Was sind Sie denn nun, Herr Hennenberg – Landwirt, Händler oder Vermögensverwalter?“ Wenn der 59-Jährige diese Frage hört, muss er schmunzeln. „Wir sind Landwirte, was denn sonst“, sagt seine Frau Klaudia selbstbewusst. Doch in der Tat – wie sich der einst kleine Hof seit 1990 entwickelt hat, verdient Respekt und Anerkennung. „Auch ohne Ackerbau und Viehzucht geht das Leben weiter. Für uns ist wichtig, dass wir unser Vermögen erhalten“, betonen die Eheleute.
Aus dem Dorf ausgesiedelt
In den 1960er-Jahren war die Familie im Zuge einer Flurbereinigung aus Walstedde ausgesiedelt. Heinrich und Elisabeth Hennenberg bewirtschafteten damals 17 ha Eigen- und bis zu 20 ha Pachtland. In ihren Ställen standen 20 Milchkühe und 150 Mastschweine. In der Tageszeitung wurde der Aussiedlerhof an der Bundesstraße 63 gelobt: ein „zukunftsfähiger Betrieb“.
Doch es kam anders. Eigentlich sollte Ludgers älterer Bruder den Hof übernehmen, doch der winkte ab. Deshalb lernte der Jüngere Landwirtschaft und besuchte die HöLa. 1981 pachtete Ludger den Hof vom Vater Heinrich, der fortan seine kleine Bauernrente bezog.
1984 starb Elisabeth Hennenberg, vier Jahre später ihr Ehemann. Mitte der 1980er-Jahre lernte Hoferbe Ludger seine spätere Ehefrau Klaudia kennen. Sie stammt nicht vom Hof und sah die Dinge nüchtern. Nach Geburt ihrer Söhne Christopher (1992) und Manuel (1995) musste auf dem Hof etwas passieren. Die Inneneinrichtung der Ställe war marode. Das Veterinäramt des Kreises Warendorf hatte wiederholt die Milchkammer moniert. „Wir mussten einen neuen Kuhstall bauen oder etwas anderes machen, um mehr Einkommen zu erzielen“, sagt Hennenberg.
Einstieg ins Strohgeschäft
Dann spielte der Zufall eine Rolle. 1995 hatte der Landwirt eine erste Halle errichtet, um mehr Heu und Stroh auf dem Hof lagern zu können. Sein Maschinenpark wuchs. Er begann, neben dem eigenen auch das Stroh von Berufskollegen zu pressen, einzulagern und damit zu handeln. „Einige Kollegen hielten uns für meschugge. Denn Stroh war doch nichts wert“, erinnert sich Klaudia Hennenberg.
Doch so schlecht war die Idee nicht. Anfangs verkauften die Eheleute ihr Stroh an das Kornhaus in Soest. Dann begann der Landwirt, eigene Kunden zu suchen. Das waren die spezialisierten Pferdebetriebe, die den eigenen Ackerbau aufgaben. Weil der Strohhandel wuchs und Hennenberg mehr Lagerraum benötigte, baute er 2001 eine weitere große Halle auf dem Hof. Darin kann er bis zu 2000 Quaderballen stapeln.
Dann kurbelte ein weiterer Zufall sein Strohgeschäft an. Ein Händler aus Holland fuhr auf der Bundesstraße und sah das viele Stroh in der Halle. Er hielt an und fragte: „Kann ich das Stroh kaufen? Kommen wir ins Geschäft?“ Spontan sagten die Hennenbergs zu.
Das war 2004/05. Seit dieser Zeit kauft der Holländer regelmäßig Stroh verschiedener Qualitäten. Das kurz gehäckselte Stroh, 3 bis 4 cm, veräußert er an Putenmäster und Hähnchenhalter. Das beste Stroh (Weizen, Gerste) verkauft Hennenberg dagegen selbst an Reiterhöfe in der Region. Unter anderem ist Bundestrainer Otto Becker aus Albersloh sein Kunde.
Seit 15 Jahren betreibt Hennenberg das Strohgeschäft. Dafür hat er sich Schlepper, Schwader, Hänger und weitere Maschinen angeschafft und zum Teil selbst optimiert. Hennenberg kauft ab Feld und lässt die Ballen vom Lohnunternehmer pressen. In Spitzenzeiten helfen ihm Jungbauern aus der Umgebung. Zu Hause sortiert und stapelt der Chef die Ballen in seiner großen Halle. Der Abverkauf läuft das ganze Jahr. Hennenberg: „Das Stroh kaufe ich per Rechnung von den Landwirten. Sie haben damit einen Nachweis für die Düngeverordnung und etwas mehr Luft bei der Gülledüngung.“
Hofgebäude umgenutzt
Doch den Eheleuten war immer bewusst: Allein vom Strohhandel können wir nicht leben. Deshalb begannen sie ab 2009, ihre Wirtschaftsgebäude umzunutzen und zu vermieten. Die Entwicklung:
- Die Inneneinrichtung im alten Kuhstall wurde entfernt, neue Wände und Decken wurden eingezogen. Seit Jahren hat eine Firma, die Wasserschäden in Gebäuden aufspürt und saniert, die Räume gemietet (Büros, Lager).
- Im Schweinestall hat Hennenberg die Spalten entfernt, einen Betonboden eingezogen, neue Fenster eingebaut und alle Wände und Decken gründlich gesäubert, damit der üble Geruch verschwindet. Heute nutzt eine Polsterei den ehemaligen Schweinestall.
- Die Scheune, wo einst Heu und Stroh lagerten und Getreide vermahlen wurde, hat Hennenberg nach kleineren Umbauten an einen Bauunternehmer aus Walstedde vermietet. In der Halle lagert hauptsächlich Baumaterial.
- Alle Gebäude auf dem Hof Hennenberg, die Zufahrten und Außenanlagen wirken heute sehr gepflegt. 2004 hatten die Eheleute ihre letzten Kühe abgeschafft, die Milchquote verkauft und ihre hofnahen Weiden umbrochen. „Rückblickend war die Umstellung für uns ein Segen. Und wir hatten Glück. Der Strohhandel hätte auch schief gehen können“, betont die resolute Bäuerin.
Wie geht es weiter?
Klaudia und Ludger Hennenberg erledigen gemeinsam alle Büroarbeiten, sie schreiben und bezahlen die Rechnungen, überwachen die Konten und halten engen Kontakt zum Steuerberater, damit das Finanzamt nicht zu viel Steuern kassiert.
Christopher Hennenberg hat Informatik studiert, sein jüngerer Bruder Manuel ist mit 23 Jahren bereits Kfz-Meister. Beide wohnen derzeit außerhalb. Die Eltern würden es natürlich gern sehen, wenn ein Kind mit Familie eines Tages zurück auf den Hof zieht. Klaudia Hennenberg: „Das aber können und wollen wir nicht erzwingen. Unsere Nachfolger müssen den Wert des Hofes und das Leben auf dem Lande selbst zu schätzen wissen.“