PCB-belastetes Agravis-Futter

Inzwischen 41 Betriebe in Westfalen gesperrt

Das PCB-verunreinigte Futtermittel aus einem Agravis-Futtermittelwerk in Minden hat offenbar weitere Kreise als bislang vermutet. Mittlerweile sind 41 Geflügelbetriebe in Westfalen sowie 9 in Niedersachsen gesperrt.

Mit Lacksplittern verunreinigte Futtermittel aus einem Agravis-Futtermittelwerk in Minden haben offenbar weitere Kreise gezogen als zunächst vermutet. Mittlerweile sind 41 Geflügelbetriebe in Westfalen sowie weitere neun in Niedersachsen gesperrt. In Brandenburg wurde ein Betrieb gesperrt. Einzelne Futterlieferungen sollen auch an Betriebe in Hessen gegangen sein, die derzeit überprüft werden.

LANUV: Keine akute Gesundheitsgefahr

Wie bereits gestern berichtet, hatte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) Anfang November bei Routinekontrollen in einem Schlachtbetrieb im Paderborner Land belastetes Mastgeflügel gefunden. Als Quelle wurde das Agravis-Futtermittelmischwerk in Minden ermittelt.

Dort, so teilte die Behörde mit, sei es zu Lackabsplitterungen gekommen, die ins Futter gelangt seien. Die dort verwendeten Futtermittelboxen waren, wie eine LANUV-Sprecherin gegenüber dem Wochenblatt erläuterte, mit einen PCB-haltigen Lack gestrichen, dessen Verwendung seit 1989 verboten sei. Entsprechend alt sei vermutlich auch der Anstrich, von dem nun einzelne Reste sich gelöst und ins Futtermittel gelangt seien.

Das LANUV betont, dass für Verbraucher zu keinem Zeitpunkt eine akute Gesundheitsgefahr bestanden habe. Die in den Lacksplittern gefundenen polychlorierten Biphenyle (PCB) sind giftige Substanzen, die nur sehr schwer abbaubar sind. In den gefundenen Proben seien die zulässigen Höchstmengen überschritten worden, so das LANUV, das gleichzeitig betont: Eine akute Gesundheitsgefahr hat nicht bestanden.

Gesperrte Betriebe in Westfalen

Mit dem kontaminierten Futter sind nach aktuellem Kenntnisstand der Behörden allein in Westfalen 41 geflügelhaltende Betriebe beliefert worden: 24 Masthähnchen-, 8 Putenmast- und 7 Legehennen-Betriebe sowie 2 Enten- und Gänsehalter. Sie wurden bis auf weiteres gesperrt. Nach jüngsten amtlichen Angaben liegen

  • 18 Betriebe im Kreis Gütersloh,
  • 14 Betriebe im Kreis Paderborn
  • 5 Betriebe im Kreis Soest,
  • 4 Betriebe in den Kreisen Herford, Lippe und Warendorf sowie in Münster.

Zur Zeit werden Proben von Eiern, Fleisch und Futtermitteln genommen und untersucht. Bereits jetzt sind laut LANUV „größere Mengen“ an Futter und Schlachttierkörpern beseitigt worden.

Die Lage in Niedersachsen

In Niedersachsen gesperrt sind bislang neun Hähnchenmast-, Legehennen- und Putenmastbetriebe: 5 im Landkreis Osnabrück sowie jeweils 2 in den Landkreisen Nienburg und Grafschaft-Bentheim. Allein nach Niedersachsen sollen nach Information der Behörden etwa 290 t der unter Verdacht stehenden Futtermittelchargen geliefert worden sein.

Das Landwirtschaftsministerium in Hannover hatte bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass die Futtermittel aus den verdächtigen Chargen vollständig verfüttert sind. Untersuchungen ergaben, das Fleisch aus 4 der 9 betroffenen Betriebe unbedenklich ist. Putenfleisch aus einem Betrieb im Landkreis Nienburg darf hingegen nicht als Lebensmittel verzehrt werden, weil dort die Belastung über dem Höchstgehalt liegt.

Bei einem der in Niedersachsen betroffenen Betriebe handelt es sich um einen Junghennenaufzuchtbetrieb, der Jungtiere an 18 Legehennenbetriebe in Niedersachsen sowie in Nordrhein-Westfalen (3 Betriebe), Sachsen-Anhalt (2 Betriebe), Brandenburg (1 Betrieb) und Thüringen (1 Betrieb) geliefert. Auch diese Betriebe sind gesperrt, bis für die Eier nähere Untersuchungsergebnisse vorliegen.

Was heißt PCB?
Das Kürzel PCB steht für „Polychlorierte Biphenyle“. Damit werden synthetische Stoffgemische bezeichnet, die erstmals 1929 hergestellt und vor allem in den 1960er und 1970er Jahren in Lackanstrichen, ferner auch für Fugenmassen und in elektrischen Bauteilen sowie in Hydraulikflüssigkeiten eingesetzt worden sind.
Seit 1989 ist die Herstellung, der Verkauf und die Verwendung von PCB in Deutschland verboten. Laut Gefahrstoffrecht sind PCB „möglicherweise krebserregend“ sowie „reproduktionstoxisch", sie können also die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und ungeborenes Leben schädigen. Außerdem können sie die Schilddrüse sowie das Nerven- und Immunsystem beeinträchtigen oder schädigen. PCB sind nur langsam abbaubar und reichern sich aufgrund ihrer Fettlöslichkeit im menschlichen Organismus an. Str.