Violett blühende Mohnfelder verzaubern gerade die Landschaft im lippischen Kalletal. Die Blüten der Pflanzen öffnenen sich nur etwa zwei Tage, dann fallen die Blüten von den Kapseln, die danach bis August weiter reifen.
Die Blüte war Anlass für einen Pressetermin. Bürgermeister Mario Hecker, Landrat Dr. Axel Lehmann sowie Sabine und Werner Klemme informierten am Ortsrand von Dalbke über das Projekt, das die Gemeinde und der Kreis als Teil ihrer Nachhaltigkeits- bzw. Biodiversitätsstrategie sehen.
Zwei Betriebsstandorte
Familie Klemme bewirtschaftet einen Ackerbaubetrieb, etwa 430 ha, mit zwei Standorten. Der Hauptbetrieb mit den denkmalgeschützten Gebäuden und Hofladen befindet sich in Dalbke. Im Hofladen bietet die Familie Eier, Schlachtgeflügel, Wurst und Eintöpfe an. Ihre zweite Hofstelle liegt in Niedersachsen, Landkreis Schaumburg. Nach dem frühen Tod seines Vaters dachte sein Sohn Werner, der in Göttingen Agrarwirtschaft studiert hat, über Alternativen zum Anbau von Getreide, Raps, Mais und Zuckerrüben nach.
Warum baute der heute 31-Jährige dann 2019 erstmals Mohn an? Nun, er hatte Fachliteratur und den Markt studiert. Klemme: „Der in Deutschland für Backwaren benötigte Mohn wird zu fast 99 % aus Österreich, Tschechien und der Türkei importiert. Seit Anfang der 1990er Jahre dürfen in Deutschland wieder spezielle Sorten angebaut werden, die keine Morphine, also Rauschmittel, enthalten.“
Da müsste doch was zu machen sein, dachte Klemme, der wie sein Vater sehr experimentierfreudig ist. Zumal die bindigen Lehmböden im Kalletal für den Mohnanbau gut geeignet erschienen.
Doch der Dipl.-Landwirt hatte den bürokratischen und sonstigen Aufwand unterschätzt. Zunächst einmal benötigte er eine Anbauerlaubnis der Bundesopiumstelle in Bonn.
Aussaat, Pflege und Ernte ähneln stark dem Rapsanbau. Mit einem Unterschied: Der Mohn gedeiht auch mit wenig Pflanzenschutz gut, wenn Witterung und Bodenverhältnisse passen.
Winter- und Sommermohn
Klemme bezieht sein Saatgut aus Österreich. Es gibt Winter- und Sommermohn. Der Wintermohn wird im September gesät, ist aber sehr frostempfindlich. Der Sommermohn ab Mitte März, wenn der Boden abgetrocknet ist. Pro ha reichen 700 bis 800 Gramm Saatgut. Klemme: „Der Mohn ist sehr fruchtbar. Eine Pflanze produziert bis zu 8000 Körner.“
Im August werden die getrockneten Kapseln geerntet, wobei spezielle Siebe im Mähdrescher eingebaut sind. Je nach Bestand und Witterung bringt ein Hektar etwa 400 bis 1000 kg Ertrag. Sofort nach dem Drusch muss das Erntegut von Unkrautsamen befreit (gereinigt) werden, damit der Mohn seinen typischen Geruch behält.
Schwierige Vermarktung
Der schwierigste Teil beim Mohnanbau ist jedoch die Vermarktung. Die Klemmes verkaufen ihre Körner derzeit im Hofladen für Backmischungen. Sie möchten sich zudem eine Mohnmühle anschaffen, um hochwertiges Speiseöl und gequetschte Körner anbieten zu können. Mittelfristig aber denken die Klemmes daran, den Mohn als regionale Frucht an Bäckereien und Konditoreien zu vermarkten. Dafür hat der 31-jährige bereits Berufskollegen als Mitstreiter gefunden. „Wenn wir gemeinsam den Mohn anbauen, aufbereiten und als regionale Markte etablieren, können wir dem Handel bestimmte Mengen zu hoffentlich attraktiven Preisen anbieten.“
In diesem Jahr baut Klemme 15 ha Mohn auf verschiedenen Schlägen im Kalletal an. Im Frühjahr sind einige Bestände wegen der Trockenheit schlecht aufgelaufen. Jetzt jedoch präsentieren sich die Flächen recht passabel, Klemme rechnet mit Erträgen von 600 bis 800 kg/ha. „Damit kommen wir im Schnitt auf Deckungsbeiträge wie im Getreideanbau.“
Der Anbau wird erst dann richtig Spaß machen, betont der Jungunternehmer, wenn wir den Mohn als regionale Spezialität vermarkten können. Höhere Preise für ihre Produkte erzielen bekanntlich die Biobauern. Deshalb wollen die Klemmes zumindest ihren Betrieb in Dalbke ab 2021 von konventionell auf Bio umstellen.
Name als Marke geschützt
Den Namen für ihr Produkt „Teutomohn - natürlich aus Lippe“ haben sich die Klemmes bereits als Marke schützen lassen. Rückenwind erhofft sich die Familie von der Gemeinde Kalletal, dem Kreis Lippe sowie dem Naturpark Teutoburger Wald/Eggegebirge, die alle für das werben, was die Familie aus Dalbke jetzt so beherzt und mit erheblichen Risiko umsetzt. Bürgermeister Mario Hecker: “Wir finden die Initiative der Familie ganz toll. Die Mohnfelder bereichern die Landschaft und machen unsere Region für Touristen und Radler noch attraktiver.“
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