Wochenblatt: Herr Pelzer, warum haben Sie „Cows for future“ als Motto gewählt? Was verstehen Sie darunter?
Pelzer: Wie immer, wollen wir mit unserem Slogan eine Diskussion entfachen. „Cows for future“ ist natürlich angelehnt an die Protestbewegung „Fridays for future“, bei der vor allem jüngere Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. Die Klimadebatte wird einen anderen Verlauf nehmen als beispielsweise die Debatte um mehr Tierwohl. Denn der Gesetzgeber schreibt beim Klima viel schneller und früher verbindliche Maßnahmen vor. Zum Beispiel über die nationalen Emissionshöchstmengen, die sogenannte NEC-Richtlinie. Demnach muss Deutschland bis 2020 seinen Ammoniakausstoß im Vergleich zum Jahr 2005 um 5 % und bis 2030 um 29 % reduzieren.
Beim Stichwort „Ammoniak“ stehen direkt die Nutztiere und somit auch die Kühe im Fokus.
Wir müssen aufpassen, dass sich der Vorwurf „Kühe sind Klimakiller“ nicht verfestigt – denn das stimmt einfach nicht. Kühe haben über Jahrhunderte das Klima positiv beeinflusst, denken Sie nur an die Nutzung des Grünlandes, sonst wäre in vielen Teilen der Erde Wüste und Steppe. Wir müssen also aktiv mit dem positiven Image der Kühe argumentieren, gleichzeitig aber einen nachhaltigen Umweltschutz einbeziehen. Denn klar ist: Auch die Milchproduzenten müssen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zum Beispiel darüber, die Ammoniakbildung zu verringern, beispielsweise über eine strikte Kot-Harn-Trennung. Hierfür muss es technische Lösungen geben. Oder über den effizienteren Einsatz von Ressourcen.
Bleiben wir zunächst bei der Effizienz: In welchen Segmenten sollten Milcherzeuger effizienter arbeiten?
Entlang der ganzen Produktionskette. Das geht bei der Zuchtausrichtung los. Es ist richtig, dass hochleistende Kühe pro Kilogramm Milch weniger Emissionen produzieren als niedrigleistende Kühe. Meine persönliche Meinung ist aber, dass wir den Rindfleischkonsum in Deutschland stärker berücksichtigen müssen. Rindfleisch ist beliebt, in der Spitzengastronomie und als Fast Food. Deshalb brauchen wir eine bessere Verwertung. Wir sollten deshalb die 10 000-kg- Milchkuh mit gleichzeitig guter Fleischleistung züchten.
Welche Effizienzreserven schlummern bei Fütterung und Haltung?
Es klingt vielleicht etwas abwegig, aber ich sage: Wir müssen die politischen Restriktionen in fachlichen Nutzen umwandeln. So profitieren Landwirt und Umwelt sowie Klima.
Können Sie das mit Beispielen veranschaulichen?
Die Nährstoffüberschüsse auf den Betrieben müssen runter. Das heißt, Milcherzeuger müssen in der Fütterung eine effizientere Nutzung der Nährstoffe erreichen: Angepasst nach Bedarf füttern, kein unnötiger Luxuskonsum. Das senkt die Futterkosten und die Nährstoffausscheidungen. In der Haltung hat sich in den vergangenen 20 Jahren enorm viel getan, vor allem für mehr Tierwohl. Im Zuge der Klimadiskussion kommen neue Fragestellungen auf, zum Beispiel nach der Größe des umbauten Raumes. Brauchen wir wirklich einen überdachten, 6 m breiten Futtertisch, um einmal täglich mit Trecker und Mischwagen darüberzufahren? Oder kann das nicht eine mobile Anlage übernehmen, die nur einen Bruchteil des Platzes benötigt, und zudem noch mehrmals täglich frisch füttert? Und sich das Futter dann idealerweise aus einem vertikalen Futterlager direkt am Stall holt. Dann gibt es weniger Verluste und weniger versiegelte Fläche.
Also Effizienzsteigerung durch Automatisierung und Digitalisierung?
Absolut! Wir müssen beides Hand in Hand vorantreiben. Ich sehe großes Potenzial, dass von einer automatischen und digitalen Milchproduktion Landwirte und Klima profitieren.
Vor allem bei der Digitalisierung hakt es aber noch oft. Warum?
Zunächst: Wir brauchen schnelles Internet und 5G an jeder Milchkanne! Und ja, aktuell sind unsere Daten verheddert, nicht vernetzt. Es kann nicht sein, dass Landwirte ihre Daten in zig verschiedenen Firmenlösungen speichern müssen. Das bremst alles aus. Wir brauchen endlich eine firmen- und institutionsübergreifende Schnittstelle. Nur so lassen sich die Daten für die Landwirte und berechtigte Personen wie Tierärzte in Nutzen umwandeln.
Wer könnte das leisten? Und gibt es auch Bedenken?
Schwer zu sagen, aber die Landeskontrollverbände wären eigentlich dafür prädestiniert. Und ja, es gibt auch Personen, die bei der Digitalisierung auf die Bremse treten – und zwar zu Recht: Die Kosten sind hoch und die Datensicherheit muss gewährleistet sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle miteinander reden und eine Lösung erarbeiten.
Eine gute Gelegenheit für Gespräche dürften auch die Düsser Milchviehtage am 12. und 13. Februar 2020 bieten.
Auf jeden Fall. Rund 180 Aussteller stellen neue und kreative Ideen rund um die Milchproduktion vor. Immer nach dem Motto „Aus der Praxis – für die Praxis“. Wir erwarten mehr als 5000 Besucher.
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