vier Jahre im Pansen der Kuh liegen und gibt direkte Auskunft über die Körpertemperatur, Bewegungsaktivität und Pansengesundheit des Tieres. „Das ist, als würde ein Tierarzt alle 15 Minuten neben der Kuh stehen und sie abhören“, erklärte Abraham. Aus den drei gemessenen Parametern können Aussagen über die Fütterung, Abkalbung und Brunsterkennung getätigt werden. Indirekt gibt der Sensor auch Auskunft über das Trinkverhalten, das Steh- und Liegeverhalten der Kuh. Der Sensor sendet die gemessenen Parameter auf eine Empfängerstation im Stall. Eine Software analysiert die Daten und meldet dem Landwirt Auffälligkeiten.

Schnittstellen schaffen

Für Abraham ist Datenintegration zukünftig ein wichtiges Thema in der Landwirtschaft. „Es muss mehr Schnittstellen und Integration geben, damit Landwirte keine Doppeleingaben machen müssen.“, erklärte der Gründer, und weiter: „Bestehende Systeme müssen sich öffnen . Sensoriklösungen integrieren klappt bei Herdenmanagementprogrammen, aber die Melktechnikanbietern mauern weiter.“

Für den Geschäftsführer von „dropnostics“ sind offene Netzwerke wichtig: „Bereit sein, alles offen zu teilen, gute Ratschläge geben, Leute zusammen bringen, Ideen teilen – das ist Start-up-Karma, das kommt zu einem anderen Zeitpunkt zu einem selber zurück.“

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich: Landwirtschaft und Gründerszene brauchen sich gegenseitig. Mat­thias Schmidt-Rex, Geschäftsführer des Unternehmens „SmartHectar“ brachte es auf den Punkt: „Es geht gar nicht immer um eine finanzielle Beteiligung an Start-ups. Die Landwirte können Know-how und Testflächen beisteuern. Wissen ist auch eine Währung.“ Er skizzierte die globalen Trends, die derzeit Gründungen der Landwirtschaft prägen. So arbeiten viele Start-ups an Ideen in den Bereichen precision farming, smart farming und farm robotics.

Im Hinblick auf den „Brückenschlag zwischen Landwirtschaft und Gründerszene“ appellierte er an die Gründer, ihre Technologien an die Praxis auf den Höfen anzupassen.