„Kommen Sie aus der Defensive!“



Susanne Amann bringt Sympathie für die Bauern mit, aber deren Öffentlichkeitsarbeit findet sie grottenschlecht. Die „Spiegel“-Redakteurin präsentierte ihre Ansichten bei der DMK-Jahresversammlung in Hannover, zusammengefasst in vier Thesen:

  • Landwirte sehen Verbraucherinnen und Verbraucher als notwendiges Übel an, nicht als gleichwertige Partner. Wer nicht Landwirt ist, weiß fast nichts mehr darüber, wie heute produziert wird. Die Bauern tun aber auch wenig dafür, die Mitmenschen hinter die Kulissen blicken zu lassen.
  • Die Branche Landwirtschaft ist zum großen Teil nicht kritik- und kommunikationsfähig. Die Journalistin beklagte sich exemplarisch darüber, dass auch für den „Spiegel“ der DBV-Präsident nicht für ein Interview zur Verfügung stand, als die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der heißen Phase war. Das offene Gespräch mit Medien und Gesellschaft werde verweigert. Es sei aber geradezu fahrlässig, die Medien zu ignorieren.
  • Der Bauernverband vertritt nur die konventionelle, export­orientierte Produktion. Notwendige Diskussionen über Tierschutz und andere Problemfelder finden nicht statt, so Amann. Und es werden Dinge gutgeheißen oder verteidigt, die gesellschaftlich in der Kritik stehen, beispielsweise die Förderung von Biosprit oder der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Deshalb gerate eine ganze Branche in Verruf, zum großen Teil zu Unrecht.
  • Die „ruinöse Preisspirale“ haben die Landwirte zum Teil selbst zu verantworten, weil sie sich zum Büttel ihrer Abnehmer und des Handels machen. Hier sieht Amann Gemeinsamkeiten mit den Verbrauchern, die sich ähnlich ausgeliefert fühlten. Ihre Empfehlung: Bauern und Verbraucher sollten sich zusammentun. Als gelungenes Beispiel dafür nannte die Journalistin aber ausgerechnet „Faire- Milch-Aktionen“, bei denen die Erzeuger direkt über den Produktpreis unterstützt werden sollen. Tatsächlich fristen solche Projekte eher ein freudloses Nischendasein.

Lebensmittel = Sorgen

Der Kommunikationsberater Armin Huttenlocher sieht die Lage teilweise anders. Nicht jedoch, was den Eindruck in der Öffentlichkeit angeht. Viele Verbraucher verbinden mit dem Begriff Lebensmittel spontan Attribute wie „besorgnis­erregend“. Das Meinungsbild sei verheerend, so der Berater. Vor allem die moderne Landwirtschaft stehe in der Kritik.

Wichtig sei vor allem ein kontinuierlicher und offener Austausch mit den Medien, den Landwirte und Verbände oft vernachlässigten, so Huttenlocher.

Aber auch unter den Journalisten mangele es an der Bereitschaft, sich mit den Rahmenbedingungen und dem „Warum“ der Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Fachkenntnis fehle fast durchgehend, ebenso fehlten die verlässlichen und regelmäßigen Gesprächspartner. Skandale ließen sich besser verkaufen als Hintergrundberichte. Huttenlocher wörtlich: „Die Medien haben die Branche Landwirtschaft ad acta gelegt und ins Archiv geschafft.“

Verstecken hilft nicht

Huttenlocher riet den Landwirten, gemeinsam mit der Politik und den Medienvertretern einen neuen Brückenschlag zu versuchen. Nur wer Offenheit biete, könne auch Offenheit erwarten. Sein Appell an die Bauern: „Kommen Sie raus aus der Defensive, Sie müssen sich nicht verstecken!“ ri