Dauerhaft hohe Milchpreise weit über dem Durchschnitt – welcher Milchviehhalter wünscht sich das nicht? Der Milchpreis eines einzelnen Jahres ist wenig aussagekräftig. Viel entscheidender ist die Leistungsfähigkeit eines Milchwerkes über mehrere Jahre. Aus diesem Grund betrachten wir in unserem Vergleich nicht nur das zurückliegende Milchjahr, sondern lassen die Milchpreise der vergangenen fünf Jahre Revue passieren.
Den aktuellen Wochenblatt-Milchpreisvergleich können Sie hier nachlesen.
Wie gehen wir vor?
Fest steht: Ein Vergleich der absoluten Zahlen würde zu Verwirrung führen, weil das Preisniveau von Jahr zu Jahr schwankt –manchmal sogar erheblich. Deshalb setzen wir jede einzelne Preiseingabe der vergangenen fünf Jahre (2015 bis 2019) zum jeweiligen Mittelwert ins Verhältnis.
Ein Beispiel: Die Lieferanten der Moers Frischeprodukte GmbH erhielten im aktuellen Vergleich bei einer Jahresliefermenge von 800.000 kg für ihre Milch 33,96 Cent/kg. Der Durchschnittswert für 2019 für diese Größenklasse betrug genau 33,19 Cent/kg. So errechnet sich für diesen Musterbetrieb eine positive Abweichung von 0,77 Cent/kg. Dabei sind alle Staffel- und Qualitätszuschläge sowie bereits bekannte Nachzahlungen eingearbeitet. Sind die Abweichungen berechnet, erstellen wir für jedes Unternehmen und jede Liefermengenklasse ein eigenes Schaubild. Diese Grafiken können Sie hier herunterladen:
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Viele bunte Linien
Dabei verraten die Linien viel über die Leistung der Milchwerke. In jeder Übersicht repräsentiert die waagerechte Linie den gleitenden Mittelwert. Die Ausrichtung der jeweiligen Preiskurven zeigt an, ob ein Lieferant mehr oder weniger als den mittleren Erlös erhalten hat. Bei auszahlungsstarken Unternehmen, die überdurchschnittliche Milchgelder bezahlen, siedeln sich die Linien weiter oberhalb der sogenannten Nullmarke an. Bei schwächeren Molkereien sind dagegen die Linien unterhalb der Marke. Die verschiedenen Jahresmilchliefermengen sind durch unterschiedliche Linienfarben gekennzeichnet.
Ein Hinweis noch zur Skalierung: Bei FrieslandCampina mussten wir die Skalierung der Grafik anpassen (–3 bis +7 Cent). Ohne dies hätten wir die besonders großen positiven Abweichungen nicht darstellen können. Bei den restlichen Molkereien reicht die Spreizung von –3 bis +3 Cent aus.
Bei der eigentlichen Interpretation der Schaubilder ist die Richtung der Linie ausschlaggebend für den „Erfolg“ oder „Misserfolg“ eines Milchwerkes. Auf anschauliche Weise wird so das Leistungsniveau einer Molkerei beschrieben. Am liebsten sehen Landwirte, wenn sich die Linien ihres Milchverarbeiters sowohl im oberen Segment befinden als auch von links nach rechts steigend. Dies wäre ein Indiz dafür, dass sich die Leistung im Laufe der Jahre relativ immer weiter verbessert. Gutes Beispiel hierfür: Paul Mertens.
Sieht es eher nach Sinkflug aus, hat sich die Situation verschlechtert, wie bei Petri: Die aktuellen Abweichungen liegen weit unter denen von vor fünf Jahren. Beim DMK hatten Mitglieder nach dem „Hoch“ 2017 gehofft, dass sich die Linien weiter oberhalb der Nullmarke ansiedeln und dort bleiben. Stattdessen zeigt die Kurve aktuell jedoch wieder nach unten.
Wie anfänglich beschrieben, sagt der Milchpreis eines Jahres nur wenig aus. Manchmal sind es Einflüsse bestimmter Marktsegmente, die den Milchpreis in einem Jahr stärker treffen als in anderen. Das Schaubild von Hochwald verdeutlicht diesen Effekt. Nach dem „Tief“ 2017 konnte sich die Genossenschaft im Folgejahr wieder von der damaligen Schwächephase prima erholen. Trotzdem sind solche Achterbahn-Kurven nichts für schwache Nerven. Solange es sich wie bei Hochwald lediglich um ein Jahr handelt, lässt es sich irgendwie aushalten. Um einen Dauerzustand sollte es sich dabei allerdings nicht handeln.
Ein Blick auf die Abstände der einzelnen Linien in den Schaubildern gibt Auskunft über die Skaleneffekte von Mengenstaffeln oder anderen Kostenblöcken. Hohe monatliche Kosten haben in der Regel einen starken negativen Einfluss bei Betrieben mit geringer Jahresmilchmenge. Deutlich zeigt sich das bei FrieslandCampina. Hier liegt der 300 000-kg-Lieferant (rote Linie) deutlich unter denen für die anderen Größenklassen. Bei anderen Milchwerken sind die einzelnen Linien kaum auseinanderzuhalten. Bei Wiegert oder der Moers Frischeprodukte GmbH ist dies der Fall. Beide Unternehmen haben keine ausgeprägte Staffelbezahlung – zumindest nicht für die Beispielsbetriebe in unserem Vergleich.
Rückblick, der sich lohnt
Jedem Diagramm haben wir eine kurze Überschrift gegeben. Diese kann als Erläuterung oder als Denkanstoß betrachtet werden. Welche Ursachen hinter den Spitzen und Tälern stecken, lässt sich nicht immer klar sagen. Wie bereits am Beispiel Hochwald erläutert, können es einmalige Auswirkungen eines Jahres sein. Gleiches gilt für positive Sondereffekte: So konnte Wagenfeld 2017 zum Beispiel nach einer langen Durststrecke wieder überdurchschnittlich bezahlen. Damals waren Butterfette gefragt. Davon profitierte der Butterspezialist. Und seine Lieferanten ebenfalls. Ein Jahr später sah es dann schon wieder anders aus.
Die Schaubilder liefern einen Rückblick, der sich lohnt. Ohne viel Aufwand lassen sich schnell Tendenzen und Richtungen erkennen. Eine Rangierung der Molkereien mittels der Fünf-Jahres-Abweichungen zeigt die Übersicht „Fünf Jahre im Vergleich“ ganz am Ende des Schwerpunktes. Hier trennt sich noch mal deutlich die Spreu vom Weizen.
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