Phil Hogan und die Europäische Kommission haben etwas richtig gemacht: Das freiwillige Mengenreduktionsprogramm für Milcherzeuger hat Wirkung gezeigt und den Milchmarkt deutlich stabilisiert. Davon ist jedenfalls der Vorstand des European Milk Board (EMB) überzeugt. Am Donnerstag der vergangenen Woche stellte die Milchbauernorganisation in Berlin ihre Analyse der jüngeren Milchmarkthistorie vor.
Intervention bringt nichts
EMB-Präsident Romuald Schaber, der auch Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter ist, betonte in seinem Kurzreferat, dass nach seiner Überzeugung weder die private Lagerhaltung noch die staatlich geregelte Übernahme von überzähligen Milchprodukten einen wirklich positiven Effekt hat. Im Gegenteil: Aktuell liegen weit mehr als 300 000 t Magermilchpulver wie Blei in den Lägern der EU und sind praktisch unverkäuflich. Die eingelagerten Mengen verhindern jegliche Preiserholung auf dem freien Markt für Milchpulver. Die eingesetzten finanziellen Mittel verpuffen.
Das Mengenreduktionsprogramm der EU – auf freiwilliger Basis in der zweiten Jahreshälfte 2016 gestartet – hat dagegen funktioniert. Schabers Vorstandskollege Roberto Cavaliere aus Italien erklärte, dass sich rund 3 % aller EU-Milchviehhalter daran beteiligt und ihre Milchproduktion um gut 830 Mio. kg verringert haben. Das entspricht etwa 2 % der Vorjahreserzeugung. Auf Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande entfiel zusammen mehr als die Hälfte der Gesamtreduktion. Für die nicht erzeugte Milch erhielten die Bauern 14 Cent/kg als Kompensation. Insgesamt hat die EU dafür gut 110 Mio. € aufgewendet.
Ursache und Wirkung?
Die EMB-Führung geht davon aus, dass die Erholung der Milchpreise Ende 2016 und während des Jahres 2017 zu einem wesentlichen Teil auf die Verringerung der Milchmenge infolge des EU-Programms zustande gekommen ist. Besonders wichtig sei, dass mit einer vergleichsweise kleinen Minderung der Erzeugung ein starker Preiseffekt ausgelöst wurde.
Tatsächlich hat sich die Milchanlieferung 2016 sehr unterschiedlich entwickelt. Während die Produktion im ersten Halbjahr EU-weit noch expansiv war, lag die Anlieferung in der zweiten Jahreshälfte unter dem Vorjahreswert, zum Teil sehr deutlich. Parallel dazu begann die Erholung der Milchpreise.
Unklar ist, welchen Anteil das „14-Cent-Programm“ der EU daran hatte. Denn wegen der extrem niedrigen Milchpreise haben viele Landwirte ohnehin mehr oder weniger freiwillig ihre Erzeugung gebremst, aus rein wirtschaftlichen Gründen. Ursache und Wirkung sind nicht eindeutig zu ermitteln.
Politik ist gefordert
Für Romuald Schaber und seine EMB-Kollegen ist trotzdem klar: Die Politik muss helfend eingreifen, das heißt mengensteuernd und am besten europaweit koordiniert. Der Branche selbst, sprich den Molkereien, darf dieses Feld nicht überlassen werden, schon weil die Position der Milcherzeuger in der Wertschöpfungskette so sehr schwach ist und Molkereilösungen nur Insellösungen darstellen.
Wie schon seit Jahren empfiehlt das EMB deshalb die Installation eines „Marktverantwortungsprogramms“, das administrative Eingriffe erlaubt und freiwilligen Lieferverzicht belohnt, wenn die Erzeugerpreise gewisse Schwellenwerte unterschreiten. ri