Als die ersten Coronafälle auftreten, kommt es zu einem regelrechten Run auf die Freilandeier. „Die Leute wollten auf einmal 100 Eier kaufen“, erzählt Daniel Reicks. Doch auch vorher schon war das Verkaufshäuschen an der Straße nach Ascheberg fast jeden Abend leer. Als sich zwei Monate nach dem Einzug der ersten Hennen abzeichnete, dass dauerhaft mehr Eier nachgefragt werden, war Reicks mit dem Bau eines zweiten Stalles gestartet.
LKW-Unterbau als Basis
Seit 12 Jahren ist Reicks auf dem Hof von Frank Fögeling angestellt, zuerst als Auszubildender. Auch während des Studiums der Landwirtschaft an der Hochschule Osnabrück hat er seine Arbeitskraft weiterhin auf dem Hof eingebracht. Nachdem er seinen Bachelor in der Tasche hatte, ging die Mitarbeit wieder in einen Vollzeitjob über. „Ich mag die praktische Arbeit gerne“, sagt Reicks, dessen Eltern nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben. Jedenfalls bis die Hennen kamen. Seitdem helfen die Eltern und Reicks Bruder auch mal am Wochenende aus.
Auf dem Hof Fögeling werden Milchkühe und an einem zweiten Standort auch Puten gehalten. Für seine Bachelorarbeit hat Reicks eine Wirtschaftlichkeitsanalyse des Betriebes durchgeführt und das Einrichten einer Milchtankstelle sowie eines Mobilstalles für Legehennen geprüft. Das hat ihn schließlich davon überzeugt, selbst Unternehmer zu werden. Mittlerweile betreibt er zwei Mobilställe im Nebenerwerb. „Ohne meinen Chef hätte ich das nicht machen können“, sagt der 30-Jährige. Er ist nicht nur dankbar dafür, dass er die Auslauffläche direkt an der Straße pachten kann. Auch wenn es mal Probleme mit dem Federvieh gibt, weiß er sich immer durch fachkundigen Rat unterstützt.
Der erste Mobilstall ging im März 2019 in Betrieb. Als Unterbau dient ein ausrangierter 24 to-LKW, der ursprünglich Abrollcontainer transportierte. Die Innenmaße des Stalles betragen 7,70 m x 2,55 m bei einer Höhe von 2,25 m. Ausgelegt ist der Stall für 200 Legehennen, Reicks will den Tieren jedoch etwas mehr Platz einräumen. Deshalb hat er nur 170 Lohmann braun Classic-Hennen eingestallt.
Flügeltür zum Mist abziehen
Die Planungen hat Reicks zusammen mit einem Freund durchgeführt, der schließlich auch alle Schweißarbeiten übernahm. Nach nur drei Monaten Bauzeit – abends oder am Wochenende – war der erste Stall bezugsfertig. Die Wände bestehen aus 40 mm starken, isolierten Sandwichplatten. Selbst im Winter sank die Temperatur Reicks zufolge nie unter 10 °C. Die Inneneinrichtung wurde zugekauft und ist zur Reinigung komplett ausbaubar. Der Mist lagert im Stall unter Kotrosten, die in einer Höhe von 70 cm angebracht sind. Am hinteren Ende des Stalles ist eine Flügeltür eingebaut. Zwei- bis dreimal in der Legeperiode fährt Reicks mit einem an den Frontlader angebauten Rechen vor den Stall und zieht damit den Mist ab. Drinnen ist alles übersichtlich angeordnet, es gibt keine Nischen oder uneinsehbare Ecken. „Ich möchte morgens in den Stall kommen und sofort sehen was los ist“, begründet Reicks seine Konstruktion.
Die als Sitzstangen zu nutzenden A-Reuter aus Holz hat er selbst gebaut. Jede Ritze wurde peinlich genau mit Silikon oder Acryl verfüllt, um Vogelmilben keine Unterschlupfmöglichkeit zu bieten. In einem PVC-Rohr befindet sich Tränkwasser für mindestens eine Woche. Um der Keimbildung vorzubeugen, setzt Reicks Säure zu. Für den Hoflader hat er einen Anhänger mit einem Tank gebaut, in dem er das Wasser vom Hof zum Stall transportiert. Vor Ort sorgt dann eine Tauchpumpe für die Überleitung in den Stall. Die Futtertröge werden zweimal in der Woche von Hand befüllt. Am Hof hat Reicks ein 2 to Silo zur Verfügung.
Nester öffnen automatisch
Aktuell geht um 4.30 Uhr das Dämmerungslicht an. Eine Minute später öffnen sich die Einzelnester automatisch. Dafür hat Reicks mit einem Freund lange getüftelt und ein System, das eigentlich für abschließbare Schubladen zum Einsatz kommt, mit einer Zeitschaltuhr versehen. Abends verschließt Reicks die Nester wieder per Hand. Strom für die beiden Ställe stellt Reicks vom Eierhäuschen aus sicher. Bis hierher war das Erdkabel bereits vorher im Zuge der Glasfaseranbindung des Hofes verlegt worden. Morgens um 9.15 Uhr öffnen sich die Auslaufklappen der Mobilställe. Dann können Eierkunden den Hennen direkt hinter dem Verkaufshäuschen beim Scharren und Picken zusehen. Das ist ein Anziehungspunkt. Auf die Dauer will Reicks die Ställe noch mit Werbung versehen, bis jetzt ist er aber noch unschlüssig wie genau diese aussehen soll. Wichtig für eine erfolgreiche Direktvermarktung ist in Reicks Augen zuerst einmal, dass die Kunden die Tiere sehen können und diese auch gut aussehen. „Man muss auch mal Zeit haben für die Kunden“, das hat er auch schon festgestellt. Da kommt es ihm zugute, dass er sowieso den ganzen Tag vor Ort ist. Wert legt Reicks auf eine GVO-freie Fütterung.
Sehr offen ist er in der Kommunikation. So hat Reicks neben dem Verkaufshäuschen einen Glaskasten errichtet. Hier informiert er über die Vorgänge in den Ställen und hängt auch die Ergebnisse der Samonellenproben aus – und das obwohl er mit 340 Hennen nicht zu einer Untersuchtung verpflichtet ist. Seiner Meinung nach müsste diese Untersuchung jedoch für jede Herdengröße gelten, darum führt er sie freiwillig durch. "Ich will den Kunden nichts verheimlichen", sagt er.
Wird auch bezahlt?
Mehrmals am Tag sammelt Reicks die Eier ab und packt sie in 10er Kartons in das Eierhäuschen. Verkauft werden sie unsortiert und ungestempelt für 3,50 € pro Schachtel. Wenn die Temperaturen steigen, wird im Eierhäuschen wieder ein Kühlschrank aufgestellt. Außerdem sind ab Ende Juni auch Kartoffeln erhältlich. Im Verkaufshäuschen befindet sich eine Vertrauenskasse. Dass dies nicht ohne Risiko ist, hat Reicks bereits festgestellt. Dank der Kameraüberwachung konnte er den Diebstahl von Eiern dokumentieren. Dies hat er bereits zur Anzeige gebracht.
Auch für die Althennen versucht Reicks Abnehmer zu finden. 100 Suppenhühner des ersten Durchgangs sind vorbestellt. Sie mussten bereits für die Neueinstallung im März Platz machen und leben bis zur Schlachtung im Mai in einem Altgebäude mit Auslauf. Durchschnittlich zwei Stunden täglich ist Reicks mit seinem Nebenerwerb beschäftigt.