Mit Herz und Hahn

Wohin mit den männlichen Eintagsküken? Diese Frage bewegt zurzeit die Gemüter. Auf dem Bauck-Hof in Uelzen in der Lüneburger Heide wird pro eingestallter Legehenne ein Geschwisterhahn aus demselben Schlupf aufgezogen. Das Hahnenfleisch wird als Spezialität vermarktet.

Carsten Bauck ist ein Vordenker. Mit seinem Bruderhahn-Projekt hat der Biolandwirt aus dem niedersächsischen Uelzen gerade die ganze Geflügelszene aufgerüttelt. Pro eingestallte Legehenne zieht Bauck einen Geschwisterhahn aus demselben Schlupf auf. Das Projekt läuft und trägt sich finanziell, vor allem dank transparenter Produktion und reger Öffentlichkeitsarbeit.

Kritiker wenden ein, dass dies keine Lösung für alle sein kann. „Wir bedienen eine Nische in der Nische“, sagt auch Bauck. Er will die Bedenkenträger nicht bekehren, sondern vielmehr ein Statement setzen und damit Druck aufbauen. Bauck liegt am Herzen, dass das Töten der Hahnenküken der Legehennenlinien möglichst bald der Vergangenheit angehört.

Viel Platz für die Hähne

Die Bruderhähne auf dem Bauckhof leben unter einem festen Dach. „Sie brauchen sehr viel Raum“, das hat der staatlich geprüfte Landwirt inzwischen festgestellt. Angrenzend an den Rinderstall haben die Hähne ihr luftiges Areal in einer überdachten Halle. Durch ein großes Tor gelangen die Hähne nach draußen, dort stehen etwa 10 m2 pro Tier zur Verfügung.

„Die Tiere sind testosterongeschwängert“, sagt Bauck im Hinblick auf die Kämpfe untereinander, die immer wieder zu beobachten sind, aber nicht dramatisch auffallen. Fünf Monate zieht Bauck die Hähne auf, sie werden damit doppelt so alt wie seine Hähnchen, weisen zum Schlachtzeitpunkt aber etwa das gleiche Gewicht auf. In den ersten acht Wochen erhalten die Tiere Junghennenfutter, danach etwas energie- und eiweißärmeres Mastfutter als die Hähnchen. Die Futterverwertung beträgt etwa 5,5 : 1. Der Schlachtkörper weist mit 150 g Brust noch nicht einmal die Hälfte der eines Masthähnchens auf.

Mehrpreis für Eier finanziert Aufzucht der Hähne

Auch wenn die Aufzucht ungleich teurer ist als die der Hähnchen, verkauft Bauck die Hähne zum gleichen Preis. Das funktioniert deshalb, weil die Hennen ihre Brüder subventionieren. 4 Cent je Ei mehr bezahlt der Käufer eines Eies vom Bauckhof. Gerechnet auf 250 vermarktungsfähige Eier pro Jahr erzielt Bauck damit 10 €, die die Aufzucht der Hähne ermöglichen.

Das Logo der Bruderhahn-Initiative, an der sich mittlerweile 17 weitere Betriebe deutschlandweit beteiligen, prangt auf jeder Eierpackung. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Kunden wissen, was wir tun“, sagt Bauck. Er stellt fest, dass Kunden inzwischen mehr Geld für Ethik ausgeben als für die ökologische Erzeugung.

Gefragte Spezialität

Mancher bezweifelt, dass das Fleisch der Hähne überhaupt Abnehmer findet. Doch Bauck beweist, dass es geht. Das liegt vor allem an seinen intensiven Bemühungen um die Vermarktung. Zu den Abnehmern zählen Bioläden von Frankfurt bis Hamburg ebenso wie exklusive Lokale. "Wir liefern dahin, wo wir Spitzenpreise bekommen können", sagt Bauck und ergänzt: "Wir sind in der luxuriösen Situation, dass wir einen Nachfrageüberhang haben." Birgit Waterloh

Mehr über Carsten Bauck und seinen unkonventionellen Demeter-Betrieb lesen Sie in Wochenblatt-Folge 26/2014.