Geflügelhaltung

Hähnchenmast: Weniger Antibiotika durch höhere Präzision

Genauigkeit und ein ausgefeiltes Impfprogramm sind die Basis für den Erfolg von Claus Wöste aus Börger. Antibiotika will er in seinen Hähnchenställen so weit wie möglich vermeiden. Wir haben uns angesehen, wie ihm das gelingt.

Von der Hofstelle am Ortsrand des Dorfes aus werden 320 ha Ackerland bearbeitet. Vorwiegend setzt Claus Wöste dabei auf den Kartoffelanbau. Vor zehn Jahren startete der 36-Jährige mit der Hähnchenhaltung, damals mit zwei Ställen. Im Jahr darauf kamen zwei weitere Ställe hinzu. Die Tierhaltung ist bis heute der Dreh- und Angelpunkt für den Betriebserfolg. „Die Hähnchen sind unser Zugpferd, sie stehen an erster Stelle“, betont Wöste. 2011 wurde in Kooperation mit zwei weiteren Partnern eine 500-kW-Biogasanlage mit Satelliten-Blockheizkraftwerk errichtet. Die Abwärme wird von einer Arztpraxis im Ort, einem Altenheim und auch zum Heizen der Hähnchenställe genutzt.

Wort des Beraters zählt

Von Beginn an gehört der Landwirt der Integration des Unternehmens Rothkötter an. Deren Schlachterei in Haren liegt 40 km vom Hof entfernt. Wöste nimmt an der Initiative Tierwohl teil und zieht in jedem Stall etwa 37 000 Tiere auf. Zwischen dem 33. und 35. Tag wird vorgefangen. Dann haben die Tiere ein Gewicht von 1800 bis 1900g. Komplett ausgestallt wird nach 41 oder 42 Tagen mit einem Endgewicht von 2700 bis 2900g. Alle vier Ställe werden gleichzeitig ein- und ausgestallt.

Die Leistungen können sich sehen lassen: Stallverluste von unter 1 bis 2%, tägliche Zunahmen von über 65g sowie eine Futterverwertung von 1 : 1,53. Die Produktionskennzahl, ebenso ein Maß für die bio­logischen Leistungen, liegt stets über 400 und damit im oberen ­Viertel.

Claus Wöste (links) kann sich bei der Betreuung der Hähnchen voll auf seine Mitarbeiter Christian Spark, Julian Meyer und Frederik Fehrmann (Foto rechts) verlassen. Sie erhalten regelmäßige Schulungen durch den Tierarzt. (Bildquelle: Waterloh)

Fragt man Wöste nach seinem Erfolgskonzept, verweist dieser als Erstes auf seine Mutter, die wie sein Vater noch im Betrieb aktiv ist: „Sie arbeitet supergenau“, sagt Wöste. Nicht nur, dass sie stets alle Werte kontrolliert und aufschreibt. Auch wenn es um die Dosierung von Impfstoffen oder Zusätzen geht, sei sie äußerst penibel.

Dass Wöste ohne Erfahrung mit der Geflügelhaltung gestartet ist, war eher vorteilhaft, meint er: „Ich habe konsequent auf meine Berater gehört.“ Im Team mit seinen Betreuern von Rothkötter und seinem Tierarzt Dr. Andreas Hemme aus Vechta habe von Anfang an Offenheit geherrscht. „Niemand nimmt ein Blatt vor den Mund“, sagt Wöste. Bei Problemen wird zusammen nach den Ursachen und Wegen zur Lösung gesucht.

Der Grundstein für den geringen Antibiotika-Einsatz liegt Wöstes Meinung nach im Impfprogramm begründet. „Dafür muss ich mir dann auch einen halben Tag Zeit nehmen“, sagt er. Dies verlangt Wöste auch von seinen Mitarbeitern, zwei Festangestellten und einem Auszubildenden. Sie werden jährlich vom Tierarzt geschult.

Spray zeigt bessere Erfolge

Insbesondere seitdem die Impfung gegen Newcastle Disease (ND) am 7. Tag und die IB-Impfung (Infektiöse Bronchitis) am 13. Tag mittels Spray appliziert wird, sieht Wöste noch deutlichere Erfolge: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Spray besser von den Tieren aufgenommen wird“, sagt er. Bei der Gumboro-Impfung setzt Wöste zudem auf einen starken Impfstoff. Der ist zwar teurer, wirkt aber, seinen Erfahrungen nach, besser.

Zu Beginn der Mast, etwa bis zum dritten Lebenstag, achtet Wöste genau auf die Temperaturen in den Ställen. „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass sie in den ersten Tagen der Mast tendenziell etwas über der vorgegebenen Kurve liegen“, erläutert er. Statt 35 °C wird durchaus mal auf 37 °C erhöht, um eine optimale Tierverteilung zu erzielen und ein „Wohlfühlklima“ für die Küken einzustellen. Die genaue Temperatur sei schlussendlich abhängig vom Gewicht der Küken und dem Alter der Elterntierherde.

Auch die Technik hat ihren Anteil am Erfolg, wird im weiteren Gespräch deutlich. Schon frühzeitig hat Wöste auf eine Onlineüberwachung der Ställe gesetzt. Alle Parameter können dabei nicht nur von ihm, sondern von allen Mitarbeitern auf dem Mobiltelefon eingesehen werden. „Wir schauen uns zehnmal am Tag alle Werte an“, sagt Wöste. Das ergänze die Kontrollgänge. Und auch wenn tagsüber ein Mitarbeiter für die Hähnchen zuständig ist, geht Wöste am Abend immer noch mal selbst durch jeden Stall.

Werte im Stall stets im Blick

Auch ohne Alarm werden die Einstellungen am Computer laufend angepasst. „Wir greifen jeden Tag ein“, stellt Wöste klar. Ein besonderes Augenmerk richtet er stets auf die Lüftung.

Ein Paradebeispiel sei heißes Wetter. Dann macht Wöste nicht einfach die Zuluftklappen weiter auf, sondern setzt die Sprühkühlung ein. Damit lassen sich die Temperaturen im Stall um 5 bis 7 °C reduzieren. Auch verfügen die Ställe über eine aktive Unterdrucklüftung. Sie regelt Zu- und Abluft so, dass stets ein Unterdruck von 20 Pascal erreicht wird.

Eingestreut wird mit Holzgranulat, das Wöste über einen Händler vor Ort bezieht. Die Einstreu sei relativ weich und dabei sehr saugfähig. Sobald feuchte oder verkrustete Stellen im Stall zu finden sind, wird nachgestreut.

Eine Besonderheit in Wöstes Stall sind die Sprungtische. Diese sind 1 m breit und ziehen sich zweimal komplett durch die ganze Länge des Stalles. Durch Aufstiegshilfen gelangen die Tiere hinauf. Das Angebot wird gern genutzt, ebenso mögen es andere Tiere, im Schutz darunter zu liegen. Dadurch muss bei der Tierkontrolle jedoch noch genauer hingeschaut werden. Beim Fangen der Tiere können die Sprungtische hochgezogen werden. Und weil auf ihnen Einstreu verteilt wird, sind sie als Stallfläche anzurechnen.

Tränken selbst reinigen

Pingelig ist Wöste auch bei der Trinkwasserhygiene. „Wenn die Wasserqualität stimmt, geht man vielen Problemen aus dem Weg“, sagt er. Für die Serviceperiode hat er einen detaillierten Leitfaden entwickelt. Mit der Reinigung der Ställe ist ein Dienstleister beauftragt, die Tränken übernimmt der Landwirt mit seinem Team selbst.

Auf gute Mitarbeiter legt Wöste besonders viel Wert. „Wenn es gute Leute gibt, dann greife ich zu“, sagt er. Ansonsten ist auch schon mal Probearbeit angesagt. Wöste fährt nämlich nach dem Grundsatz, dass jeder alle Arbeiten übernehmen können soll. Da will er sich auf jeden verlassen können. Eine Ausnahme sind die 450-€-Kräfte, die in der Saison für die Feldarbeit angestellt werden. Bei der Stallarbeit will Wöste jedoch keine Kompromisse eingehen. „Die Antibiotika- Vermeidung steht über allem“, sagt er. Für den Moment bringe eine ­Behandlung zwar einen positiven Effekt, es sei jedoch klar, dass damit der Darm komplett aus dem Gleichgewicht gerate. Außerdem koste jede Behandlung Geld.

Die Tiere des aktuellen Durchgangs sind am heißesten Tag des Jahres eingestallt worden, zudem enthält das Futter seit dem 20. Tag neuen Weizen. Trotzdem gab es bislang keine Probleme. Die Tiere waren am Tag unseres Besuches 34 Tage alt, am Abend zuvor wurde vorgefangen.

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