Tierwohlkennzeichen

Klöckner: Kriterien für staatliches Tierwohllabel vorgestellt

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat am Mittwoch die Kriterien für die freiwillige, staatliche Tierwohlkennzeichnung vorgestellt. Sie umfasst drei Stufen und wird zunächst für Schweine gelten.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat heute in Berlin der Öffentlichkeit erstmals die Kriterien für das dreistufige freiwillige staatliche Tierwohllabel vorgestellt. Diese entsprechen weitgehend den bereits im Dezember 2018 bekanntgewordenen Anforderungen im Entwurf des Agrarressorts. Der ressortabgestimmte Gesetzentwurf wurde nun zur Notifizierung in Brüssel vorgelegt.

Klöckner hob hervor, dass die zu erfüllenden Kriterien „sehr anspruchsvoll“ seien und deutlich über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgingen. Zudem werde, anders als bei der Haltungskennzeichnung des Handels, die gesamte Spanne von der Geburt bis zur Schlachtung einbezogen. „Die Verbraucher werden an dem Siegel auf den ersten Blick erkennen, dass mehr Tierwohl im Produkt steckt“, betonte die Ministerin.

Start mit Schweinen

Das staatliche Tierwohllabel wird zuerst bei Schweinen eingeführt. Später sollen Geflügel und möglicherweise andere Tierarten folgen. Erste Produkte sollen 2020 auf den Markt kommen. In der Eingangsstufe wird den Schweinen aller Gewichtsbereiche 20 % mehr Platz eingeräumt, und die betäubungslose Ferkelkastration ist in allen Stufen verboten. Das Schwanzkupieren ist lediglich in der Stufe 1 erlaubt, aber nur, wenn nachgewiesen werden kann, dass es anders nicht geht. Zudem wird es für die Tiere unter anderem Verbesserungen bei Beschäftigungsmaterialien, der Strukturierung der Buchten oder beim Transport geben. Auch Tierwohlfortbildungen der Tierhalter oder Schlachthofmitarbeiter sind vorgesehen. Eine tabellarische Übersicht der Kriterien im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard finden sie hier.

Die Details der einzelnen Kriterien zeigt unsere Galerie (Quelle: BMEL).

Die Rolle der Verbraucher

Klöckner erläuterte, dass mit dem Tierwohllabel auch die regionale Produktion erhalten werden solle. Dafür brauche es eine „realisierte Zahlungsbereitschaft“ und mehr Wertschätzung der Verbraucher für solche Produkte. „Die Mehrkosten für mehr Tierwohl kann nicht alleine der Tierhalter tragen. Wir Verbraucher sind gefragt, unseren Wünschen nach mehr Tierwohl beim Einkauf auch Ausdruck zu verleihen“, betonte die Ministerin. Damit nicht nur Verbraucher über das neue staatliche Tierwohllabel informiert würden, sondern auch viele Landwirte mitmachten, sei eine mehrjährige Informationskampagne im Zeitraum der Einführung des Kennzeichens geplant. Dafür seien etwa 70 Mio. Euro im Bundeshaushalt vorgesehen.

Kritik am Tierwohllabel

Scharfe Kritik am vorgelegten Gesetzentwurf haben die führenden Ökoverbände geübt. Bioland-Präsident Jan Plagge monierte, dass rund 20.000 Biotierhalter bei diesem Kennzeichnungssystem ausgegrenzt würden. Statt das bewährte und vom Verbraucher gelernte System der Eierkennzeichnung auf den Fleischbereich anzuwenden und die höchste Label-Stufe der Bioerzeugung zuzuordnen, setze Klöckner „ein kompliziertes Kriteriensystem mit wenig Substanz für den Tierschutz durch“, beklagte Plagge.

Demeter-Vorstand Dr. Alexander Gerber sprach von „einer vertanen Chance und Mogelpackung“. Er kritisierte insbesondere, dass das staatliche Tierwohllabel weder verpflichtend sei, noch alle Tierwohlstufen umfasse.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Ministerin dazu auf, insbesondere bei der ersten Stufe des geplanten Tierwohllabels „nachzuschärfen und nur echtes Tierwohl zu kennzeichnen“. Kritisiert wird vom BUND dabei vor allem die nach seiner Ansicht zu geringe Platzvorgabe. Für einen „Skandal“ hält es der Verband indes, dass das Kupieren von Ringelschwänzen in der ersten Stufe nicht untersagt werde, auch wenn dies laut Tierschutzgesetz schon lange in Deutschland verboten sei.

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