Herr Müller, genau zwei Jahre nach Ihrer Forderung nach einer „Sektorstrategie Milch“ hat die Branche auf der diesjährigen Grünen Woche ein Konzept vorgelegt. Sind Sie mit dem Entwicklungsprozess zufrieden?
Als ich den Ball vor zwei Jahren ins Rollen gebracht habe, war spannend, ob die Branche die Bildung einer Sektorstrategie Milch tatsächlich ernsthaft aufgreift und diskutiert – oder ob die Idee verpufft. Jetzt haben wir – vermutlich erstmalig - einen Schulterschluss geübt und eine Sektorstrategie 2030 für eine zukunftsfeste Milchwirtschaft vorgelegt. Die „Strategie“ ist für den Moment ein gemeinsames Verständnis. Das alleine ist schon gut und werte ich sehr positiv. Ohne diesen Schulterschluss können wir nicht ernsthaft von der Politik oder der Gesellschaft fordern, mit uns in einen Dialog zu gehen.
Wie beurteilen Sie die Ergebnisse? Sind Ihre Forderungen erfüllt?
VW-Chef Diess hat dieser Tage zu seinen Führungskräften gesagt „Wir brauchen die gemeinsame Einsicht in die Radikalität des Wandels. In die Größe unserer Aufgabe. Und in die Kürze der Zeit.“ Diese drei Sätze drücken 1:1 aus, was auch unseren Sektor betrifft. Die Umsetzung der einzelnen im 36seitigen Strategie-Papier formulierten Punkte wird aus meiner Sicht weniger von externen Faktoren bestimmt sondern von den intern handelnden Menschen. Einfach ausgedrückt, es liegt an uns, die Rampe zu nutzen, die wir gebaut haben. Alles andere sind Ausreden. Gemessen wird der Erfolg an der Umsetzung, nicht an beschriebenem Papier.
Branchenkommunikation, Standardsetzung und Lieferbeziehung sind die drei Kernelemente, die aktuell aber noch ohne konkreten Inhalt stehen. Was muss jetzt passieren?
Vor allem müssen jetzt persönliche Befindlichkeiten und Revierkämpfe abgestellt werden. Wir haben zu lange den schwarzen Peter durch die Reihen gereicht und mit dem Finger aufeinander gezeigt. Neues beginnen wird nur funktionieren, wenn wir auch alte Gewohnheiten abstellen. Wir haben uns in der Vergangenheit gerne im „Klein-Klein“ verloren. In dieser herausfordernden Zeit geht es um neues Denken und die Bündelung der Kräfte, um die Elemente mit Leben zu füllen.
Vor allem für die Branchenkommunikation muss Geld her. Wie kann das gelingen? Konkret: Unterstützt das DMK?
Wer eine wahrnehmbare und wirksame Kommunikation aufbauen will, muss auch Geld in die Hand nehmen. Wir werden aus der Branche heraus Geld einsammeln, um mit diesem Geld professionell Kommunikation zu betreiben. Der Zusatz „professionell“ ist dabei wichtig: Bevor wir Geld einsammeln, brauchen wir eine klare Analyse der „Problemzonen“ und Lösungen dafür. Erst dann können wir über Summen sprechen. Daran arbeiten die Experten bereits. Worum geht es inhaltlich? Wir im landwirtschaftlichen Sektor haben verpasst zu zeigen, wie es auf modernen Höfen und in den Molkereien abläuft. Wir müssen uns besser erklären und junge Gesichter zeigen, die auch an der Zukunft arbeiten. Das ist ein radikaler Bruch mit der gelebten Praxis der letzten Jahre. Wir als DMK bringen uns in vielen Arbeitsgruppen aktiv ein.
Wie muss es insgesamt mit der Sektorstrategie weitergehen?
Im deutschen Milchmarkt mit mehr als 100 Molkereien und 60 000 Milchbauern haben wir uns auf einen gemeinsamen Weg verständigt. Das ist kein Sprint und wir werden auch keinen Zeitpunkt definieren können, an dem wir damit fertig sind. Das wird einige auf eine harte Geduldsprobe stellen und es wird auch Momente geben, wo wir mit Kritik umgehen müssen. Mit der Strategie 2030 wird der Startschuss für einen fortlaufenden Prozess gegeben. Wir haben jetzt diese einmalige Chance, die wir nutzen sollten!