Mundt, die Milchbauern und "mehr Markt"

In das Halbdunkel verbotener Preisabsprachen lässt der neue Jahresbericht des Bundeskartellamtes blicken. Auf der Pressekonferenz überraschte Behördenchef Andreas Mundt mit einer klaren Aussage zugunsten der Milchbauern.

In das Halbdunkel verbotener Preisabsprachen lässt der neue Jahresbericht des Bundeskartellamtes blicken. Auf der Pressekonfernz überraschte Behördenchef Andreas Mundt die Journalisten mit einer klaren Aussage zugunsten der Milchbauern.

Das Bundeskartellamt überprüft derzeit die Lieferbedingungen der Molkereien. Mit diesem Verfahren könne ein mittelfristiger Beitrag geleistet werden, um nach dem Wegfall der Milchquote „mehr Markt“ zu erreichen. Das erklärte der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, vor Journalisten in Bonn im Rahmen der Vorstellung des Jahresberichts 2015. Mundt sieht in dem Verfahren aber kein Instrument, um die Krise am Milchmarkt zu lösen, sondern lediglich "ein Baustein, der mit helfen kann".

Die Auskunftsbeschlüsse seien Ende Mai an die Molkereien geschickt worden; nun warte man auf den Rücklauf, berichtete der Kartellamtspräsident. Er erinnerte daran, dass derzeit der Landwirt in den Lieferbeziehungen das alleinige Risiko trage. Dies sei „eine merkwürdige Regelung“.

Kartelle und Bußgelder

Laut Jahresbericht hat das Bundeskartellamt 2015 in elf Kartellverfahren rund 208 Millionen Euro Bußgelder wegen verbotener Absprachen verhängt. Die Bußgelder verteilen sich auf 45 Unternehmen und 24 Privatpersonen verschiedener Branchen vom Automobilzulieferer über Fertiggaragen- und Matratzenhersteller bis zu Anbieter von Containertransporten. Aus dem Bereich von Landwirtschaft, Forsten und Lebensmittel nennt der Jahresbericht unter anderem diese Themen:

  • Edeka-Tengelmann: Das Bundeskartellamt hat im Frühjahr 2015 den Aufkauf von 451 Kaisers‘s Tengelmann-Filialen durch Edeka untersagt. Die Unternehmen haben sich daraufhin an das Wirtschaftsministerium gewandt. Mit Blick auf die gefährteten 16.000 Arbietsplätze hat Minister Gabriel eine "Ministererlaubnis" für die Fusion erteilt, verbunden mit Auflagen zum Erhalt der Arbeitsplätze.
  • Entflechtung zweier Bio-Molkereien: Ein Entflechtungsverfahren bezog sich auf die Andechser Molkerei Scheitz GmbH und die Bio-Molkerei Söbbeke GmbH. Die beiden Unternehmen waren laut Kartellamt über die französische Großmolkerei Savenica SA miteinander verbunden. Savencia hatte sich 1999 an der Andechs Molkerei beteiligt, 2011 dann Söbbeke übernommen. "Die Freigabe für diese Fusion hat Savencia nur durch unrichtige Angaben im Rahmen des im Jahr 2011 durchgeführten Fusionskontrollverfahrens erlangt", heißt es im Jahresbericht. "Um eine Auflösung des Zusammenschlusses zwischen Savencia und Söbbeke zu vermeiden, hat Savencia angeboten, seine Beteiligung an Andechser aufzugeben." Aufgrund der unrichtigen Angaben wurde ein Bußgeld von 90.000 € verhängt.
  • Absprachen bei Zucker: Gegen die drei großen deutschen Zuckerhersteller Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, Südzucker AG Mannheim/Ochsenfurt und Nordzucker AG verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von rund 280 Mio. € wegen wettbewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen.
  • Rundholzvermarktung: Dem Land Baden-Württemberg untersagte das Bundeskartellamt im Juli 2015 die bisherige Praxis, über den Landesbetrieb "Forst BW" Holz nicht nur aus dem Staatswald, sondern auch das von Kommunal- und Privatwäldern zu vermarkten. Forst BW habe für alle Waldbesitzer die Preise ausgehandelt und durch die Erbringung vermarktungsnaher Dienstleistungen auch die angebotenen Mengen, Qualitäten und Sortimente bestimmt. "Diese weitgehende Kooperation unter Beteiligung des Landes" sei nicht zulässig, befand das Bundeskartellamt im Juli 2015. Eine Beschwerde des Landes Baden-Württemberg gegen das Verbot wird derzeit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt.
  • "Vertikalfall": Unter diesem Stichwort lief ein mehrjähriges Verfahren gegen Hersteller- und Handelsunternehmen wegen verbotener Ladenpreisbindung bei Markenprodukten (Süßwaren, Kaffee, Tiernahrung, Bier, Körperpflegeprodukte). Von 2014 bis 2016 wurden nach Angaben des Bundeskartellamtes Bußgeldbescheide gegen neun Handelsunternehmen und -unternehmensgruppen und vier Markenherstellern in Höhe von 242 Mio. € erlassen, davon allein 2015 Bußgeldbescheide in Höhe von 103,2 Mio. €. Den Anstoß zum "Vertikalfall" hatten Hinweise aus früheren Kartellverfahren im Handel mit Kaffee und Süßwaren gegeben. Den Hinweisen waren 2010 Ermittlungen und Durchsuchungen an 15 Standorten gefolgt. Str. /AgE