Das Jakobskreuzkraut (JKK) zählt zu den giftigsten Pflanzen auf dem Grünland, weil es nachhaltig die Leber von Rindern und anderen Tieren schädigen kann. Jetzt, Ende Juni, beginnt wieder die Blütezeit der Pflanze.
Landwirte, Pferdehalter und Imker beobachten die zunehmende Ausbreitung der Giftpflanze kritisch und mit Sorgen, denn einmal in sehr hohen Anteilen etabliert, ist Jakobskreuzkraut nur schwer zu bekämpfen.
Wo steckt das Gift?
Das zur Familie der Korbblütler gehörende JKK zählt neben der Herbstzeitlosen und weiteren Kreuzkrautarten zweifelsohne zu den giftigsten Pflanzenarten des Grünlandes. Es enthält etwa ein Dutzend verschiedene „Pyrrolizidin-Alkaloide“ (PA). Die höchsten PA-Konzentrationen finden sich in der Blüte. Primär sind aber nicht diese PAs giftig, sondern deren enzymatisch abgebauten Stoffwechselprodukte (Pyrrole) – sie wirken vor allem leberschädigend.
Die Giftstoffe können sich über die kontinuierliche Aufnahme über das Futter in der Leber anreichern (Akkumulation) und führen zu chronischen Lebervergiftungen.
Vergiftungen bei Tieren äußern sich unterschiedlich, weshalb Tierhalter und Tierärzte oftmals keine Vergiftung mit JKK zuordnen können.
Pferde und Rinder reagieren danach offensichtlich deutlich empfindlicher als Schafe und Ziegen. Das Vorkommen anderer giftiger Pflanzenarten auf dem Grünland wie zum Beispiel Sumpf-Schachtelhalm, Herbstzeitlose und Adlerfarn auf der Weide oder vor allem in Heu oder Silage kann ebenfalls problematisch sein. Während giftige Glycoside, eine zuckerhaltige Verbindung, wie sie beispielsweise beim Scharfen Hahnenfuß vorkommen, durch den Trocknungsprozess nahezu abgebaut werden, bleiben Alkaloide weitgehend erhalten, sodass die Giftigkeit beim JKK oder auch bei der Herbstzeitlosen im Heu oder in der Silage bestehen bleibt.
Die Grenze ist erreicht
Aus heutigem Kenntnisstand gilt ein Ertragsanteil von 0,05 % oder 1 Trieb je Ar (100 m²) als äußerste Grenze der Verunkrautung mit JKK. Denn gerade in der Mutterkuh- oder Pferdehaltung ist ein größeres Risiko einer Gesundheitsgefährdung zu befürchten, da die Gefahr der Akkumulation von PAs im Körper aufgrund der Langlebigkeit dieser Tiere besteht.
In der Literatur werden Ertragsanteile von unter 3 % im Wiesenfutter für Heu oder Silage als stark gesundheitsschädigend und Anteile von mehr als 3 % als tödlich für Tiere eingestuft. Vor dem Hintergrund der starken toxischen Wirkung von JKK gilt besonders auf Grünlandflächen, die vor allem für die Futterkonservierung (Silage, Heu) genutzt werden, null Toleranz gegenüber der Giftpflanze.
Auf landwirtschaftlichen Nutzflächen tritt Jakobskreuzkraut zunehmend auf extensiv genutzten Wiesen und Weiden sowie Brachen auf. Es kommt daher häufig auch auf Naturschutzgrünland und extensiven Pferdeweiden vor – sprich bei geringer Nutzungs- und Düngungsintensität.
Auf intensiv genutztem und gedüngtem Grünland ist JKK so gut wie gar nicht anzutreffen, da es bei häufiger Nutzung dem Konkurrenzdruck der wüchsigen Kulturgräser nicht gewachsen ist und immer wieder geschwächt und dadurch verdrängt wird.
Weidetiere wie Rinder und vor allem Pferde selektieren beim Fressen stark und meiden Kreuzkräuter aufgrund ihres bitteren Geschmacks in der Regel.
Problem Naturschutz?
Wenn im Rahmen der Weidepflege keine regelmäßige Nachmahd vor der Blütenbildung von JKK erfolgt und auch sonst keine direkten Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden, kann sich diese Art schrittweise auf der Fläche ausbreiten und innerhalb weniger Jahre massenhaft auf der Weide auftreten. Im Rahmen des Naturschutzes auf extensiv genutzten Weideflächen ist es durchaus eine Strategie, Pflegemaßnahmen wie regelmäßige Nachmahd zu unterlassen bzw. nur gelegentlich durchzuführen. Dadurch sollen sich vor allem Kräuter wie Wiesenflockenblumen, Wiesenknautie, Margeriten oder auch Distelarten ausbreiten können. Sie sind attraktiv für Insekten und eine wichtige Fraß- und Entwicklungspflanze für verschiedene Tierarten.
Kommt auf solchen Weideflächen aber auch JKK vor, kann es sich ebenso ausbreiten. Diese Art hat aber ein sehr großes Reproduktionsvermögen und kann im Laufe der Jahre sehr hohe Anteile einnehmen, Bestände dominieren und andere Blütenpflanzen verdrängen. Nicht selten haben sich gerade auf extensiv genutztem Naturschutzgrünland regelrechte „Sackgassenbestände“ entwickelt. Hier ist eine futterbauliche Nutzung aus Tierschutzgründen nicht mehr zu verantworten.
Alle Möglichkeiten nutzen
Für die Bewirtschaftungspraxis gilt, vor allem das Wachstum von konkurrenzstarken Gräsern zu fördern. Dementsprechend sollten Praktiker auf den richtigen pH-Wert und eine angepasste Nährstoffversorgung achten. Außerdem fördert sowohl eine selektive Über- als auch eine Unterbeweidung die Giftpflanze. Ordnungsgemäße Weidepflegemaßnahmen sowie Düngung und rechtzeitige Nachsaaten zur Sicherung einer dichten, konkurrenzfähigen Narbe sind hilfreich, JKK zu verdrängen oder vorzubeugen.
Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählt auch die konsequente direkte Bekämpfung. Herbizide sollten vor allem zur Einzelpflanzenbekämpfung eingesetzt werden, soweit dies arbeitswirtschaftlich vertretbar ist. Geeignet sind eine 33%ige Glyphosatlösung oder eine 1%ige Lösung mit Simplex, die mit der Rückenspritze oder einem Dochtstreichgerät ausgebracht wird. Selbst für die chemische Einzelpflanzenbekämpfung ist für den Anwender unbedingt ein Sachkundenachweis erforderlich.
Ist eine direkte Bekämpfung mit chemischen Herbiziden flächenweise aufgrund von Bewirtschaftungsauflagen nicht möglich, können nur konsequente Pflege- und Nutzungsmaßnahmen über einen Zeitraum von mehreren Jahren die Pflanzenzahl reduzieren. Der optimale Schnittzeitpunkt zur Bekämpfung des Jakobskreuzkrautes ist stets eine Kompromisslösung: Sinnvoll ist ein möglichst später 1. Schnitt, damit die Pflanze stärker geschwächt wird, aber früh genug, damit sie nicht erneut aussamen kann. Optimaler Termin: Mehr als die Hälfte der Giftpflanzen hat erste offene Blüten (je nach Witterung und Lage etwa Ende Juni).
Der 2. Schnitt sollte erfolgen, wenn wiederum mehr als die Hälfte der Wiederaustriebe erste offene Blüten hat (je nach Witterung und Lage etwa acht Wochen später).
Für die Niederungslagen empfiehlt sich eine dreimalige Schnittnutzung, für die Mittelgebirgslagen mit kürzerer Vegetationszeit wird in der Regel eine zweimalige Schnittnutzung ausreichen. Eine Sanierung von Problemflächen benötigt mehrere Jahre – eine Futternutzung ist in diesem Zeitraum nicht oder nur eingeschränkt möglich.
Werden auf Weideflächen Bereiche mit JKK gemulcht, sollte bis zur vollständigen Verrottung des Häckselguts keine Beweidung stattfinden – ansonsten besteht die Gefahr, dass angewelktes Mulchmaterial verstärkt und unselektiert gefressen wird.
Pflanzen entsorgen
Eine Verwertung JKK-haltiger Aufwüchse ist problemlos in Biogasanlagen möglich – auch die Entsorgung in zertifizierten Kompostieranlagen. Sowohl durch die Vergärung in Biogasanlagen als auch durch die hohen Temperaturenim ordnungsgemäßen Kompostierungsprozess kann die Keimfähigkeit von JKK-Samen sicher auf null gebracht werden.
Darüber hinaus können JKK-Pflanzen auch in Verbrennungsanlagen unschädlich gemacht werden. Eine Übersicht geeigneter Betriebe findet sich unter den weiterführenden Hinweisen beim Verband der Humus- und Erdenwirtschaft.
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