Land schafft Verbindung

Landwirte demonstrieren am Brandenburger Tor in Berlin

Rund 8600 Traktoren und tausende Landwirte sorgten am Dienstag für Aufsehen in Berlin. Bei einer Großdemonstration am Brandenburger Tor brachten Bauern aus ganz Deutschland ihre Kritik, aber auch Sorgen und Nöte zum Ausdruck.

Traktoren auf beiden Seiten des Brandenburger Tores und mehrreihig bis zur gut 2 km entfernten Siegessäule – Landwirte aus ganz Deutschland, laut Polizeiangaben rund 15.000 Teilnehmer, brachten bei einer Großdemonstration in Berlin am Dienstag dieser Woche ihren Unmut zum Ausdruck. Die Kritik richtete sich unter anderem gegen das Agrarpaket der Bundesregierung und die ausufernde Bürokratie. Der Protest der Landwirte unter dem Motto „Land schafft Verbindung“ zielte aber auch darauf ab, wieder mehr Gehör sowie Verständnis und Anerkennung für ihre Arbeit zu erhalten.

Kurzauftritt von Umweltministerin Schulze

Sowohl Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner als auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatten ihr Kommen zugesagt. Letztere hielt aber dem Druck der Massen nicht stand und verließ bereits nach gut drei Minuten wieder die Bühne. Dabei hatte sie in ihrer Rede noch betont, dass man im Dialog sei. „Wir brauchen aber sauberes Wasser und müssen uns darum kümmern, dass es auch in Zukunft noch Insekten gibt. Dafür brauchen wir klare Regeln“, so Schulze.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze. (Bildquelle: Petercord)

Daraufhin platzte einem Landwirt aus Niedersachsen der Kragen und ergriff das Wort: „Wir stehen mit dem Rücken an der Wand und haben die Schnauze voll von dieser ideologischen Politik.“ Als Reaktion verwies die Ministerin darauf, dass jeder Deutsche jährlich 114 € für die Agrarpolitik zahle. Dem daraufhin ertönenden Pfeif- und Hupkonzert hielt Schulze nicht stand und verließ mit den Worten „Sie müssen mir nicht zuhören, aber ich habe es Ihnen wenigstens gesagt“, die Bühne. „Wir kommentieren das nicht“, so Dirk Andresen vom Organisationsteam der Demo, „nur so viel: Wir haben zu Tisch gebeten und das hat nicht geklappt.“

Klöckner: Landwirtschaft und Gesellschaft zusammenbringen

Keinen leichten Stand hatte auch Landwirtschaftministerin Klöckner. Sie unterstrich aber die Bedeutung der Demonstration. „Es ist wichtig, dass Sie da sind“, sagte sie an die Landwirte gewandt. Dadurch würden die Medien endlich breit und auch angemessen über die Landwirtschaft berichten.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. (Bildquelle: Petercord)

Wichtig sei es, die Landwirtschaft und die Gesellschaft wieder zusammen zu bringen. Dazu soll bereits am 2. Dezember ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit 40 Verbänden stattfinden.

Klöckner kündigte zudem ein nationales Dialogforum an. „Wir gehen damit durch Deutschland.“ Der Auftakt soll nach Angaben der Ministerin am 21. Januar im Rahmen der „Grünen Woche“ in Berlin stattfinden. Des Weiteren ist laut Klöckner wichtig, wieder eine „Wertschätzungskampagne“ ähnlich der früheren CMA zu installieren. „Das werde ich Ihnen aber nicht überstülpen. Das muss aus Ihrer Mitte kommen“, betonte die Ministerin. Aufhorchen ließ eine Randbemerkung Klöckners zu dem Zielkonflikt Tierschutz contra Umweltschutz im Rahmen der Tierhaltung: „Im Zweifel mehr Tierschutz, dann muss der Emissionsschutz hinten anstehen.“

Zukunft von Höfen in Frage gestellt

Zu den Rednern auf der Bühne gehörte auch Bettina Hueske aus Südlohn, Kreis Borken. Die Zukunft landwirtschaftlicher Betriebe sei keine Feststellung mehr, sondern zur Frage geworden, brachte die Junglandwirtin die Situation auf vielen Höfen eindrucksvoll auf den Punkt. „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sich gefühlt im jährlichen Turnus. Wir benötigen aber Verlässlichkeit“, unterstrich die Milchviehhalterin. „Und wir wünschen uns die Wertschätzung für unsere Arbeit und unsere Produkte zurück“, so Hueske. Den Auftritt von Svenja Schulze kommentierte die Junglandwirtin wie folgt: „Erneut ducken Sie sich weg. Ihr Auftritt hat nichts mit Respekt und Dialogbereitschaft zu tun.“

Pferdehalterin Victoria Groß aus Mecklenburg-Vorpommern wies auf die Problematik Wolf hin. „Die Übergriffe auf Pferde nehmen zu“, so die junge Frau. „Der Zeitpunkt ist verpasst worden zu erkennen, dass der Wolf ein Problem werden kann. Jetzt ist er es“, so Groß. Sie forderte die Landwirte auf: „Macht weiter so, wir Pferdehalter brauchen Euch.“

Neben den Landwirten dankte Mitorganisatorin Johanna Madelkow am Ende der Veranstaltung insbesondere der Berliner Polizei. „Ihr habt einen großartigen Job gemacht.“

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