Im kommenden Jahr startet die Initiative Tierwohl (ITW) die dritte Phase ihres Programms, mit dem Tierwohlleistungen der Landwirte gesondert vergütet werden. Sie umfasst die Jahre 2021 bis 2023. Am Donnerstag vergangener Woche stellte ITW-Geschäftsführer Dr. Alexander Hinrichs in Berlin die geplanten Neuerungen vor.
„Marktnahe Finanzierung“
Wichtigste Änderung ist die Umstellung des Finanzierungsmodells in der Schweinehaltung. Außerdem sollen die Verbraucher von Mitte 2021 an auch im Geschäft erkennen können, welches Fleisch bzw. Teilstück vom Schwein aus ITW-Betrieben stammt.
Diese sogenannte Nämlichkeit hat bisher beim Schweinefleisch gefehlt und führte häufig zu Kritik an der ITW. Für die Mast soll es künftig eine Marktlösung bei der Finanzierung geben, für die Ferkelerzeugung dagegen noch einen Übergangsfonds.
Basis des neuen Modells ist die Verpflichtung der teilnehmenden Lebensmitteleinzelhändler (Rewe, Edeka, Aldi, Lidl, Kaufland, Netto, Penny, Wasgau), wesentliche Teile ihrer Sortimente von ITW-Betrieben zu beziehen und dafür auch Preiszuschläge angemessen zu berücksichtigen. Den Tierwohl-Zuschlag erhalten die Landwirte dann aber direkt von den Schlachtbetrieben, und zwar einen Betrag von 5,28 € je Mastschwein. Diese Summe hat die ITW festgelegt und soll die zusätzlichen Aufwendungen abgelten, die für die Erfüllung der ITW-Kriterien nötig sind.
Verpflichtender Kriterienkatalog
Der Kriterienkatalog wird von 2021 an aber einheitlich und verpflichtend sein; eine Wahlmöglichkeit zwischen Modulen gibt es nicht mehr. Unter anderem wird eine Raufuttergabe verpflichtend. Hinrichs rechnet damit, dass zur Deckung des Bedarfs wesentlich mehr Schweinemäster am Programm teilnehmen „müssen“ als bisher. Im Gespräch ist eine Verdopplung der Zahlen. So eröffnen sich nach seiner Überzeugung Chancen für die Betriebe, die bisher nicht teilnehmen konnten. Die Ferkelerzeuger erhalten ihren Zuschlag weiter direkt von der ITW, wobei dessen Finanzierung zunächst über einen Übergangsfonds laufen soll, in den vom Handel 2 Cent/kg Schlachtgewicht eingezahlt werden. Dabei solle es um rund 30 Mio. € gehen.
Bei Geflügel bleibt der einheitliche Preisaufschlag unverändert. Der Mehraufwand wird von den Schlachtbetrieben mit einer Zahlung an die ITW abgegolten, die das Geld dann an die teilnehmenden Betriebe weiterreicht. Das Fleisch aus ITW-Betrieben wird für die Verbraucher in den Geschäften erkennbar sein. Bezogen auf die Haltungskennzeichnung des Lebensmittelhandels mit den Stufen 1 bis 4 entsprechen die ITW-Kriterien der Haltungsform 2. Hinrichs betonte, nun seien die Menschen im Supermarkt gefragt, sich bei der Einkaufsentscheidung bewusst für Fleisch mit mehr Tierwohl zu entscheiden. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass die Preisaufschläge moderat ausfallen werden, sodass nicht nur „Bioeliten“ sich das leisten könnten. Im Gegenteil: Es gehe darum, mehr Tierwohl in der Breite zu verankern. Bisher kommt die Initiative Tierwohl bei Schweinefleisch auf einen Marktanteil von rund 24 %, bei Geflügelfleisch schon auf 70 %. Rund 6700 tierhaltende Betriebe sind Teilnehmer des Programms, zu dem zweimal jährliche Kontrollen auf den Höfen gehören, eine davon gänzlich unangekündigt. Seit dem Start der Initiative wurden bisher mehr als 500 Mio.€ an die Betriebe ausgezahlt.
Ein kompatibles System
Mit Blick auf die Einführung eines staatlichen Tierwohl-Labels erklärte Hinrichs, das ITW-System vertrage sich auch mit anderen Systemen. „Wir sind anschlussfähig“, erklärte er. Für die Landwirte ist dabei wichtig, dass die vereinbarten Zuschläge nicht wegfallen, sondern weiter gezahlt werden.
Mehr zum Thema: