Kartoffeln

Krautfäule gezielt bändigen

Die Kraut- und Knollenfäule ist die wichtigste Kartoffelkrankheit. Jedes Jahr stellt sich die Frage, welche Spritzstrategie am effektivsten zum Erfolg führt.

Um die Kraut- und Knollenfäule erfolgreich bekämpfen zu können, kommt es unter anderem darauf an, früh genug anzufangen und überlegt Wirkstoffe zu wechseln. Doch wie lassen sich dabei Fehler verhindern?

Erfahrungen aus Vorjahren

Nach zwei trockenheißen Jahren mit geringem Krautfäulebefall sieht es aktuell so aus, dass auch die Saison 2020 zu trocken wird. Trotzdem kann Krautfäule auftreten, etwa auf Flächen mit Beregnung oder an durch Frost, Hagel oder Windbruch geschädigten Pflanzen. Selbst wenn bei stark differierenden Tag-Nacht-Temperaturen der Tau sehr lange in den Beständen steht, so wie 2018, kann sich bei heißen Temperaturen Krautfäule entwickeln.

Wichtig ist der rechtzeitige Spritzstart. In Jahren mit normaler Witterung hat sich das Prognosemodell Simblight 1 (www.isip.de) als gutes Werkzeug zur Vorhersage des Spritzstarts erwiesen. Bei Trockenheit und niedrigem Infektionsdruck muss der Spritzstart aber spätestens bei Reihenschluss erfolgen, das heißt, die Pflanzen innerhalb einer Reihe berühren sich, damit auch die unteren Blattetagen einen ausreichenden Fungizidschutz erhalten, dann ist es nicht sinnvoll, auf den offiziellen Spritzstart zu warten.

Früher Stängelbefall

Falls wider Erwarten Ende Mai/Anfang Juni die lang ersehnten Niederschläge fallen, besteht die Gefahr eines frühen Stängelbefalls durch latent infiziertes Pflanzgut. Weil im August 2019 auf zahlreichen Schlägen Krautfäule auftrat, besteht ein Risiko, dass sich das Erntegut infiziert hat. Wenn nun Flächen über mehrere Tage nicht befahrbar sind, ist 10 bis 14 Tage später mit frühem Stängelbefall zu rechnen. Dann muss früher behandelt werden, das heißt vor dem offiziellen Spritzstart, auch wenn die Kartoffeln erst 10 cm groß sind. Ein früherer Spritzstart ist ebenfalls sinnvoll, wenn in der Region an Ausfallkartoffeln erste Krautfäulesymptome auftreten.

Infektionsdruck entscheidet

Niedriger Infektionsdruck …

... bei trockenheißen Bedingungen, ohne weitere Risikofaktoren: Spritzstart (ohne Befall) und Folgespritzungen:

  • Kontaktmitteln I auf Basis von Mancozeb oder Metiram (Dithane NeoTec, Polyram WG, Tridex DG Raincoat).
  • Sporizide Kontaktmittel II (etwa Canvas/Gachinko, Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby) oder Electis.

Niedriger Infektionsdruck …

… bei trockenheißen Bedingungen, aber Schäden durch Frost, Hagel oder Windbruch:

Spritzstart (ohne Befall):

  • Systemische Fungizide auf Mancozeb-Basis (etwa Ridomil Gold MZ, Zorvec Enicade Nzeb + Manzate).
  • Lokalsystemische Fungizide auf Mancozeb-Basis (etwa Curzate M WG, Moximate 725 WG, Video).
  • Mancozeb-haltige Mittel plus systemische oder lokalsystemische Fungizide.

Die systemischen oder lokalsystemischen Fungizide auf Mancozeb-Basis schützen die Pflanzen von innen und der enthaltene Mangananteil fördert zusätzlich die Pflanzengesundheit. Um die geschädigten Bestände wieder „aufzupäppeln“, sollten Blattdünger zur Regeneration des Blattapparates eingesetzt werden (Dünge-VO beachten).

Mittlerer Infektionsdruck …

… etwa durch kurzfristige unbeständige Witterung oder bei starker Taubildung:

Spritzstart (ohne Befall) und Folgespritzungen:

  • Systemische Fungizide (etwa Fantic M, Infinito, Proxanil + Winby, Ridomil Gold MZ, Rival Duo + Carneol, Zorvec Enicade Nzeb + Manzate).
  • Lokalsystemische Fungizide (etwa Acrobat Plus WG, Areva MZ, Banjo Forte, Carial Flex, Curzate M WG, Moximate 725 WG, Nautile/Video, Plexus, Presidium, Reboot, Revus, Tanos, Valbon Speed, Valis M, Zetanil M).
  • Auf einen sporiziden Partner kann verzichtet werden.

Hoher Infektionsdruck …

… durch hohe Bodenfeuchte, lange Blattnässedauer, schwülwarme Temperaturen, latent infiziertes Pflanzgut, Frost-, Hagel- und Windbruchschäden, Krautfäulebefall in der Region, Ausfallkartoffeln auf Nachbarschlägen:

Spritzstart ohne Befall:

  • Systemische Fungizide (etwa Fantic M, Infinito, Proxanil + Winby, Ridomil Gold MZ, Rival Duo + Carneol, Zorvec Enicade Nzeb + Manzate).

Spritzstart bei Befall:

  • Lokalsystemische Fungizide, bevorzugt cymoxanilhaltige Fungizide (etwa Carial Flex, Curzate M WG, Moximate 725 WG, Nautile, Reboot, Tanos, Video, Zetanil M) + sporizide Partner (etwa Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Systemische Fungizide: etwa Proxanil + Winby, Rival Duo + Carneol, Infinito + sporiziden Partner (etwa Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).

Folgespritzungen:

  • Systemische Fungizide (etwa Fantic M, Infinito, Proxanil + Winby, Ridomil Gold MZ, Rival Duo + Carneol, Zorvec Enicade Nzeb + Manzate) gegebenenfalls in Kombination mit sporiziden Partnern (etwa Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Lokalsystemische Fungizide (etwa Acrobat Plus WG, Areva MZ, Banjo Forte, Carial Flex, Curzate M WG, Moximate 725 WG, Nautile/Video, Plexus, Presidium, Reboot, Revus, Tanos, Valbon Speed, Valis M, Zetanil M) gegebenenfalls in Kombination mit sporiziden Partnern (etwa Carneol, Frown­cide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Wenn noch kein Befall vorhanden ist, lassen sich die Aufwandmengen dieser Tankmischungen reduzieren.

Im Notfall Stoppspritzung

Wenn die Kraut- und Knollenfäule sich doch entwickelt hat, sind bei sporulierendem Blatt- oder Stängelbefall Stoppspritzungen durchzuführen, besonders vor Niederschlägen oder Beregnungsmaßnahmen, mit:

  • Cymoxanilhaltigen Fungiziden (etwa Carial Flex, Curzate M WG, Moximate 725 WG, Nautile, Proxanil, Reboot, Rival Duo, Tanos, Video, Zetanil M) plus sporiziden Partner (z.  B.  Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Infinito + sporiziden Partner (etwa Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ohayo, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Vollen Aufwandmengen.
  • Zweite Stoppspritzung muss im Abstand von drei bis vier Tagen erfolgen (cymoxanilhaltiges Mittel/Infinito + sporiziden Partner).
  • Alternativ etwa Presidium, Revus, Valbon oder Valis M jeweils mit sporizidem Partner einsetzen.
  • Gegebenenfalls weitere Stoppspritzungen durchführen.
  • Größere Befallsnester mit Sikkativ + sporiziden Partner (ggf. halbe Aufwandmenge) beseitigen.

Richtigen Abschluss finden

Abschlussbehandlungen mit beginnender Abreife, spätestens drei Wochen vor der Ernte zum Schutz des Erntegutes zwei- bis dreimal durchführen.

  • Sporizide Fungizide einsetzen (etwa Canvas/Gachinko, Carneol, Frowncide, Nando 500 SC, Ranman Top, Shirlan, Terminus, Winby).
  • Die letzte Behandlung zusammen mit der Sikkation durchführen, gegebenenfalls mit halber Aufwandmenge.
  • Kombination der sporiziden Mittel mit Cuprozin progress oder Funguran progress bei Gefahr von Schwarzbeinigkeit und Nassfäulen.

Ausgewählte Fungizide zur Krautfäulebekämpfung 2020 (Bildquelle: LWK NRW)

Ausgewählte Fungizide zur Krautfäulebekämpfung 2020 (Bildquelle: LWK NRW)

Ausgewählte Fungizide zur Krautfäulebekämpfung 2020 (Bildquelle: LWK NRW)

Risikoarmer Spritzabstand

Spritzabstände in Abhängigkeit vom regionalen Infektionsdruck wählen. Aktuelle Informationen zum regionalen Infektionsdruck und den dazugehörigen Spritzabständen stehen unter Simphyt 3 (www.isip.de).

Schlagspezifischen Spritzabstand abhängig von Krautwachstum, Sortenanfälligkeit, Befallssituation, Niederschlagsmenge seit der letzten Applikation und eingesetztem Fungizid wählen. Der Spritzabstand muss entsprechend verkürzt bzw. verlängert werden (maximal plus/minus drei Tage).

Die meisten Krautfäulefungizide sind mit einem Spritzabstand von mindestens sieben Tagen zugelassen. Falls nun witterungsbedingt kürzere Abstände notwendig sind, Produkte wechseln, um den Zulassungsauflagen zu entsprechen.

Spritzabstände nicht überreizen (Bildquelle: LWK NRW)

Resistenzen verhindern

Nur durch konsequentes, strategisches Handeln können Kartoffelanbauer die Bildung von Resistenzen unterbinden und Rückstände in den Knollen ausschließen:

  • Zur Resistenzvermeidung Fungizide unterschiedlicher Wirkklassen (FRAC) im Wechsel einsetzen.
  • Systemische Fungizide (etwa Ridomil Gold MZ, Fantic M) möglichst nur einmal und nicht erst bei Befall einsetzen.
  • Infinito, Proxanil und Rival Duo nur bis zur Blüte einsetzen, um Rückstände am Erntegut zu vermeiden.