Sie hatte gar nicht das denkbar schlechteste Szenario skizziert. Dennoch krausten die meisten der rund 100 Teilnehmer der Tagung die Stirn. „Etwa im Jahr 2050 ist ein Sommer wie im Jahr 2003 Standard – und dieser galt zuletzt noch als Jahrhundertsommer“, sagte Annika Brieber, Meteorologin am Klimahaus Bremerhaven.
Sie verdeutlichte, wie der Klimawandel bereits jetzt spürbar sei. Beispielsweise habe sich der sogenannte Jetstream, der auch unser Wetter maßgeblich beeinflusst, im Jahr 2018 deutlich verlangsamt. Deshalb sei es im vergangenen Jahr sehr lange sehr warm mit wenig Regen gewesen.
Als Ursache für den Klimawandel nannte Brieber unter anderem den verstärkten CO2-Ausstoß in die Atmosphäre, für den der Mensch verantwortlich ist. Je nachdem, wie stark die Emissionen sinken, steige die weltweite Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1,5 Grad Celsius (optimale Reduktion) bis 4 Grad Celsius (weiter wie bisher) weiter an.
Fest steht für die Meteorologin, dass der Trend der Erwärmung anhält, es künftig längere Phasen mit stabilem Wetter gibt und die Hitzetage sowie Tropennächte zunehmen. Die Niederschlagssumme dürfte in etwa gleichbleiben, allerdings fällt im Sommer weniger und dafür im Winter mehr Niederschlag. Zudem nehmen Unwetter und Starkregenereignisse zu.
Mais im Trockenstress
„Als Pflanzenbauer sehe ich das mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Mehr CO2 und höhere Temperaturen kurbeln das Wachstum grundsätzlich an. Allerdings bereiten uns Hitze und Trockenheit Probleme“, sagte Gerrit Hogrefe.
Der Landwirt und Berater der N.U. Agrar aus Schackenthal (Sachsen-Anhalt) gab den Zuhörern konkrete Tipps mit auf den Weg, wie sie Trockenstress bei Mais meistern:
- Angepasste Bodenbearbeitung: Boden muss möglichst viel Winterniederschlag konservieren
- Bestandsdichte begrenzen: eher 7 bis 8 Pflanzen als 12 Pflanzen pro m2
- Spätblühende Sorten wählen: innerhalb der Reifezahl spätblühende Sorte wählen; so früh wie möglich drillen, damit sich Embryowurzel gut entwickelt
- In Nord-Süd-Richtung drillen: so fällt mehr Licht in die Maisreihen und die unteren Maisblätter können länger assimilieren; diese versorgen die Wurzeln
- Aussaatqualität kontrollieren: nur Saatgut in A-Qualität wählen; beim Drillen Ablage kontrollieren, auch wenn es der Lohnunternehmer macht
- Keine Nitraternährung: so viel Ammonium-Stickstoff wie möglich
- Schonender Herbizideinsatz: im Zweiblatt-Stadium; Mais niemals „freibrennen“
Alternative Futtermittel
Dennoch kann es sein, dass Grundfutter aufgrund von Wassermangel fehlt. Holger Müller von der Masterrind zeigte alternative Fütterungsstrategien. Maissilage lasse sich zum Beispiel ersetzen durch Kartoffel- oder Erbsenpülpe, Press- und Trockenschnitzel, Sojaschalen, Ergänzungsfuttermittel der Industrie oder Ganzpflanzensilage (GPS). Substitutionsmöglichkeiten für Grassilage seien Stroh, Grassamenheu plus Eiweißfutter, Luzerne, Biertreber plus Stroh und Grünroggen-GPS. „So oder so steigen aber die Futterkosten“, rechnete Müller vor. In einer Beispielration reduzierte er die Maissilage von 29 kg auf 15 kg, Grassilage blieb konstant bei 15 kg und je nachdem, welchen Ersatz er für die Maissilage in die Ration packte, erhöhten sich die Futterkosten pro Kuh und Tag um 0,40 bis 0,60 €.
Tipps aus Italien
An deutlich wärmere Temperaturen gewöhnt ist bereits Marco Vanzetti. Der Italiener betreibt in der Poebene mit 800 mm Jahresniederschlag und einer Durchschnittstemperatur von 13,6 Grad Celcius einen Milchviehbetrieb. Seine rund 220 Kühe kommen im Schnitt auf eine Tagesmilchleistung von 35,5 kg.
Das war aber nicht immer so. Vor allem an heißen Tagen im Sommer gab es eine Milchdelle, zudem verschlechterte sich die Fruchtbarkeitsleistung. Deshalb hat Vanzetti in den letzten drei Jahrzehnten fortlaufend neue Belüftungs- und Beregnungssysteme für die Kühe installiert. Im neuen Stall von 2016 hat er Deckenventilatoren sowie eine Beregnungsleistung für die Kühe installiert, zudem Ventilatoren bei den Trockensteher. 2019 hat er bei den Kühen noch zusätzliche Vertigo-Ventilatoren montiert. „Nur die Belüftung und Beregnung haben von 2016 bis jetzt rund 120000 € gekostet“, sagt der Italiener. Doch er fest überzeugt, dass es sich für ihn rechnet: „Wir haben mehr Milch und eine bessere Fruchtbarkeit: Ich fahre deshalb in den warmen Monaten von Juni bis Oktober einen zusätzlichen Gewinn von etwa 15 € pro Kuh ein.“ Am Ende schränkte er allerdings noch ein, dass diese Rechnung nur bei einem Milchpreis von 40 Cent/kg aufgehe – bei 34 Cent/kg sehe das Ergebnis ganz anders aus.