In der Europäischen Union und erst recht im dicht besiedelten Land NRW gilt ein Grundsatz: In die Flüsse und Bäche und ins Grundwasser dürfen möglichst keine Schadstoffe gelangen. Das geben die EU-Wasserrahmenrichtlinie, das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und das Landeswassergesetz (LWG) NRW vor. Die Gesetze und die dazu erlassenen Verordnungen regeln auch, wie Grundstückseigentümer ihr häusliches Abwasser reinigen müssen, wenn kein Anschluss an den öffentlichen Kanal möglich ist.
8360 Anlagen in Steinfurt
In den fünf Kreisen des Münsterlandes – Steinfurt, Borken, Warendorf, Coesfeld und Recklinghausen – sowie in der Stadt Münster reinigen über 20.000 Haushalte ihre Abwässer in einer Kleinkläranlage (KKA). Allein im Kreis Steinfurt sind 8360 Anlagen plus 300 abflusslose Gruben registriert. Diese Zahlen nennt Udo Fuchs. Der Diplom-Ingenieur ist Arbeitsgruppenleiter in der Unteren Wasserbehörde (UWB) des Kreises. Die UWB stellt Erlaubnisse zur Gewässerbenutzung aus. Zudem kontrolliert das Team von Fuchs die Wartungsprotokolle der Firmen, die vor Ort tätig sind. Fuchs: „Wir schreiten ein, wenn die Ablaufwerte im roten Bereich liegen oder andere Mängel vorliegen, die erhebliche Auswirkungen auf die Reinigungsleistung haben.“
Die allgemeine Rechtslage
Die Städte und Gemeinden in NRW müssen das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser beseitigen (§ 46 LWG). In den Außenbereichen können die Wasserbehörden auf Antrag der Kommunen diese Pflicht auf den Grundstückseigentümer übertragen, wenn eine Übernahme des Abwassers wegen technischer Schwierigkeiten oder wegen eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes nicht angezeigt ist, das Wohl der Allgemeinheit dem nicht entgegensteht und der Nutzungsberechtigte eine Abwasserbehandlungsanlage betreibt, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht (§ 49 Abs. 5 LWG).
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Münster ist der Kanalanschluss für den Grundstückseigentümer noch zumutbar, wenn die Anschlusskosten bis zu 25 000 € betragen. Hierbei handelt es sich aber ausschließlich um die technischen Kosten des Anschlusses. Dazu kommt regelmäßig der einmalige Beitrag, den die Gemeinde nach ihrer Satzung für den Kanalanschluss vom Grundstückseigentümer fordert.Die Städte und Gemeinden aktualisieren ihre Abwasserbeseitigungskonzepte (ABK) alle sechs Jahre nach § 47 LWG. Darin legen sie fest, welche Außenbereiche zum Beispiel über eine Druckrohrleitung an den öffentlichen Kanal angeschlossen werden sollen und welche Gebiete außen vor bleiben. Sachgebietsleiter Peter Möller vom Umwelt- und Planungsamt des Kreises Steinfurt erklärt: „Die Kommunen beauftragen ein Ingenieurbüro mit der Planung des Abwasserbeseitigungkonzeptes. Das Ziel, möglichst viele Haushalte an das Kanalnetz anzuschließen, haben wir im Kreis Steinfurt weitgehend erreicht. Die Verlegung einer Druckrohrleitung etwa am Ortsrand wird nur dann gefordert, wenn die Kosten für die Bürger zumutbar bleiben.“
Erlaubnis zur Einleitung
Jeder Hausbesitzer, dessen Grundstück nicht an den Kanal angeschlossen ist, benötigt für die Einleitung seines gereinigten Abwassers aus einer Kleinkläranlage in ein Gewässer eine Erlaubnis zur Benutzung (§ 8 Wasserhaushaltsgesetz Bund). Die UWB stellt diese Einleitererlaubnis befristet für 15 Jahre aus. Nach Ablauf wird eine neue Erlaubnis nur erteilt, wenn der Grundstücksbesitzer nachweist, dass er eine KKA nach dem Stand der Technik betreibt. Hierzu gehört auch ein Nachweis über den baulichen Zustand der KKA sowie der Funktionstüchtigkeit der elektrotechnischen und maschinentechnischen Ausstattung. Ebenso wichtig ist der Nachweis über die Dichtheit der gesamten Kleinkläranlage, denn vielfach fördern die Hausbesitzer auf ihren Grundstücken auch Wasser für die Eigenwasserversorgung.
Stand der Technik heißt unter anderem: Die KKA muss die im Abwasser enthaltenen Schadstoffe sicher abbauen. Dabei sind Grenzwerte einzuhalten, die im Anhang 1 zur Abwasserverordnung festgelegt sind. Der Grenzwert für den Chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) ist auf 150 mg/l Abwasser festgelegt.
Beim Biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB) beträgt der Grenzwert 40 mg/l Abwasser. Zurzeit werden an die Reinigungsleistung von Kleinkläranlagen nur Anforderungen an den Kohlenstoffabbau gestellt; was die Parameter CSB und BSB ausdrücken.
Welche Anlage wählen?
Doch welche Kleinkläranlage sollte ein Hausbesitzer wählen, wenn seine Anlage nicht mehr funktioniert und die Wasserbehörde eine Sanierung fordert? Der Kreis Steinfurt als Aufsicht darf keine bestimmte Anlage empfehlen oder von anderen Systemen abraten. Es ist jedoch so, dass zahlreiche Hersteller ausgereifte Produkte auf dem Markt anbieten. „Je nach Standort und Bodenbeschaffenheit kommen heute verschiedene Anlagen infrage“, sagt Fuchs. „Wichtig ist, dass der Betreiber die Ablaufwerte im Ablaufschacht kontrollieren kann. Deshalb genehmigen wir die früher oft eingebauten Untergrundverrieselungen heute nicht mehr.“
Grundsätzlich sind nur noch Anlagen zulässig, die eine vollbiologische Abwasserreinigung gewährleisten. Ältere Systeme mit nachgeschalteten Filtergräben oder Untergrundverrieselung erfüllen diese Anforderung nicht und müssen entweder durch eine neue KKA ersetzt oder mit einem Nachrüstsatz aufgerüstet werden. Laut Fuchs haben sich seit Anfang der 2000er-Jahre immer mehr die technischen Anlagen am Markt durchgesetzt; dazu gehören die SBR-Anlagen, Tropfkörper, Festbettanlagen und Biokreisel. Bei den SBR-Anlagen wird das zuvor mechanisch gereinigte Abwasser durch das Einblasen von Sauerstoff belüftet. Durch die Belüftung werden – ähnlich wie bei den kommunalen Kläranlagen – die organischen Bestandteile im Abwasser abgebaut. Es entweicht CO2 in die Luft und der ausgefaulte Schlamm setzt sich am Behälterboden ab.
Die Käufer einer Kleinkläranlage sollten wissen: Fast alle genehmigungspflichtigen KKA werden heute serienmäßig hergestellt. Der Hersteller beantragt eine Bauartzulassung/allgemeine bauaufsichtliche Zulassung – abZ – beim Deutschen Institut für Bautechnik.
Wartung und Überwachung
Die Zulassung (abZ) gibt auch vor, wie der Betreiber seine Anlage warten muss. Fuchs: „Die technischen Anlagen sind in der Regel zwei- bis dreimal pro Jahr zu warten. Diese Pflicht zur Wartung steht dann auch in der Bauartzulassung, die der Betreiber beachten muss. Wir als Aufsicht haben da keinen Spielraum.“
Alle Münsterlandkreise fordern heute einen Fachkundenachweis für die Wartung. Aus diesem Grund beauftragen die Hausbesitzer in der Regel eine Wartungsfirma. Der Mitarbeiter nimmt die Anlage in Augenschein, kontrolliert, ob die Zu- und Abläufe frei sind, zieht eine Wasserprobe im Kontrollschacht und misst den Schlammspiegelindex in der Vorklärung des Behälters.
Den Kreisen obliegt darüber hinaus die bauliche Überwachung der Kleinkläranlage und der daraus resultierenden Gewässerbenutzung. Hier hat der Gesetzgeber den Kreisen einen gewissen Spielraum zugestanden, der zwischen fünf und zehn Jahren liegen sollte.
Abfuhr nur nach Bedarf
Laut Fuchs hat sich bei der Schlammentsorgung einiges getan. Nach den meisten Satzungen der Kommunen ist heute eine bedarfsgerechte Entschlammung im Zeitraum von bis zu vier Jahren möglich. Fuchs: „Bei der halbjährigen Wartung wird der Schlammspiegel kontrolliert. Erst ab einer Höhe von in der Regel 50 % muss der Betreiber den Schlamm abfahren lassen. Das ist sachgerecht und entlastet den Betreiber von Kosten.“
Von den 8600 Kleinkläranlagen im Kreis Steinfurt entfallen heute etwa 6500 auf die technischen Anlagen. Sie müssen zweimal im Jahr gewartet werden. Eine Wartung kostet im Regelfall 50 bis 80 € plus MwSt. Die Eigenwartung einer KKA ist nicht zulässig. Ein vor Jahren im Kreis Steinfurt durchgeführtes Pilotprojekt zur Eigenwartung hat nicht die Ergebnisse gebracht, die man sich erhofft hatte.
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