Angefangen hat alles beim Radiohören auf dem Schlepper: Torben Krömeke aus Brakel-Frohnhausen im Kreis Höxter fuhr gerade mit Trecker und Pflanzenschutzspritze durch seinen Winterraps, als er einen Bericht über das Insektensterben und das Mitverschulden der Landwirte daran hörte. „Das kann so nicht weitergehen“, dachte der Ackerbauer und Schweinemäster: „Ich will als konventionell wirtschaftender Landwirt nicht länger das Problem, sondern Teil der Lösung sein. Wie wäre es denn, wenn ich einen Teil meiner Fläche zur Insektenweide mache und an Blühpaten vermiete? Damit würde die Verantwortung für den Insektenschutz sinnvoll auf mehreren gesellschaftlichen Schultern verteilt.“
Start mit 4 ha Fläche
Organisieren ließe sich ein solches Blühpatensystem am besten über eine Online-Plattform, so Krömekes Überzeugung. Und diese wäre auch nicht auf einen kleinen Umkreis begrenzt, sondern könnte von interessierten Landwirten und Insektenfreunden aus ganz Deutschland genutzt werden – quasi als privat organisierter Vertragsnaturschutz zum Wohle von Insekten und Bauern.
„Ein solches System kann ich allein jedoch nicht aufbauen“, wusste der Landwirt und Familienvater. Deshalb sprach er einige Bekannte an, die von der Idee ebenfalls schnell begeistert waren. Im Juni gründete er dann zusammen mit Marketing-Fachmann Philipp Held-Meisterjahn und Politik-Netzwerker Tobias Leiber die Insektenhelden GbR.
Mit weiteren Unterstützern wurde eine aktuell noch laufende Crowdfunding-Kampagne angestoßen, um Finanzmittel einzuwerben, mit denen das System ans Laufen gebracht werden soll. Die Insektenhelden rührten die Werbetrommel, ließen Flyer drucken und einen Image-Film drehen. Torben Krömeke ging zudem in Vorleistung: Er brach 4 ha Triticale um und säte dort gewissermaßen als Prototyp- bzw. Versuchsfläche eine Blühmischung ein.
Den ganzen Sommer über erfassten Wissenschaftler und Mitarbeiter der Landschaftsstation des Kreises Höxter auf der Blühfläche die Insektenvorkommen. „Wir möchten nämlich, dass unser Insektenschutz nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht ist“, so Krömeke: Es geht um langfristige Effekte, die über die sommerliche Blumenwiese hinausreichen. So wollen die Insektenhelden herausfinden, welche Saatmischung und Bewirtschaftung den Bienen, Hummeln und Laufkäfern wirklich weiterhilft.
Langfristiger Ansatz
Die Ackerflächen sollen zudem stets für mehrere Jahre als Insekten-Lebensraum gestaltet werden und eine Mindestgröße von 1 ha aufweisen, beschreibt er das Anforderungsprofil für interessierte Berufskollegen. Wer bei „insektenhelden.de“ mitmachen möchte, muss die Fläche aus der regulären Bewirtschaftung nehmen. Mit einer entsprechenden Codierung bleibt der Acker trotzdem im EU-Flächenantrag, hat Krömeke recherchiert. Als Ausgleich für den entgangenen Deckungsbeitrag erhält der teilnehmende Landwirt von „seinen“ Blühpaten eine vertraglich zugesicherte Pacht, die von den Naturfreunden bezahlt und über die Online-Plattform nach festen Regeln verteilt werden soll. „Unser Ansatz sind 0,50 €/m2 Blühfläche“, erklärt Krömeke.
Und die Bezahlung?
Die Hälfte davon erhält der Landwirt für das Zur-Verfügung-Stellen und die Pflege der Fläche. Jeweils 25% sind für den Betrieb der Online-Plattform und für eine gemeinnützige Stiftung vorgesehen. Diese soll die Forschung weiter vorantreiben, aber zum Beispiel auch einspringen, wenn für einzelne Flächen mal die Blühpatengelder stocken.
„Insgesamt wollen wir mindestens 1000 ha Lebensraum für Insekten schaffen“, nennt Krömeke das Ziel: „Bei rund 12 Mio. ha Ackerfläche in Deutschland sollte das machbar sein. Wir haben einen Schneeball ins Rollen gebracht. Jetzt können und dürfen uns noch viele Menschen unterstützen und mithelfen, dass er an Form gewinnt!"
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