Die Neufassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung wird sich mindestens so gravierend auf den Strukturwandel auswirken wie die Einführung der Gruppenhaltung im Wartebereich im Jahr 2013. Damals stiegen mehr als 20 % der Sauenhalter in Westfalen-Lippe aus. Darüber war sich bei der gemeinsamen WLV-Sitzung von Veredlungsausschuss und Arbeitskreis Ferkelerzeugung Präsident Hubertus Beringmeier mit den rund 60 Delegierten einig.
Das kleinere Übel?
Dr. Sylvia Heesen, im Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium für Tierschutz zuständig, verteidigte den Kompromiss, den NRW federführend mit den grünen Länderministerien ausgehandelt hat. Dieser sei allemal besser als die sofortige Umsetzung des Magdeburger Urteils von 2015. Denn danach wären Kastenstände im Deckzentrum sofort verboten. Die Sauenzahl hätte sich innerhalb kürzester Zeit halbiert.
Mit dem Bundesratsbeschluss ist immerhin eine achtjährige Übergangsfrist (plus zwei Jahre für Härtefälle) sicher. Mit der Verabschiedung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ist im Herbst zu rechnen. Bis dahin wolle man Ausführungshinweise zur Verordnung erarbeiten, die die notwendigen Veränderungen in Deckzentrum und Abferkelstall detaillierter beschreiben.
Das zukünftige Deckzentrum
Wie das Deckzentrum künftig gestaltet werden kann, skizzierte Bernhard Feller. Der Bauexperte der Landwirtschaftskammer NRW ist sicher, dass der Umbau ein finanzieller Kraftakt wird – trotz möglicher Förderung in Höhe von 300 Mio. € durch den Bund.
Weiteres Problem: Nach jetzigem Stand bekommen viele Betriebe keine Baugenehmigung. Sonja Friedemann, WLV-Rechtsexpertin, forderte dringend eine Änderung des Baurechts, die Anbauten, Umbauten und Tierwohl-Ersatzbauten möglich macht. Zusätzlich sind Anpassungen beim Immissionsschutz erforderlich, um eine sogenannte Tierwohlverbesserungsgenehmigung zu erhalten.
Am vergangenen Freitag wurde im Bundestag auch das Gesetz zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen beraten. Dieses soll das Baugesetzbuch so ändern, dass verstärkt Tierwohl etabliert werden kann. Der WLV konnte zuvor in einer Anhörung vermitteln, dass die derzeitige Formulierung des Gesetzes nicht ausreicht. Auch Betriebe, deren Genehmigung nach dem 20. September 2013 datiert, müssen privilegiert werden. Das weitere Vorgehen wird sich nun darum drehen, wie genau Tierwohl definiert wird. Hier schließt sich der Kreis zur Borchert-Kommission.
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