Internet auf dem Land: Alarm der Landkreise

Eine „digitale Misere“ im ländlichen Raum beklagt Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages. Die Bundesregierung habe die Weichen schlecht gestellt, und die Telekom führe mit ihrer „Vectoring-Technik“ in eine Sackgasse.

In den Landkreisen geht der Ausbau flächendeckender und schneller Internetverbindungen zu langsam. „Ohne diesen Standortfaktor ist eine wirtschaftliche, aber auch sonstige Entwicklung schlicht nicht mehr vorstellbar“, sagte Reinhard Sager (CDU), Präsident des Deutschen Landkreistages, gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Digital nur im Titel
Auf Unterschiede in den Entwicklungsperspektiven einzelner Regionen und Kreise macht die Bertelsmann-Stiftung aufmerksam in einer Studie mit dem Titel: „Smart Country regional gedacht – Teilräumliche Analysen für digitale Strategien in Deutschland“.
Darin finden sich allerdings keine Vorschläge zum Netzausbau, sondern differenzierte Strukturanalysen der Kommunen, Kreise und Regionen in Deutschland mit Blick auf Bevölkerung, Wirtschaft, Infrastruktur oder Bildung. Demnach haben in Westfalen unter anderem der Kreis Gütersloh sowie die Städte Dortmund und Münster gute Entwicklungschancen. "Deutlichen Strukturschwächen“ erkennt die Stiftung hingegen im Ennepe-Ruhr-Kreis, den Kreisen Recklinghausen und Unna sowie in Bottrop. Um zu verhindern, dass Städte und Kreise "abgehängt" werden, brauche es differenzierte Strategien sowie staatliche Unterstützung, beispielsweise beim Breitbandausbau. Str.

"Vectoring" führt in eine Sackgasse

Vorwürfe erhob Sager gegenüber der Bundesregierung, die die Weichen zur Digitalisierung schlecht gestellt habe, und der Telekom. Das einstige Staatsunternehmen betrachtet Sager als mitschuldig an der „digitalen Misere“.

Die Telekom setze wie einige andere Kommunikationsunternehmen auf Kupferkabel und Vectoring-Technik. Doch das sei „gerade nicht geeignet, uns in Richtung Gigabit zu bringen“, zitiert die FAZ den Präsidenten des Landkreistages. Er warnt:

„Hat man erst einmal diesen Weg eingeschlagen, wird sich das als Sackgasse entpuppen, weil damit die hohen Übertragungsraten nicht erreichbar sind.“

Der Telekom und anderen anderen Unternehmen warf Sager außerdem ein „Rosinenpicken“ der Förderprogramme vor. Diese Zersplitterung verteuere die Versorgung vor allem ländlicher Gebiete.

Bessere Koordination

Der Landkreistag schlägt eine stärkere Koordinierung des Netzausbaues mithilfe einer verbindlichen, konkreten „Meilenstein“-Planung vor. In besonders schwer zu versorgenden ländlichen Gebieten solle jeweils ein Anbieter das ausschließliche Recht und damit auch die Verpflichtung zum Netzbau erhalten. „Durch die Vergabe des Wegerechts an nur ein Unternehmen würde ein wirtschaftlicher Anreiz geschaffen, so dass sich Investitionen besser als heute rechnen“, sagte Sager der FAZ. Gisbert Strotdrees