Kein Pferdehof für Martin T.

Physiotherapeut darf keine Hofstelle für 15 Pensionspferde und mit 2 ha Erdbeeranbau im Außenbereich errichten. Das Verwaltungs­gericht Münster weist die Klage gegen den Kreis Borken zurück.

Schon seit vier Jahren hängt Martin T. in der Warteschleife. Der Physiotherapeut möchte im Außenbereich der Gemeinde R. einen Nebenerwerbshof neu errichten.

Doch der Kreis Borken sagt nein. Auch das Verwaltungsgericht Münster hat seine Klage gegen den Kreis am 5. April 2017 zurückgewiesen.

Martin T. ist selbstständig und betreibt eine Praxis für Physiotherapie. Er besitzt etwas Land im Außenbereich. Darauf hält er mit seiner Ehefrau einige Mutterkühe und Pferde. Die Liebe zu den Pferden und die Aussicht, vom Schwager, der bald Rentner wird, ausreichend Flächen für eine landwirtschaftliche Pferdehaltung pachten zu können, waren ausschlaggebend für seinen Plan. Der 42-Jährige möchte eine Hofstelle mit Wohnhaus und ein Stallgebäude für 15 Pensionspferden neu errichten. Daneben möchten die Eheleute im Nebenerwerb auf rund 2 ha Erdbeeren anbauen.

Betriebskonzept eingereicht

Bereits 2012 reichte Martin T. eine Bauvoranfrage beim Kreis ein. Beigefügt war das Betriebskonzept mit Wirtschaftlichkeitsberechnung der Landwirtschaftskammer NRW. Danach möchte er rund 370 000 € investieren. Mit den Erdbeeren will Martin T. 7000 € und mit den Pensionspferden knapp 3000 € Gewinn erzielen, macht rund 10 000 €/Jahr, lässt man die Abschreibungen außen vor.

Die Investition will der Physiotherapeut weitgehend mit Eigenkapital (unter anderem aus dem Verkauf seines Wohnhauses) stemmen. Seine jetzige Wohnung in R. liegt 1,7 km von der geplanten Hofstelle im Außenbereich.

Prognose sehr unsicher

Der Kreis wollte anfangs wohl ja sagen, weil die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer positiv war. Doch dann kamen den Mitarbeitern im Bauordnungsamt Zweifel, ob Martin T. tatsächlich einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht aufbauen und dauerhaft betreiben kann. Nur unter diesen Voraussetzung durfte der Kreis seine Bauvoranfrage nach § 35 Abs. 1, Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) positiv bescheiden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wies Bärbel Jüditz, Leiterin der Bauaufsicht beim Kreis Borken, auf Folgendes hin: Viele Zahlen des Antragstellers seinen mit Blick auf die Prognoseberechnung unsicher und kaum nachprüfbar. Martin T. habe noch keine Pachtverträge mit seinem Schwager abgeschlossen. Lediglich eine Erklärung liege vor, dass der Schwager seine Flächen zu ortsüblichen Preisen verpachten wolle. Martin T. habe mit 300 €/ha kalkuliert, das aber sei unrealistisch. „Derzeit kann man Acker im Kreis Borken nicht unter 1000 €/ha pachten,“ sagte die Amtsleiterin.

Fraglich seien auch die Angaben des Klägers zum Pensionspreis (220 €/Platz/Monat), den Lohnkosten, zur Eigenkapitalbildung, den möglichen Kreditkosten und Abschreibungen. Der Pferdestall verfüge nur über Paddocks, es gebe keinen Reitplatz, keine Reithalle und keine Weiden am Hof. „Nach unserer Erfahrung kann man so einen Pensionsbetrieb nicht rentabel betreiben, der Konkurrenzdruck ist zu hoch“, betonte die Fachfrau. Weil es um eine Neugründung und nicht um ein bestehende Hofstelle im Außenbereich mit Bestandsschutz gehe, müsse man hier sehr genau prüfen.

Martin T. und sein Anwalt Dr. Hans Vietmeier (Kanzelei Baumeister) widersprachen. Die Arbeit mit den 15 Pensionspferden wollten sich die Familienmitglieder aufteilen. Für den Erdbeeranbau mit den vier Verkaufsstellen werde man Saison-AK beschäftigen. Im Übrigen könne man nicht mit Lohnkosten wie im gewerblichen Bereich kalkulieren.

Hat der Physiotherapeut das erforderliche Fachwissen, um einen Nebenerwerbshof erfolgreich führen zu können? Ja, meint der Kläger. Experten der Landwirtschaftskammer, mit denen er ein Fachgespräch zur Pferdehaltung geführt habe, hätten ihm das bestätigt. Er habe Seminare zum Anbau von Erdbeeren besucht. Zudem helfe er seit Jahren seinem Schwager bei vielen Arbeiten auf dessen Hof.

Zur Urteilsbegründung

„Würde ein vernünftig denkender Landwirt dieses viele Geld in die Hand nehmen, um einen Jahresgewinn von 10 000 € zu erzielen“, fragte Dr. Middeke. Der Vorsitzende Richter bescheinigte dem Kläger zwar, dass er seine Pläne gewissenhaft und ernsthaft verfolge. Doch seine Berechnungen zum prognostizierten Einkommen ließen viele Fragen offen. Man könne nicht erkennen, ob der Kläger den Hof auf Dauer mit Gewinnerzielung betreiben könne. Somit müsse man von einem Hobby ausgehen. Hobbybetriebe seien im Außenbereich nicht privilegiert, sie dürften insbesondere keinen Gebäude nach § 35 BauGB errichten.

Was denn noch vorlegen?

Dr. Vietmeier kann die Ablehnungsgründe des Kreises und des Gerichtes nicht nachvollziehen. Es sei nicht zwingend notwendig, dass ein Bauherr schon beim Einreichen des Antrages auf einen Bauvorbescheid Pachtverträge mit zwölfjähriger Laufzeit nachweisen müsse. Den Flächennachweis könne der Kreis auch noch später über eine Nebenbestimmung in der Baugenehmigung absichern.

Dr. Vietmeier: „Unseres Erachtens hat der Kläger alle Zahlen und Daten für eine belastbare Prognoseberechnung nachgewiesen. Dabei waren die Fachleute der Landwirtschaftskammer behilflich. Was soll er denn noch tun, damit der Kreis grünes Licht für die Bauvoranfrage gibt?“ Bei Redaktionsschluss war nicht bekannt, ob Martin T. Berufung einlegen wird. (Az. 2 K 672/15). Armin Asbrand