Kreisverbandstag Borken

Landwirtschaft: Was macht Mut in Zeiten der Krise?

Bäuerinnen und Bauern im Kreis Borken wollen sich von den Medien nicht treiben lassen, sondern ihre Zukunft selbst mitgestalten. Beim Kreisverbandstag in Ahaus gab es Denkanstöße für eine bessere Öffentlichkeitsarbeit.

Schon bei Ankunft in der noblen Ahauser Stadthalle war Nachdenken gefragt: Die Teilnehmer mussten an einer Pinnwand aufschreiben, was Ihnen „Mut in Zeiten der Krise“ macht: Kinder, Gesundheit, bessere Preise, muntere Tiere, gute Stimmung in der Familie, Einigkeit im Berufsstand und „meine lächelnde Ehefrau“ stand da zu lesen. Die Antworten überraschten die etwa 400 Besucher des Kreisverbandstages insofern, weil das persönliche Glück und die Zufriedenheit in der Familie im Mittelpunkt standen – weniger die gefühlte, oft sehr einseitige Berichterstattung in den überregionalen Medien.

Drei Ideen: Frag' den Landwirt, Kobe-Rinderhalter und Erklärbäuerin

Drei Männer und zwei Frauen griffen auf dem Podium die Gedanken des Publikums auf und stellten ihre Projekte und Aktivitäten vor:

  • Kathrin und Peter Seeger aus Groß-Umstadt bewirtschaften mit 400 ha LN, 800 Zuchtsauen und 2800 Mastplätzen den wahrscheinlich größten Schweinebetrieb in Hessen. Beide üben zahlreiche Ehrenämter aus. Die 45-jährige Kathrin ist Mit­initiatorin des SchweineMobils in Hessen sowie des Social-Media-­Projekts „Frag den Landwirt!“. Die Seegers präsentieren ihren Betrieb auf einer eigenen Homepage und bei Facebook. Peter Seeger hat von 1998 bis 2000 die HöLa in Borken besucht. Seine Kernaussage: „Wir können und wollen nicht die Aktivisten von Greenpeace überzeugen. Wir sprechen die schweigende Masse an, die über 90 % der Bevölkerung ausmacht. Denen sagen wir: ,Hey, den Tieren in unseren Ställen geht es prima. Ihr könnt mit gutem Gewissen unser Fleisch kaufen.‘“
  • Silke und Hubert Bengfort aus Vreden bewirtschaften einen konventionellen Milchviehbetrieb mit 180 Kühen (zwei Roboter) in der Berkel­aue. Seit 2013 züchten die Eheleute die seltenen Wagyus (auch Kobe-Rinder genannt). Ihre kleine Herde umfasst heute etwa 20 Tiere. Die Wagyus wachsen nur halb so schnell wie normale Rinder, dafür erzielt ihr Fleisch Spitzenpreise bei Gourmets. Hubert Bengfort: „Wir sind jetzt bei der dritten Schlachtung und das Fleisch ist fast weg. Unser Mut, in eine Nische einzusteigen, hat sich bislang gelohnt.“
  • Annika Ahlers aus Münster macht als „Erklärbäuerin“ im Internet Furore. Etwa 10  000 Menschen verfolgen die Einträge der Bloggerin. Sie sagt: „Die Leute in der Stadt wissen oft sehr wenig, was die Landwirte in ihren Ställen oder auf dem Acker tun.“

Hohe Kosten der Gülleverbringung

Wegen der Trockenheit 2018 seien die meisten Betriebe mit einem blauen Auge davongekommen, aber nicht alle, so der Kreisvorsitzende Schulze Beiering. Mehr Landwirte als sonst würden vorzeitig aussteigen, weil sie die hohen Kosten der Gülleverbringung nicht mehr zahlen wollten, keine neue Silos mehr bauen oder die ständig steigenden Auflagen der Vermarkter (etwa GVO-freies Soja) nicht mehr mitmachen wollten. Ärger gibt es zurzeit in Legden. Dort benötigt der Gasversorger Open Grid nochmals bis zu 6 ha für eine Verdichterstation. Erst im Nachlauf zum Leitungsbau plant der Versorger die Station, ein Unding, wie auch Landrat Dr. Kai Zwicker betonte.

Schulze Beiering dazu: „Beim gesamten Leitungsbau muss etwas passieren. Ausgleichsleistungen für Ökoleitungen sind ein Unding. Zudem muss der Gesetzgeber endlich bestimmen, dass die Versorger wiederkehrende Geldzahlungen an die Grundbesitzer leisten müssen.“Armin Asbrand

Gut gesagt

„Die Jungen sagen: Heimat ist da, wo ich Netz habe.“
Ludger Schulze Beiering

„Der Wolf kann nicht überall in Deutschland frei rumlaufen.“
Ludger Schulze Beiering

„Die finanziellen Schieflagen im Kreis nehmen zu. Deshalb leider auch unsere Sanierungsberatung.“
Kreisgeschäftsführer Jörg Sümpelmann

„Warum haben Sie noch keine Homepage? Ich google doch auch jeden Handwerker, den ich beauftrage.“
Kathrin Seeger aus Groß-Umstadt, Hessen