Landwirt zahlt 86.000 € Einspeisevergütung zurück

Weil Familie K. ab 2012 keinen Funkrundsteuerempfänger und kein Leistungsmessgerät in ihre PV-Anlagen einbauen ließen, forderte die Avacon Netz GmbH 130.000 € zurück.

Friedrich K. und seine Söhne fühlen sich von Avacon getäuscht und über den Tisch gezogen. „Der Netzbetreiber hat uns 2012 nicht über die Nachrüstpflicht informiert. Und jetzt lässt man uns und vermutlich viele weitere Landwirte richtig ins Messer laufen“, klagt der Landwirt.

Das juristische Nachspiel fand am 11. Juni vor dem Landgericht (LG) Osnabrück statt. Die Parteien verständigten sich auf einen Vergleich. Danach muss Familie K. statt der geforderten 130.000 € „nur“ noch 86.000 € (brutto) an die Klägerin, die Avacon Netz GmbH mit Sitz in Helmstedt, zahlen.

Hof im Osten gekauft

Friedrich K. bewirtschaftet im Emsland einen Hof mit Hähnchen- und Schweinemast. Vor Jahren hatte sich die Familie einen Betrieb im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt gekauft. Auf den Hofgebäuden (zwei getrennte Flurstücke) ließen sie zwei PV-Anlagen installieren; die erste mit 32 kW Leistung läuft auf den Namen des Vaters, die zweite Anlage (99,4 kW) betreibt eine GbR; Gesellschafter sind Friedrich K. und seine zwei Söhne.

Beide Anlagen gingen am 19. Dezember 2011 in Betrieb. Die Planung und technische Ausstattung (Messkonzept) wurde damals mit dem Stromnetzbetreiber abgestimmt, erinnert sich Friedrich K. In den folgenden Jahren zahlte der Netzbetreiber der Familie die im Einspeisegesetz (EEG) festgelegte Vergütung. „Wir haben den Strom auf unseren Dächern erzeugt, er wurde gemessen, ins Netz eingespeist und an anderen Orten verbraucht“, sagt der Landwirt.

Rückforderungsbescheid

Der „Hammer“ kam vor geraumer Zeit in Form eines Rückforderungsbescheides der Avacon ­GmbH. Familie K. hätte ab Januar 2012 einen Funkrundsteuerempfänger (FRE) und zusätzlich das Leistungsmessgerät RLM in ihre PV-Anlagen einbauen müssen. Beide Anlagen bildeten eine Einheit, zusammen würden sie die im neuen EEG 2012 festgesetzte Grenze von 100 kW überschreiten (32 kW + 99,4 kW). Somit entfalle der Anspruch auf die EEG-Vergütung. Insgesamt 130.000 € sollte Friedrich K. für 2015, 2016 und 2017 zurückzahlen. Die Jahre 2012 bis 2014 seien bereits verjährt, teilte der Netzbetreiber mit.

Die Eheleute K. und ihre Söhne waren wütend. „Warum hat uns Avacon damals nicht auf die Einbaupflicht hingewiesen?“ Die Familie schaltete Rechtsanwältin Dr. Franziska Lietz von der Kanzlei Ritter Gent Collegen in Hannover ein. Auf die Zahlungsklage des Netzbetreibers reagierte Familie K. mit einer Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch. Die Avacon Netz GmbH habe ihre vertraglichen Pflichten verletzt, weil sie wiederholt unzutreffende Auskünfte gegeben sowie ausdrücklich lediglich den Einbau eines FRE, nicht aber eines RLM verlangt hätte, argumentierte die Rechts­anwältin für Energiewirtschaftsrecht. Zudem habe es hinsichtlich des FRE-Gerätes erhebliche Verzögerungen gegeben, für die allein der Netzbetreiber verantwortlich gewesen sei.

Als das Einspeisegesetz 2012 in Kraft trat, hätten Sie sich als Betreiber der PV-Anlagen über die Einbaupflicht der Geräte informieren müssen." (Richterin am Landgericht Osnabrück)

Doch in der Güteverhandlung vor dem Landgericht Osnabrück ließ die Richterin keinen Zweifel, dass der Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers zumindest für den Zeitraum von Januar 2012 bis August 2016 rechtmäßig sein dürfte. „Als das Einspeisegesetz 2012 in Kraft trat, hätten Sie sich als Betreiber der PV-Anlagen über die Einbaupflicht der Geräte informieren müssen“, erklärte die Richterin.

Erhebliches Prozessrisiko

Weil ein langwieriger Prozess mit der Anhörung von Zeugen und Gutachtern für beide Seiten kostspielig und risikobehaftet sei, schlug die Richterin einen Vergleich vor. Nach Beratungen verständigten sich Familie K. und der Anwalt der Gegenseite, Peter Kroos, auf Folgendes: Die beklagte Familie K. zahlt an den Netzbetreiber für beide Anlagen brutto etwa 86.000 € zurück. Zieht man die darin enthaltene Mehrwertsteuer (19 %) ab, die sich Familie K. vom Finanzamt erstatten lassen kann, bleibt eine Summe von etwa 72.000 €, die Familie K. einbüßt.

Der Vergleich sieht weiter vor, dass der Kläger ein Drittel und Familie K. zwei Drittel der Gerichtskosten tragen. Sofern Avacon den Vergleich nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist widerruft, ist der ärgerliche und sehr teure Rechtsstreit für Familie K. damit beendet. „Ohne Rechtsschutzversicherung ist uns das Risiko eines langwierigen Prozesses einfach zu groß“, meinte der sichtlich getroffene Landwirt nach dem Gerichtstermin.

Auch andere betroffen

Am Rande der Verhandlung wurde Folgendes bekannt: Vor Jahren hat die Avacon GmbH die Stromnetze im Raum Hildesheim/Braunschweig und Sachsen-Anhalt vom Stromkonzern EON übernommen. Warum gerade Avacon in zahlreichen Fällen Rückforderungsbescheide an PV-Betreiber verschickt hat, darüber kann man nur spekulieren. Doch nicht immer landen die Fälle vor Gericht. „Mitunter wird der Streit auch einvernehmlich beigelegt, wobei der Netzbetreiber auf einen Teil seiner Forderung verzichtet“, berichtete Franziska Lietz. Die Anwältin bedauert, dass der Gesetzgeber die Regelungen im Einspeisegesetz derart kompliziert für die Betreiber der EE-Anlagen ausgestaltet hat. „Zumindest hätte man die Netzbetreiber zur umfassenden Aufklärung gegenüber den PV-Betreibern verpflichten müssen.“

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