Im Corona-Fall: Kommt der Betriebshelfer auf den Hof?

Die Betriebshilfsdienste (BHD) in Westfalen-Lippe wollen am Einzelfall entscheiden, ob in Corona-Fällen ein Betriebshelfer auf den Hof kommt.

Bislang ist nicht bekannt, ob es Corona-Verdachtsfälle auf Höfen in Westfalen-Lippe gibt. Doch glaubt man den Experten, wird das Virus keinen Bogen um die Menschen auf dem Lande machen.

Bäuerinnen und Landwirte, die unter Quarantäne gestellt werden oder die sich infizieren, fragen: Haben wir Anspruch auf Betriebs- oder Haushaltshilfe und wird uns der Betriebshilfsdienst (BHD) zum Beispiel einen Betriebshelfer auf den Hof schicken?

Zwingend: Krankschreibung

Ob Anspruch auf Betriebs- oder Haushaltshilfe besteht, entscheidet der Sozialversicherungsträger (das ist in der Regel die SVLFG oder die gesetzliche Krankenkasse) auf Antrag des Versicherten. Der BHD hilft zwar bei der Antragstellung, kann aber nicht entscheiden, sagt Jörg Uennigmann, Geschäftsführer des Kuratoriums. Wie in allen Krankheitsfällen gelte auch hier: Liegt eine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit vor, wird der Helfereinsatz genehmigt.

Kein Anspruch auf Betriebs- und Haushaltshilfe besteht hingegen bei einer bloßen Quarantäne (ohne Krankschreibung), wenn zwar ein Kontaktverbot ausgesprochen wird, der Landwirt aber weiter seine Tiere versorgen und Arbeiten in Feld und Wald erledigen kann, so der Geschäftsführer. Ebenso könne die ­Familie keine Haushaltshilfe zur ­Betreuung der wegen Schulschließungen zu Hause bleibenden Kinder beanspruchen.

Fürsorgepflicht gegenüber Beschäftigten

Der Einsatz eines Helfers oder einer Helferin habe aber noch eine zweite Dimension, sagt Uennigmann und weist darauf hin, dass jeder BHD als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten habe. „Der jeweilige BHD kann also seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht so ohne weiteres verpflichten, auf einem Betrieb mit Verdachts­fällen oder Corona-Infizierten seinen Dienst zu tun.“

Gerade als Selbst­hilfeorganisationen der Landwirte müssten die BHDs auch darauf achten, dass die Helfer und Helferinnen nicht selbst unter Quarantäne gerieten oder zur Verbreitung des Virus beitrügen. Und schließlich hätten im Zusammenhang mit Corona immer auch die zuständigen Gesundheitsämter und Ordnungsbehörden ein Wort mitzureden.

Die 18 BHDs in Westfalen-Lippe werden ihre Mitglieder in einer Notlage nicht im Stich lassen, versichert Uennigmann. Und wenn es einen Junggesellen trifft, der ganz allein auf seinem Hof ist und keine Hilfe von Verwandten und Nachbarn erwarten kann? Uennigmann: „Auch hier muss der BHD im Einzelfall und in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden schauen, unter welchen Voraussetzungen der Helfer auf den Betrieb kommen kann. Möglich ist zum Beispiel, dass der Helfer jeglichen Kontakt zum Infizierten meidet und Anweisungen vom Landwirt etwa per Handy erhält.“

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