"Heißer Herbst" in Brüssel?

Die Diskussion um die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dürfte sich nach der Sommerpause für einige Monate auf das Europaparlament konzentrieren. Der Landwirtschaftsausschuss will bis zum November eine gemeinsame, wenn auch noch inoffizielle Position zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission finden. Eine verbindliche Abstimmung soll erst stattfinden, wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf einen Haushaltsrahmen 2014 bis 2020 geeinigt haben.

Auf die Abgeordneten kommt ein gehöriger Batzen Arbeit zu, denn bis Mitte Juli wurden zu den vier zentralen Berichtsentwürfen mehr als 6.600 Änderungsanträge eingereicht – davon mehr als 2.200 zu der Vorlage des Sozialisten Manuel Luis Capoulas Santos über Direktzahlungen und Greening sowie gut 2.000 zu seinem Entwurf über den ländlichen Raum, ferner mehr als 1.800 Verbesserungsvorschläge sowie zu den Marktmaßnahmen sowie rund 600 Änderungswünsche zur Finanzierung und Kontrolle. Bis zum Jahresende sind für den Landwirtschaftsausschuss insgesamt noch zehn Sitzungstage vorgesehen.

So würden gerne Liberale und Christdemokraten die Auswahl der Greening-Optionen erweitern. In unterschiedlichen Einzelvorschlägen werden beispielsweise Stickstoffmanagement- und Energieeffizienzpläne, der Anbau von Zwischenfrüchten, pfluglose Bodenbearbeitung, Wasserschutzmaßnahmen oder Aktionspläne für die Artenvielfalt als Ergänzung genannt zu den drei Vorschlägen der Kommission – Anbaudiversität, Grünlandumbruchverbot und 7 % ökologische Vorrangflächen.

Nein zur Kappung

Gemeinsam mit ihren Kollegen von der CDU und CSU spricht sich die FDP-Agrarexpertin Britta Reimers gegen eine betriebsgrößenabhängige Kappung der Direktzahlungen aus. Darüber hinaus plädieren sie dafür, eine zusätzliche Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten über die Erste Säule nur freiwillig einzuführen.

Der Brite Nicholson wiederum unterstützt den polnischen Vizepräsidenten des Landwirtschaftsausschusses, Janusz Wojciechowski, bei der Forderung nach einer weitaus stärkeren Umverteilung: Danach sollen künftig alle Mitgliedstaaten aus dem EU-Agrarhaushalt die durchschnittliche Förderung je Hektar erhalten. Wer dabei Verluste hinnehmen muss, soll die Differenz teilweise mit nationalen Mitteln aufstocken dürfen.

Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, plädiert für eine klare Trennung in nachhaltige und nicht nachhaltige Bewirtschaftungspraktiken. Letztere sollen von GAP-Geldern ausgenommen werden. Darunter fallen für ihn beispielsweise Bewirtschaftungs- und Tierhaltungsverfahren, die wegen Überdüngung und Wasserverschmutzung „systematisch und ernsthaft“ gegen Cross-Compliance-Regeln in den Bereichen Umwelt sowie Volks-, Tier- und Pflanzengesundheit verstoßen, ferner zu hohe Tierbesatzdichten sowie Betriebe mit hoher Abhängigkeit von „externer Energie, Schädlingsbekämpfungsmitteln, Antibiotika, Wasser und Nährstoffinputs“.

Greening an Basisprämie binden

Die SPD-Europaabgeordnete Ulrike Rodust hält im Gegensatz zu ihren Kollegen von der CDU/CSU und der FDP an einer Verknüpfung des Greenings mit der Basisprämie fest. Verstöße könnten nach ihrer Lesart also zu Strafen von mehr als 30 % der Direktzahlungen führen. Hinsichtlich einer möglichen zusätzlichen Umschichtung von Direktzahlungen in die ländliche Entwicklung geht Rodust über den Kommissionsvorschlag hinaus: Nicht nur höchstens 10 %, sondern bis zu 20 % sollen die Mitgliedstaaten in die Zweite Säule verschieben dürfen. AgE